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Hass im Netz

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Facebook-Gruppe #ichbinhier kämpft für den "guten Ton" im Netz

Facebook-Gruppe #ichbinhier kämpft für den "guten Ton" im Netz

Sachliche Diskussionen sind bei Facebook selten, obwohl das soziale Netzwerk eine wichtige Rolle bei der politischen Meinungsbildung spielt. Die Gruppe #ichbinhier stemmt sich dagegen, für den "guten Ton" im Netz. Von Florian Regensburger

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Wenn mal wieder unter einem Artikel bei Facebook alle Grenzen des guten Geschmacks überschritten werden, dann tut sich was bei #ichbinhier: Mitglieder der Initiative verabreden sich über ihre Facebook-Gruppe, einzuschreiten und die Diskussion nicht ausarten zu lassen - "ohne Hass, ohne Hetze, ohne Fake News", heißt es in einer Erklärung der Gruppe. Die hat mittlerweile über 37.000 Mitglieder, Tendenz steigend.

Dort, "wo man besonders viel Hassrede findet"

"Ganz oft geht es dabei um Flüchtlinge", sagt Stephanie Schmitz von #ichbinhier. Meistens passiert es auf den Facebookseiten der großen Nachrichtenportale des Landes, dass zügellos geschimpft und gehetzt wird; und wo Menschen schon mal unverblümt der Tod gewünscht wird. "Das ist bei Spiegel Online oder Bild.de, aber auch bei der Tagesschau oder dem heute-Journal, wo man besonders viel Hassrede findet", sagt Stephanie Schmitz.

Als etwa im vergangenen Spätsommer die Bundespolizei bei Rosenheim Flüchtlinge aufgriff, die sich unten an Güterzüge gehängt hatten, um über die Grenze nach Deutschland zu gelangen, habe das Kommentare provoziert wie "ein bisschen Schmierseife und das Problem ist gelöst". Flüchtlingen auf Schlauchbooten im Mittelmeer werde das Ertrinken gewünscht.

Kommentare mit vielen Likes rutschen nach oben

Das Bewertungssystem bei Facebook sorgt dafür, dass derartige Hass-Kommentare überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit bekommen, durch eine Art Selbstverstärkungs-Effekt: So hat eine Auswertung von Facebook-Diskussionen ergeben, dass im vergangenen Januar nur fünf Prozent der Accounts für 50 Prozent der Likes bei Hass-Kommentaren verantwortlich waren. Diese vielen Likes führen wiederum dazu, dass der Facebook-Algorithmus die jeweiligen Äußerungen in der Kommentarleiste unter dem Beitrag weiter nach oben spült - weiter, als zum Beispiel eine unaufgeregte, nüchterne Zustandsbetrachtung.

"Da gehen wir rein und machen Gegenkommentare"

Doch diesen Effekt macht sich auch #ichbinhier zunutze: "Da gehen wir dann rein und machen Gegenkommentare - sachlich und empathisch. Und wir liken unsere Kommentare gegenseitig, damit sie in der Kommentarleiste weiter nach oben rutschen", sagt Stephanie Schmitz. Den Aktivisten ist wichtig zu betonen, dass sie keine politischen Meinungen ausschließen oder bekämpfen wollen. Wer mitmachen möchte, müsse sich lediglich "zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik sowie zur UN-Deklaration der Menschenrechte" bekennen, erklären sie auf ihrer Facebook-Seite. Und zu diesen Überzeugungen passen Todeswünsche gegen bestimmte Gruppen von Menschen eben nicht.

"Man kämpft da gegen Windmühlen"

Für ihr ehrenamtliches Engagement wurde die #ichbinhier-Initiative 2017 mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet, dem renommiertesten Journalistenpreis im Online-Bereich. Beendet ist ihre Arbeit aber wohl noch lange nicht, sie geht vielmehr bei jedem neuen kontroversen Thema von vorne los. Ein Rückgang des seit Jahren schwelenden Problems der Hasskommentare in sozialen Medien ist derzeit nicht zu erkennen, weiß auch Stephanie Schmitz: "Man kämpft da gegen Windmühlen."