Symbolbild Digitalisierung
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Europäischer Ausschuss der Regionen

Breitbandausbau, Datenschutz, E-Government, Cybersicherheit und IT-Ausstattung: Die Digitalisierung hat viele Gesichter. (Symbolbild)

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Digitalisierung im Wahlkampf: Das wollen die Parteien

Deutschland muss digitaler werden - darüber sind sich fast alle Parteien einig. Doch wo setzen Union, SPD, AfD, FDP, Linke und Grüne bei der Digitalisierung ihre Schwerpunkte? Die sechs Bundestagswahl-Programme im Digital-Check.

Breitbandausbau, Datenschutz, E-Government, Cybersicherheit und IT-Ausstattung der Schulen zählen zu den zentralen Themen, wenn es um die Digitalisierung Deutschlands geht. All diese Themen finden sich auch in den aktuellen Bundestagswahlprogrammen wieder.

Breitbandausbau und IT-Ausstattung sind durch die Corona-Pandemie noch dringlicher geworden. Und erpresserische Ransomware-Angriffe auf Unternehmen haben gezeigt, wie wichtig Cybersicherheit ist.

Wir haben die Wahlprogramme der im Bundestag vertretenen Parteien daraufhin untersucht, wie sie diese Bereiche gestalten wollen, welche Forderungen sie haben und welche Schwerpunkte sie in Sachen Digitalisierung setzen.

CDU/CSU

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 32 Mal auf 140 Seiten - also im Schnitt etwa alle fünf Seiten.

Stellenwert im Wahlprogramm: CDU und CSU haben ein gemeinsames Wahlprogramm vorgelegt, das aus zehn Kapiteln besteht. Der Digitalisierung ist zwar keines davon gewidmet, allerdings findet sich das Stichwort Digitalisierung durchgängig an verschiedenen Stellen im Programm, etwa bei Gesundheit, Klimaschutz, Landwirtschaft, Raumfahrt oder Mobilität; man könnte also sagen, dass die Union Digitalisierung als Querschnittsaufgabe sieht. Das zeigt sich auch an folgendem Satz: "Digitalisierung darf nicht als Ziel, sondern muss als Instrument verstanden werden, den Wohlstand in Deutschland und Europa zu bewahren und zu steigern."

Ideen und Forderungen: Generell sollen Verwaltungsleistungen digitalisiert werden, und zwar möglichst bürgerorientiert: "Digital ist dabei das neue Normal", heißt es im Programm.

Wichtig ist der Union auch der Ausbau der digitalen Infrastruktur im Land: So sollen bis spätestens 2024 alle weißen Internet-Flecken (Orte mit weniger als 30 Mbit/s im Downstream) beseitigt werden. Bis 2025 soll dann das 5G-Mobilfunknetz flächendeckend in ganz Deutschland ausgebaut sein.

App für Verbraucherrechte

Digitale Instrumente sollen nach dem Willen der Union auch eingesetzt werden, um Verbraucherrechte zu stärken, etwa Entschädigungen für Verspätungen, bei Vertragskündigungen oder Rückerstattungen. Nach dem Vorbild der Fluggastrechte-App sollen bundesweit einsetzbare Apps entwickelt werden.

Zum Markenkern von CDU und CSU gehört der große Wert, den die Parteien auf die Innere Sicherheit legen. Da passt es gut ins Bild, dass auch die Bekämpfung von Cyberkriminalität im Programm prominent vorkommt.

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik soll zu einer Zentralstelle für Fragen der Informations- und Cybersicherheit ausgebaut werden. Bei IT-Vorhaben des Bundes für Informationssicherheit soll künftig ein bestimmten Anteil der Sachmittel für Informationssicherheit aufgewendet werden, "Cyber-Quote" nennt die Union das. Schließlich will die Union die Cyber-Sicherheitsforschung in Deutschland vorantreiben, Deutschland soll sogar "Weltmarktführer für sichere IT-Lösungen" werden, konkret für Verschlüsselungstechnik und Security-By-Design-Lösungen.

