Man könnte meinen, Film ist gleich Film - was kann man da schon einsparen beim Videoschauen. Doch tatsächlich kann das persönliche Verhalten die Datenübertragung und damit auch den Energieverbrauch wesentlich beeinflussen.
In drei Schritten haben die Forscherinnen und Forscher deshalb versucht, die Nutzungsgewohnheiten der Streamer zu verändern. In einem ersten Schritt haben sie die an der Studie Teilnehmenden über die Klimabilanz von Online-Videos informiert und ihnen Wege aufgezeigt, diese Bilanz zu verbessern – etwa durch den Umstieg vom Smart-TV auf den Laptop, durch die Auswahl einer geringeren Auflösung oder durch das Abschalten der Autoplay-Funktion. In einem zweiten Schritt haben sie für einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein CO2-Reduktionsziel von 20 Prozent festgelegt. Im dritten Schritt erhielt ein Teil der Testpersonen ein zusätzliches wöchentliches Feedback über ihre CO2-Bilanz beim Streamen und darüber, ob sie das vereinbarte Ziel erreicht hatten.
Schon das Wissen um die Auswirkungen hilft
Das Ergebnis fiel laut Uni Würzburg eindeutig aus: "Es zeigte sich, dass bereits die Informationsvermittlung am Ende der ersten Woche (also Schritt 1) zu einem Rückgang des CO2-Ausstosses in den folgenden Wochen um bis zu 30 Prozent führte", sagt Benedikt Seger, der verantwortlich für die Studie war. Im Unterschied dazu hatten die beiden folgenden Anstöße – das 20-Prozent-Reduktionsziel und das wöchentliche Feedback – keine zusätzliche Wirkung.
Verantwortlich für den Rückgang waren eine verringerte Streaming-Dauer und die Wahl geringerer Auflösungen. "Daraus schließen wir, dass Personen die Klimabilanz ihrer digitalen Aktivitäten verbessern können, wenn sie entsprechendes Problem- und Handlungswissen vermittelt bekommen und über ihre Aktivitäten eine Art Tagebuch führen", sagt Seger.
Die Studie ist Teil des Forschungsschwerpunkts "Klimakommunikation, Einstellungs- und Verhaltensänderung" am Institut für Psychologie der Uni Würzburg. Mit der Studie wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler "den Fokus des öffentlichen Klima-Diskurses stärker als bisher auf digitale Lebensbereiche lenken".
Plattformen sollen ihre Grundeinstellungen ändern
Seger sieht die Verantwortung allerdings nicht allein bei den Nutzerinnen und Nutzern. Vielmehr können seiner Meinung nach auch die Plattformen einen wesentlichen Beitrag zum Energiesparen leisten, indem sie beispielsweise klimafreundliche Standard-Einstellungen festlegen. Wer dann die jeweilige Website aufruft oder eine App öffnet, würde die Videos grundsätzlich in einer niedrigen Auflösung angezeigt bekommen. Für eine höhere Qualität muss der User selbst aktiv werden. Auch eine deaktivierte Autoplay-Funktion sollte Teil dieser Standard-Einstellungen sein. Dann würde nicht nach dem Ende des einen Films automatisch der nächste starten.
Mehr grüner Strom und weniger streamen
"Noch wirksamer wäre freilich die Umrüstung der Rechenzentren auf erneuerbare Energien", sagt Seger. Video-Streaming ist für einen hohen Ausstoß an Treibhausgasen verantwortlich. Es benötigt viel Rechnerkapazitäten und damit Energie, die in den seltensten Fällen aus erneuerbaren Quellen stammt. Laut einer Studie aus dem Jahr 2019 machten Video-Streaming-Aktivitäten über 60 Prozent des weltweiten Datenverkehrs aus und verursachten damit den Ausstoß von 306 Millionen Tonnen CO2, was vergleichbar mit den jährlichen Emissionen Spaniens war.
In den vergangenen Jahren hat das Video-Streaming deutlich zugenommen. Verbrachte jeder Deutsche im Jahr 2019 durchschnittlich noch 42 Minuten am Tag damit, Online-Videos auf Youtube, Netflix, Facebook oder anderen Plattformen anzusehen, waren es ein Jahr später bereits 55 Minuten – in der Gruppe der 14- bis 29-Jährigen sogar 130 Minuten.
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