Der Effekt des "Bold Glamour"-Filters bei TikTok
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Der Effekt des "Bold Glamour"-Filters bei TikTok

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Was KI mit uns macht: Filtern wir uns ewig jung und schön?

Schrecklich schön oder nur schrecklich? KI-gestützte TikTok-Filter wie "Bold Glamour" verzerren die Realität wie nie zuvor. Im #BR24Live wurde diskutiert: Wie viel Fake verträgt die Realität?

Christian Nitsche probiert es direkt selbst aus: Der Teenage-Filter von TikTok spendiert unserem BR-Chefredakteur eine Frischzellenkur ganz ohne Augenringe und mit sichtlich mehr Haaren auf dem Kopf. Richtig wohl fühlt er sich damit eher nicht. Wenngleich Studiogast Pepper, der KI-gesteuerte Roboter, ihm widerspricht: "KI-Filter können Menschen helfen, sich besser zu fühlen!"

Denn diese neuen Filter – ob "Teenage"-Filter oder "Bold Glamour" – sind im Vergleich zu den bisher bekannten Hasenohren-Späßen eine ganz neue Entwicklung. Auch die Zuschauer des #BR24-Live-Streams zeigen erschrockene Reaktionen, einer hält den Smartphone-Filter probeweise seiner Frau vors Gesicht – und die reagiert recht ungehalten.

Erster Community-Kommentar: "Mach das weg!"

Die Psychologin Dr. Fanny Dietel von der Uni Osnabrück erkennt in diesen neuartigen Face-Filtern durchaus eine Gefahr für das eigene Wohlergehen. Gerade Menschen, deren Körperbild (noch) nicht gefestigt ist, kann der exzessive Gebrauch dieser Filter ein Schönheitsideal vorhalten, das psychische Störungen begünstigen kann.

Dr. Dietel berichtet von Kollegen in der plastischen Chirurgie, die immer öfter mit gefilterten Fotos von Kunden konfrontiert werden und dem Wunsch nach einem entsprechenden "Selfie-Gesicht". Ob sich das womöglich irgendwann wieder legt und ein gewisser Gewöhnungseffekt einsetzt, dazu brauche es derzeit noch mehr Studien.

"Ich könnte schöner aussehen, tu's aber nicht?"

Die Psychologin findet Filter prinzipiell nicht immer schlecht. Wer aufgezeigt bekommt, wie man aussehen könnte und daraufhin Sport treibt, die Ernährung umstellt, mehr aufs Äußere achtet: Das könne auch positive Effekte haben. "Man kann schnell viel ausprobieren mit Filtern", beispielsweise neue Frisuren, ohne gleich zum Frisör zu gehen.

Prof. Matthias Nießner von der TU München gibt zu bedenken, dass Hollywood und die Beauty-Branche ja schon seit langem ein gewisses Schönheitsideal verbreiten: Nur dass uns in Hochglanzmagazinen oft klar ist, dass hier gephotoshoppt wurde. Gesichts-Filter machen dieses Prinzip jetzt viel mehr Menschen sehr viel einfacher und zugänglicher, auch ohne Kenntnisse in der Bildbearbeitung.

Community-Kommentar: "Wo bleibt da die Individualität?"

Noch sprechen wir über wenige solcher Filter: Der KI-Experte Prof. Nießner erwartet in Zukunft aber welche, die ganz individuelle Bearbeitungsschritte ermöglichen, für viele verschiedene Alters- und Gesichtsstrukturen. Wird man da noch unterscheiden können, wer echt ist und wer einen Filter verwendet?

Prof. Nießner weist darauf hin, dass technisch dafür schon viele Mittel existieren. Und auch wir Menschen werden lernen, sensibel damit umzugehen. Kinder und Jugendliche sieht er klar im Vorteil, wenn sie sich jetzt schon früh mit KI auseinandersetzen. Schüler müssten sich jetzt mit KI befassen um es zu verstehen. Wer das als Teenager noch nicht gemacht hat, werde jobtechnisch Nachteile haben.

Auf Bildung und Wirtschaft kommt es jetzt an

"Filter werden noch sehr negativ dargestellt, ich sehe es aber umgekehrt", sagt Prof. Nießner und appelliert: "KI wird das Fundament der Wirtschaft der Zukunft". Da müssten wir in Deutschland jetzt "Gas geben" in Sachen Bildung und Wirtschaftsförderung, um nicht abgehängt zu werden. Denn künstliche Intelligenz werde viele Jobs nicht ersetzen, sondern augmentieren, sagt Prof. Nießner – also ergänzen.

Als Beispiele nennt der Professor die Altenpflege mit KI-Robotern, die Erstellung von Videos und neue virtuelle Arbeitsumfelder, in denen wir uns mit lebensecht wirkenden Avataren begegnen werden . Schon heute gibt es Stellenanzeigen für Menschen, die KI-Anwendungen wie Chat-GPT und Midjourney professionell bedienen können – sogenannte Prompt Engineers.

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