Bemerkenswert: Die Union sieht Digitalpolitik ganz häufig im europäischen Kontext. Sie will Europa digital an die Spitze führen. Dazu gehören für CDU und CSU eine "Digital- und Datenunion" mit "hochklassiger digitaler Infrastruktur, europäischen Speicher- und Rechenkapazitäten und einem einheitlichen Datenschutzrecht".

Die Union wünscht sich, dass Politik, Forschung, Wissenschaft und Wirtschaft auf europäischer Ebene an der Entwicklung und Finanzierung neuer digitaler Produkte zusammenarbeiten, etwa bei Künstlicher Intelligenz oder Quantencomputern. Sie bekennt sich explizit zu den beiden geplanten EU-Verordnungen Digital Services Act (DSA) und Digital Markets Act (DMA). Im DSA geht es darum, wie Inhalte auf den Plattformen in Zukunft moderiert werden sollen. Im DMA wiederum soll all das geregelt werden, was in Zukunft die Marktmacht der großen Internetkonzerne eindämmen soll.

Mehr Hard- und Software made in Europe

Um eine digitale Souveränität - damit ist Freiheit und Selbstbestimmtheit gemeint - sicherstellen zu können, wünscht sich die Union mehr europäische Hard- und Softwarehersteller, die weltweit wettbewerbsfähig sind.

Digitalministerium ja oder nein? Ja. Die Union will ein eigenes Bundesministerium für digitale Innovationen und Transformation schaffen, in dem "die Modernisierung des Staates zentral koordiniert wird". Dieses Ministerium soll konkrete digitalpolitische Projekte wie die Corona-App oder den elektronischen Personalausweis umsetzen.

Games-Faktor: Die Union sieht in der Kultur- und Kreativwirtschaft einen wichtigen Wirtschaftsfaktor und will die "Film-, Musik-, Literatur-, Verlags- und Games-Förderung" fortführen.

SPD

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 17 Mal auf 66 Seiten - also im Schnitt etwa auf jeder vierten Seite.

Stellenwert im Wahlprogramm: Die SPD hat ihre Vorschläge zur Digitalisierung in einem eigenen, dreieinhalb Seiten umfassenden Kapitel gebündelt.

Ideen und Forderungen: Bis 2030 soll Deutschland über eine "digitale Infrastruktur auf Weltniveau" verfügen. Noch in diesem Jahrzehnt soll Deutschland zur "Gigabit-Gesellschaft" werden. Die SPD garantiert die Versorgung aller Haushalte und Unternehmen mit einer Bandbreite von einem Gigabit pro Sekunde "durch konkrete, gesetzlich festgelegte Ausbau- und Versorgungsverpflichtungen".

Alle BürgerInnen sollen möglichst schnell einen einfachen, digitalen Zugang zu den staatlichen Dienstleistungen bekommen. Wer Anspruch auf eine Leistung hat, soll diese - wenn möglich - automatisch, also ohne Antrag erhalten - ansonsten soll ein Klick dafür reichen. BürgerInnen sollen selbst kontrollieren können, welche Behörde wann auf ihre Daten zugreift, indem sie Berechtigungen selbst vergeben und auch wieder löschen können.

Digitales Endgerät für jeden Schüler

Sehr wichtig scheint den Sozialdemokraten die Digitalisierung der Schulen zu sein. Die Schulen sollen erstklassig ausgestattet werden, jeder Schüler ein digitales Endgerät mit Online-Zugang zur Verfügung haben. Lehr- und Lernmaterialien sollen auf einer Open-Source-Plattform abrufbar sein. Damit das digitale Lehren und Lernen besser klappt, sollen auch Lehrkräfte entsprechend aus- und weitergebildet werden.

