Telegram gibt nur sehr eingeschränkt Nutzerdaten an deutsche Sicherheitsbehörden weiter: Von den 202 Bestandsdatenanfragen, die das Bundeskriminalamt an Telegram übermittelt habe, habe der Messengerdienst 64 beantwortet - und nur in 25 Fällen Nutzerdaten an das BKA übermittelt, berichtet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) unter Berufung auf das Bundesinnenministerium. Dabei handele es sich nach Angaben des Innenministeriums um "herausgehobene Einzelfälle", damit sind vermutlich Fälle von Kindesmissbrauch und islamistischem Terrorismus gemeint.
Telegram wirbt öffentlich damit, keine Nutzerdaten weiterzugeben
Bislang hatte Telegram öffentlich damit geworben, nicht "einen Byte" an Nutzerdaten an Regierungen oder Ermittlungsbehörden weiterzugeben. Telegram wird deshalb von Kriminellen, Terrorverdächtigen ebenso wie von Oppositionellen weltweit gleichermaßen genutzt - im Vertrauen darauf, dass ihre Daten dort sicher sind. Der Messengerdienst hat den Ruf, jegliche Inhalte ohne Moderation zuzulassen - auch Hetze, Gewaltaufrufe und Falschinformationen. Deutsche Behörden beobachten seit einiger Zeit Hasskommentare auf der Plattform, aber auch Gewaltfantasien und mutmaßliche Planungen von Terroranschlägen auf Politikerinnen und Politiker.
Telegram fragte Nutzende, ob es Daten weitergeben soll
Ende August hatte eine Umfrage auf Telegram für Aufsehen gesorgt: Der Messenger-Dienst fragte seine Nutzenden, wann und unter welchen Voraussetzungen er Nutzerdaten an deutsche Behörden weitergeben solle. Es wurden mehr als zwei Millionen Stimmen abgegeben, mehr als 39 Prozent stimmten für die Weitergabe von IP-Adressen und Telefonnummern von Terrorverdächtigen, sofern ein Gerichtsbeschluss vorliegt.
37 Prozent der Abstimmenden - also fast genau so viele - sprachen sich dafür aus, gar keine Daten an deutsche Behörden weiterzugeben, ob mit oder ohne Gerichtsbeschluss.
Telegram ist an deutsches Recht gebunden
Dass es so eine Umfrage überhaupt gibt, ist bemerkenswert, denn als Dienst, der auch in Deutschland angeboten wird, fällt Telegram unter deutsches Recht. Dazu zählt auch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), das Plattformen verpflichtet, gegen strafbare Inhalte vorzugehen und Nutzerdaten wie Nutzername und IP-Adresse an das Bundeskriminalamt (BKA) weiterzugeben.
Löschanfragen größtenteils umgesetzt
Besser kooperiert Telegram offenbar bei Löschanfragen: Bis Anfang September hat das BKA 392 Aufforderungen zum Löschen strafbarer Inhalte an Telegram geschickt, 370 davon wurden tatsächlich gelöscht, berichtet der NDR.
Sowohl die partielle Weitergabe von Nutzerdaten als auch die Löschung von Inhalten sind zumindest ein kleiner Fortschritt, denn mehr als ein Jahr lang hatte das Unternehmen mit Sitz in Dubai nicht auf die Kontaktversuche der Bundesregierung reagiert. Anfang 2022 hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Druck auf Telegram erhöht und mit einer Abschaltung des Dienstes gedroht.
Das zeigte offenbar Wirkung, denn im Februar kam es erstmals zu einem Videocall zwischen Vertretern des Bundesinnenministeriums und Telegram. Seitdem gibt es einen Gesprächskanal zwischen dem Unternehmen und der Bundesregierung.
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