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Auf govdata.de stellen Bund, Länder und Gemeinen offene Daten ein

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Open-Data-Strategie: Mehr offene Daten, aber kein Rechtsanspruch

Satellitenaufnahmen, Wetter, Mobilität: Die Bundesregierung will künftig mehr Daten frei nutzbar ins Netz stellen. Mit ihrer Open-Data-Strategie will sie zum Vorreiter in Europa werden. Doch davon ist sie nach Ansicht von Experten weit entfernt.

Ist ein Ort rollstuhlgerecht? Das lässt sich über wheelmap.org herausfinden. Schiffsbetreiber können anhand der Wasserstände auf Pegelonline ihre Transportrouten planen. Zwei Beispiele für Anwendungen, die auf "Open Data" basieren. Solche offenen Daten darf jeder zu jedem Zweck frei verwenden, weiterverwenden und weitergegeben.

Auch der Staat sitzt auf einem riesigen Datenschatz, seien es Bevölkerungsdaten, die Feinstaubbelastung oder Arbeitslosenzahlen.

💡 Open Government Data - Die Voraussetzungen

Wenn die Daten folgende Kriterien erfüllen, dürfen sie als Open Government Data auch an die Allgemeinheit herausgegeben werden:

  • Behörden haben die Daten selbst erhoben oder durch Dritte erheben lassen
  • die Daten sind frei über öffentliche Netze zugänglich
  • die Daten sind maschinenlesbar, das heißt, sie liegen zum Beispiel im csv- oder json-Format vor und lassen sich so in Tabellenkalkulationsprogramme importieren
  • nicht personenbezogen
  • frei verwendbar
  • enthalten keine sicherheitsrelevanten Informationen

Quelle: Open-Data-Strategie der Bundesregierung

Da die Daten, die staatliche Behörden erheben, weitgehend steuerfinanziert sind, sollte die Allgemeinheit auch so umfassend wie möglich davon profitieren, lautet eine oft geäußerte Forderung. Dem kommt die Bundesregierung nun ein Stück weit nach. Die am 7. Juli verabschiedete "Open-Data-Strategie" sieht vor, dass die Bundesverwaltung mehr Datensätze, in besserer Qualität und besser sichtbar zur Verfügung stellt. Deutschland soll dadurch zu einem internationalen Vorreiter bei der Bereitstellung und Nutzung von Open Data werden. Momentan ist das noch nicht der Fall, wie die Regierung selbst einräumt. Bei der jüngsten Open-Data-Reifegradstudie der EU landete Deutschland im oberen Mittelfeld.

Wer braucht Open Data überhaupt - und wozu?

Die Bundesregierung verspricht sich von Open Data einen Mehrwert in drei Bereichen. Zum einen bei einem datengetriebenen Wirtschaftswachstum. Anbieter von Mobilitäts-Apps etwa nutzen Echtzeitdaten von öffentlichen Transportmitteln. Ein anderes Beispiel ist die Plattform Viomedo, die Patienten die Teilnahme an einer zu ihrer Erkrankung passenden klinischen Studie ermöglicht. Die Plattform basiert auf der Aufbereitung von Open Data öffentlicher Studienregister.

Auch zivilgesellschaftliche und ökologische Initiativen können von offenen Daten profitieren. Das ehrenamtliche Projekt "Was steckt in meinem Trinkwasser?" nutzt zum Beispiel Daten aus verschiedenen Quellen - wie statistische Landesdaten, kommunale und Firmendaten -, um die Inhaltsstoffe und Qualität des Trinkwassers aufzuzeigen. So können Nutzer den Mineraliengehalt ihres Trinkwasser – beispielsweise Natrium, Kalium und Nitrat – überprüfen.

Und dann ist da noch der Staat selbst, der sich durch den Einsatz von Open Data Effizienzgewinne verspricht: Kürzere Suchen, leichtere Abstimmung und keine Mehrfacherhebungen mehr. Beispiel hier: Der Unfallatlas der statistischen Ämter des Bundes und der Länder zeigt deutschlandweit auf einer Karte Unfälle mit Personenschäden an. Diese Daten können bei der Verkehrsplanung berücksichtigt werden. Aber auch Bürger können ihr Verhalten im Straßenverkehr anpassen.

Um welche Daten soll es konkret gehen?