Datenschutz spielt bei der SPD eine größere Rolle als im Programm der Koalitionspartner CDU/CSU. Sie betonen das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" und wollen ein "dauerhaftes, regelmäßiges und unabhängiges Monitoring der Gesetze im Sicherheitsbereich" schaffen. Auf der anderen Seite sollen Daten für gemeinwohlorientierte digitale Dienstleistungen und Innovationen nutzbar gemacht werden. "Wir werden ein Datengesetz schaffen, das das Gemeinwohl in den Mittelpunkt rückt", verspricht die SPD. Der Staat soll mit gutem Beispiel vorangehen und einen breiten Datenzugang im Sinne von Open-Data ermöglichen. Das klingt fast ein bisschen wie das Credo des Chaos Computer Clubs: "öffentliche Daten nützen, private Daten schützen".

Außerdem fordert die SPD, dass es möglich sein muss, "zwischen verschiedenen Messenger-Diensten, sozialen Netzwerken und digitalen Diensten und Plattformen zu kommunizieren oder zu wechseln". Diese sogenannte "Interoperabilität" soll nach dem Willen der Sozialdemokraten gesetzlich festgeschrieben werden.

Bemerkenswert: Die Sozialdemokraten fordern einen Sozialtarif für den Netzzugang - und zwar für Bürger mit geringem Einkommen, für Schüler und Studierende.

Algorithmen, die Produkte vorschlagen oder Entscheidungen treffen, müssen nach Ansicht der SPD "transparent und diskriminierungsfrei angelegt werden. Die Zielsetzung einer algorithmischen Entscheidung muss klar und überprüfbar definiert sein." Dafür sei eine stringente Regulierung und Aufsicht nötig.

Digitalministerium ja oder nein? Dazu findet sich im SPD-Wahlprogramm keine Aussage.

Games-Faktor: Für die SPD sind Games "Kulturgut, Innovationsmotor und Wirtschaftsfaktor." Sogar in der digitalen Bildung hätten Games ein noch ungenutztes Potenzial. Deswegen will die SPD die Förderung von Computerspielen "dauerhaft verankern". Die Entwicklung von eSports in Deutschland wollen die Sozialdemokraten ebenfalls unterstützen, beispielsweise dadurch, dass er gemeinnützig wird.

AfD

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 17 Mal auf 210 Seiten, also im Schnitt etwa alle zwölf Seiten.

Stellenwert im Wahlprogramm: Das Kapitel "Klima, Energie, Technik und Digitalisierung" ist eines von 21 Kapiteln im Bundestagswahlprogramm der AfD. Fünfeinhalb Seiten sind speziell der Digitalisierung gewidmet.

Ideen und Forderungen: Die AfD sieht in der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft eine "Chance für die Verbesserung des Lebens aller Bürger". Eine zentrale Rolle kommt für die AfD dabei dem flächendeckenden Ausbau des Glasfaser- und Mobilfunknetzes zu. Die Partei bemängelt "Weiße Flecken" in den ländlichen Gebieten und "Parallelstrukturen" in den Ballungsräumen, weswegen eine bessere und flächendeckende Koordination beim Ausbau zwingend erforderlich sei.

Außerdem sollten beim Glasfaser- und Mobilfunknetz-Ausbau stärker regionale Strukturen gefördert werden; die AfD spricht hier von einem "nationalen Roaming". Der 5G-Netzausbau müsse "im Hinblick auf gesundheitliche Risiken" durch wissenschaftliche Untersuchungen begleitet und die Bürger über deren Ergebnisse umfassend informiert werden.

Erste vier Schuljahre sollen weitgehend digitalfrei sein

Schulen würden zwar eine moderne, zeitgemäße IT-Ausstattung benötigen, Digitalisierung sei aber kein Selbstzweck. Die AfD fordert, dass in Lehrplänen definiert wird, wie sich digitale Medien im Lehr-Lern-Prozess didaktisch-methodisch, altersgerecht sinnvoll und datenschutzkonform einsetzen lassen. Die ersten vier Schuljahre sollten vorwiegend digitalfreie Räume sein.

