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Puzzle, bei dem ein Teil fehlt - die Wahrheit

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Fake News: Ist das Internet an allem schuld?

Das Netz ist Tummelplatz für Falschmeldungen und Gerüchte. In der zweiten Folge von Fakecast - der sechsteiligen Podcast-Serie von BR24 - fragen wir: Ist das Internet an allem schuld?

Über dieses Thema berichtet: BR24 Medien am .

Das Internet hat unseren Nachrichtenkonsum verändert: Wir können uns jederzeit an jedem Ort über alles informieren. Doch viele lesen nur noch Überschriften, ein Nährboden für verzerrte Berichterstattung.

Schulz-Zitat: Verkürzt und Verzerrt

Beispiel: Ein Zitat von Martin Schulz während des Bundestagswahlkampfes.

"Das, was die Menschen zu uns bringen, das ist wertvoller als Gold, das ist der Glaube an Europa." SPD-Chef Martin Schulz über Flüchtlinge

Im Internet war das Zitat verkürzt worden - die Präzisierung auf Europa fehlte. Martin Schulz stellte das im TV-Duell vor der Wahl richtig.

Ein Grundproblem: Menschen, die etwa in einer Facebook-Gruppe oder auf einem Meinungs-Blog eine Falschmeldung lesen, bekommen Gegendarstellungen nie zu Gesicht, denn die werden in der Regel nicht da verbreitet, wo auch die Falschmeldung steht.

Algorithmen begünstigen Filterblasen

Auch der Algorithmus von sozialen Medien spielt eine Rolle. Der zeigt Nutzern bevorzugt Dinge, die zum jeweiligen Weltbild passen.

Leon Derczynski ist Informatiker an der Universität Sheffield - zwischen 2014 und 2017 arbeitete er am Projekt PHEME mit. Ziel der Wissenschaftler: Gerüchte online, automatisch, in Echtzeit auf ihren Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Computing Veracity – Wahrhaftigkeit berechnen lautete der Untertitel des Projekts.

"Wir haben zwei Vorgehensweisen: Bei der ersten schauen wir auf die Fakten, die wir schon kennen. Also zum Beispiel Wikipedia, oder andere Quellen. Sachen, die wir verifizieren können, wo wir nachschlagen können, um herauszufinden: Stimmt die Behauptung oder nicht.“ Leon Derczynski, Universität Sheffield

Das klappt aber im Fall von Ereignissen nicht, die gerade passieren. Hier gibt es noch keine zuverlässigen Nachrichten. Was dann?

"In diesem Fall schauen wir auf die anderen Nutzer. An ihren Reaktionen auf eine Behauptung in den sozialen Netzwerken können wir sehr genau sehen, ob sie wahr ist oder falsch.“ Leon Derczynski, Wissenschaftler

Mit Text- und Grammatikerkennung arbeitet das System alle Tweets und Posts durch, die mit dem Ereignis zusammenhängen, schaut sich Verbreitungswege an und das Verhalten der Nutzer. Wer verbreitet die Nachricht? Wo ist die Person physikalisch - nah am Geschehen oder weit weg? Ist der Nutzer anonym oder bekannt? All das fließt in eine Bewertung ein: Wahr oder Falsch. Das System braucht dafür weniger als eine Minute.

Mitte 2017 wurde das Pheme beendet. Ein Ergebnis von vielen war ein Fact Checking Tool für Journalisten - es funktioniert zwar, war aber noch nicht zuverlässig genug, als das Projekt auslief. Schade.

Fazit: Internet als Katalysator für Falschmeldungen

Das Internet ist nicht schuld an Fake News, aber es macht sie stärker und schneller. Und die intransparenten Algorithmen der sozialen Netzwerke und Suchmaschinen interessieren sich nicht für die Wahrhaftigkeit einer Aussage. Sie zeigen dem Nutzer vor allem, was er sehen will, ganz egal, ob es wahr oder falsch ist.