Seit 2017 müssen einige Bundesbehörden Open Data bereitstellen, bis Mitte 2023 wird diese Verpflichtung auf fast alle Bundesbehörden ausgeweitet. Sie müssen dann "unbearbeitete maschinenlesbare Daten", zum Abruf "über öffentlich zugängliche Netze bereitstellen", wie es im geänderten E-Government-Gesetz heißt. Die Forschungseinrichtungen des Bundes sollen ab 2024 Rohdaten aus abgeschlossenen Forschungsprojekten veröffentlichen. Einige Beispiele aus der Open-Data-Strategie:

  • Bis 2024 soll ein virtueller Lesesaal entstehen, ein Portal, mit dem man nach Akten, Filmen, Bildern und Tönen des Bundesarchivs suchen und diese nutzen kann.
  • Genesis-Online, die Datenbank des Statistischen Bundesamtes, soll künftig den kompletten Datenbestand bereitstellen.
  • das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) wird noch 2021 weitreichende Informationen über die Bevölkerungsentwicklung, die Entwicklung der Haushaltsstruktur, die Fertilität und die Mortalität in Deutschland ab 1871 bereitstellen.
  • Das Open-Data-Angebot des Deutschen Wetterdienstes, das bislang sehr umständlich zu nutzen ist, bekommt eine benutzerfreundlichere Oberfläche, damit Nutzer Wetterdaten leichter abfragen, filtern und visualisieren können. Auch ein Portal für Klimadaten soll angebunden werden.

Ein weiteres Ziel der neuen Open-Data-Strategie ist es, die Datenkompetenz innerhalb der Bundesverwaltung zu stärken und eine neue Kultur im Umgang mit Daten zu schaffen. Etwa durch den Ausbau der Seite opendata.bund.de zu einer Wissensplattform für Open Data, auf der auch konkrete Anwendungsbeispiele gezeigt werden.

Open-Data-Richtlinie der EU wird umgesetzt

Die Open-Data-Strategie ist der konkrete Umsetzungsplan zum neuen Datennutzungsgesetz (DNG), das der Bundestag Ende Juni verabschiedet hat. Mit dem DNG setzt Deutschland die Open-Data-Richtlinie der EU in nationales Recht um. Das DNG sieht unter anderem auch vor, dass Daten aus allen am nationalen Metadatenportal GovData beteiligten Bundesländern über GovData.de auffindbar sein müssen.

NGO kritisiert fehlenden Rechtsanspruch

Die Open Knowledge Foundation (OKF) Deutschland - ein Verein, der sich für die Verbreitung von freiem und offen zugänglichem Wissen in der Gesellschaft einsetzt - kritisiert sowohl das DNG als auch die darauf basierende Open-Data-Strategie.

"Der größte Kritikpunkt ist der fehlende Rechtsanspruch auf Open Data, auf diesen wurde im jüngst verabschiedeten 2. Open-Data-Gesetz [damit ist die Änderung des E-Government-Gesetzes gemeint] wieder verzichtet. Solange dieser nicht eingeführt wird, wird es bei einem großen Flickenteppich aus guten Einzelbeispielen bleiben", schreibt OKF-Deutschland-Geschäftsführerin Henriette Litta auf BR24-Anfrage.

Im Gegensatz zu anderen Ländern wie Frankreich oder Großbritannien können Deutsche die Herausgabe von Open Data also nicht gerichtlich einklagen.

NGO: Deutschland wird im Mittelfeld bleiben

Außerdem würden in der Strategie viele Open-Data-Vorhaben aufgelistet, die bereits laufen (z.B. Copernicus Data, das satellitengestützte Geoinformationen liefert oder die Lärmkartierung von Eisenbahnen). Zukünftige Maßnahmen blieben dagegen allgemein und unspezifisch.

"Beispielsweise soll die Gründung eines möglichen Open-Data-Instituts geprüft werden. Diese Debatte führen wir schon seit vielen Jahren und sind keinen Schritt weitergekommen". Henriette Litta, Geschäftsführerin der Open Knowledge Foundation Deutschland

Das ambitionierte Ziel, zum Vorreiter bei der Open-Data-Nutzung zu werden, lässt sich nach Einschätzung Littas nicht erreichen: "Im EU-Vergleich wird Deutschland weiterhin im Mittelfeld bleiben." Sowohl die gesetzlichen Grundlagen als auch die Open-Data-Strategie zeigten zu wenig Ambitionen, um einen wirklichen Paradigmenwechsel zu erreichen.

Und auch beim angesprochenen "Kulturwandel" hat Litta ihre Zweifel: Auf dem zentralen GovData Portal seien noch nicht einmal alle Bundesländer, zudem seien Kommunen weiterhin von der Datenbereitstellung ausgenommen.

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