Das E-Government soll weiter ausgebaut werden, zugleich sollen Bürger wählen können, ob sie einen Behördengang digital oder persönlich abwickeln wollen. Ein zentrales, bereichsübergreifendes Personenkennzeichen, wie es derzeit im Onlinezugangsgesetz geplant ist, lehnt die AfD ab, da es die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen zulasse und somit verfassungswidrig sei.

Um die Sicherheit digitaler Verwaltungssysteme zu verbessern, fordert die AfD die europäischen IT-Kompetenzen zu bündeln und europäische Hard- und Systemsoftware zu entwickeln. Damit würde man unabhängiger von Lösungen nicht-europäischer Anbieter.

In der Künstlichen Intelligenz sieht die AfD eine "Technik der Zukunft mit einem hohen wirtschaftlichen Potenzial". Da die internationale Konkurrenz groß sei, sollten deutsche KI-Kompetenzen besser gebündelt und nationale Kooperationen stärker gefördert werden.

Für Tech-Riesen wie Google, Amazon, Facebook, Apple oder Microsoft fordert die AfD eine nationale Digitalsteuer, die nicht auf den Gewinn, sondern auf den Umsatz der Unternehmen erhoben wird.

AfD will NetzDG und DSGVO abschaffen

Bemerkenswert: Die AfD wendet sich an mehreren Stellen gegen verschiedene Formen von Überwachung und betont den Wert der Meinungsfreiheit - auch im Internet, das möglichst frei, offen und unreguliert sein soll. Deswegen fordert die AfD die Abschaffung des deutschen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes und der EU-Datenschutz-Grundverordnung, die durch ein "neues, schlankes Datenschutzgesetz zur Wahrung informationeller Selbstbestimmung" ersetzt werden soll. Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung in der elektronischen Kommunikation soll gesetzlich als Standard verankert werden.

Die Einführung von Upload-Filtern will die Partei verhindern, weil diese die "Meinungsfreiheit beschneiden und zu Zensur führen". Entscheidungen, ob Inhalte auf Plattformen rechtmäßig sind, sollten laut AfD nicht beim Plattformbetreiber - also Facebook, YouTube und Co liegen, sondern ausschließlich bei der Justiz. Deswegen schlägt die AfD eine zentrale Meldestelle vor, an die sich von Rechtsverletzungen betroffene Bürger und Einrichtungen wenden können.

Digitalministerium ja oder nein? Dazu findet sich im AfD-Wahlprogramm keine Aussage.

Games-Faktor: Keiner. Das Thema Computerspiele kommt im AfD-Programm nicht vor.

FDP

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 27 Mal auf 91 Seiten, also im Schnitt etwa auf jeder dritten Seite.

Stellenwert im Wahlprogramm: Das Thema Digitalisierung zieht sich wie ein roter Faden durch das FDP-Wahlprogramm. Es gibt kaum ein Thema, in dem die Digitalisierung nicht erwähnt wird. Manchmal ausführlicher wie im Gesundheitswesen (automatisierte Medikamentenausgabe, robotische Lagerungshilfen), manchmal nur als Schlagwort wie in Umweltpolitik, Tourismus oder im Bahnverkehr. Darüber hinaus ist der Digitalisierung ein eigenes, zweieinhalb Seiten umfassendes Kapitel gewidmet. Dort heißt es: "Die digitale Transformation ist eine der größten Chancen und Herausforderungen unserer Zeit."

Gigabit-Gutscheine für Privathaushalte sollen Breitbandnachfrage ankurbeln

Ideen und Forderungen: Auch die FDP fordert einen flächendeckenden Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes, der bis 2025 abgeschlossen sein soll. Unternehmen, die dem Einfluss autoritärer Regime unterliegen, sollen nicht am Ausbau des 5G-Netzes beteiligt werden. Damit dürfte der chinesische Konzern Huawei gemeint sein.

Auch die Liberalen fordern ein Glasfasernetz. Damit sich der Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die Netzanbieter lohnt, will die FDP die Nachfrage durch Gigabit-Gutscheine für Privathaushalte und für kleine und mittlere Unternehmen steigern.

