Die erste große technologische Revolution des 21. Jahrhunderts ist da: Künstliche Intelligenz kann bereits komponieren, malen, Abitur schreiben und die Sonntagspredigt schreiben. Manches davon besser, manches eher nicht so gut.
Und prompt fürchten die ersten Komponisten, Maler und Priester um ihre Arbeitsplätze und Jobs – aber zurecht? Wie gut oder schlecht eine KI heute schon Ergebnisse erzielt, hängt neben anderen Faktoren (Programmierung, Datensatz) vor allem vom Menschen ab, der sie bedient.
Neues Berufsbild entsteht: Der Prompt Engineer
Prompt Engineering ist darauf spezialisiert, aus KI-gestützten Anwendungen das Maximum herauszukitzeln: Der englische Begriff "prompt" steht dabei für die Befehlszeile, in welcher der Nutzer mit der jeweiligen Software kommuniziert – vergleichbar dem Eingabefeld einer Suchmaschine wie Google oder Bing.
Nur dass vermeintlich klar formulierte Anweisungen wie "Hey ChatGPT, schreibe mir einen BR24-Artikel über das neue Berufsbild eines Prompt Engineers" oft noch nicht zu verwertbaren Ergebnissen führen. Zurecht erhob Sam Altman, CEO des ChatGPT-Entwicklers OpenAI, bei Twitter die Erstellung eines guten Prompts unlängst zu einer Kunst.
Was Prompt Engineers besser können als andere
Ein Prompt Engineer ist darauf spezialisiert, gute Befehle zu geben. Je besser ein Befehl im Eingabefeld konstruiert ist, desto überzeugender produziert die KI daraus ein Ergebnis: "Die heißeste neue Programmiersprache ist Englisch", twitterte Andrej Karpathy, ehemals KI-Chef bei Tesla, vor einigen Wochen erst dazu – und vergaß dabei, dass nicht nur ChatGPT inzwischen viele weitere Sprachen beherrscht.
Ein Prompt Engineer muss also die technischen Möglichkeiten, aber auch die Grenzen und die Schwächen einer KI genauestens kennen, um diese mit simpel geschriebenen Kommandos gegeneinander auszuspielen und zu einzigartigen Ergebnissen zu gelangen: Fotorealistische Bilder und Videoclips, echt wirkende Texte und Gedichte beispielsweise.
Neue Business-Modelle im Windschatten von KI
Gesucht werden Prompt Engineers – zu deutsch teils auch Prompt Redakteure genannt – per Stellenausschreibung schon in Redaktionen und Werbeagenturen, Krankenhäusern und Anwaltskanzleien.
Dazu gibt es längst Firmen wie "Prompt Yes!", die gegen Bezahlung ein Prompt-Coaching anbieten oder Online-Marktplätze wie "PromptBase", wo erfolgversprechende Befehlszeilen für Geld gehandelt werden. Natürlich sammelt auch die Open-Source-Szene fleißig Wissen über KI-Modelle und stellt diese auf Plattformen wie GitHub kostenlos zur Verfügung.
Schaffen sich Prompt Engineers bald selbst wieder ab?
Der rasante Fortschritt künstlicher Intelligenz könnte Prompt Engineers aber auch schnell wieder zum Verhängnis werden, sagt Professor Ethan Mollick von der Wharton Business School in Philadelphia. Bei Twitter veranschaulicht er, wie die Bedienung des Bildgenerators Midjourney in kurzer Zeit einfach statt komplex geworden sei.
Ähnlich erging es dereinst Suchmaschinenexperten, die mit "geheimen Techniken" die perfekten Suchergebnisse versprachen. Je mehr Menschen sich ganz natürlich mit Suchmaschinen wie Google im Alltag umgaben und "googlen" sozusagen zur erlernten Kulturtechnik wurde, desto überflüssiger wurden solche Jobs.
Sprechen Sie KI oder nur Hochdeutsch?
Riley Goodside ist Prompt Engineer für ein Start-up in San Francisco und sieht in seinem Job mehr als nur eine vorübergehende Erscheinung, wie er der Washington Post erzählt: Die größte Revolution besteht für ihn darin, dass hier ein neuer Dialekt entsteht – nicht ganz Computer Code, nicht komplett menschliche Sprache –, den der Mensch wie die Maschine spricht, versteht und über die Befehlszeile pflegt.
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