Beim E-Government fordert die FDP echte "virtuelle Verwaltungen". Alle Behördengänge sollen virtuell und barrierefrei möglich und alle Dienstleistungen mit digitalen Verfahren erhältlich sein. Dazu schlagen die Liberalen ein sogenanntes "Deutschlandportal" vor, das den Bürgerinnen und Bürgern Einblick über alle personenbezogenen Daten gewährt, die der Staat gespeichert hat. Damit ließe sich auch das "Once-Only-Prinzip" realisieren: Bürgerinnen und Bürger sollen ihre persönlichen Daten der öffentlichen Verwaltung nur noch einmal und nicht jeder Behörde einzeln mitteilen.

Recht ausführlich befassen sich die Freien Demokraten mit dem Thema Cybersicherheit, in der sie die "Achillesferse des Informationszeitalters" sehen. Sie fordern eine agile Cybersicherheits-Strategie: die Vorgabe "Security by Design", Update-Verpflichtung für Software-Hersteller sowie ein Recht auf Verschlüsselung.

Konkret sind die Vorstellungen der FDP auch beim Thema Künstliche Intelligenz: Jedes Ministerium soll bis 2025 zehn konkrete KI-Anwendungsfälle in seiner fachlichen Zuständigkeit identifizieren und umsetzen. Auch in der Verwaltung soll künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen und außerdem auch Virtual Reality beziehungsweise Augmented Reality. Die FDP verspricht sich davon, dass Deutschland vom Nachzügler beim E-Government zum Vorreiter beim "Virtual Government" wird.

Bemerkenswert: Die FDP will die Digitalisierung auch in der Außenpolitik Einzug halten lassen. Deutschland soll "diplomatisch aktiv dazu beitragen, die Beziehungen und Netzwerke zwischen Technologieunternehmen und Start-ups sowie Gründern und Entwicklern in der Bundesrepublik und in Zentren wie dem Silicon Valley, Taiwan, Tel Aviv, Singapur, Shenzhen und Daejeon auszubauen."

Digitalministerium ja oder nein? Ja. Die Freien Demokraten fordern ein Ministerium für digitale Transformation. Dort sollen Kompetenzen gebündelt werden, um so Synergieeffekte zu nutzen und eine schlankere und effizientere Regierung zu erreichen.

Games-Faktor: Die FDP will E-Sports als Sport und E-Sport-Vereine als gemeinnützig anerkennen. Die Games-Branche, von der laut FDP eine Innovationswirkung ausgeht, soll mit dem organisierten Sport vernetzt werden.

Die Linke

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: Im Entwurf des Wahlprogramms kommt "Digitalisierung" auf 148 Seiten 18 Mal vor, wenn man Überschriften und Verweise auf das Digitalisierungs-Kapitel abzieht. Also auf jeder achten Seite.

Stellenwert im Wahlprogramm: Das vom Linken-Parteitag verabschiedete Wahlprogramm steht als Fließtext auf der Website der Linken, nicht aber als pdf. Die Digitalisierung ist eines von 26 Kapiteln. Im pdf des Vorab-Entwurfs nahm sie neun von 148 Seiten ein.

Ideen und Forderungen: Die Linke sieht die Digitalisierung etwas skeptischer als die anderen Parteien. Zwar könne sie "Chancen eröffnen für ein selbstbestimmtes Arbeiten und Leben" und für "neue Formen der Demokratie, die Alltag, Arbeit und Wirtschaft einschließen". Die Linke will die "Digitalisierung den Profitinteressen der Konzerne entziehen".

So sollen Digitalkonzerne in den Ländern Steuern zahlen, in denen sie wirtschaftlich aktiv sind. Durch ein Plattformstrukturgesetz will die Linke "Selbstbegünstigung der IT-Unternehmen verbieten", Datenschutz sicherstellen sowie die Interoperabilität und Portabilität der Nutzerdaten garantieren. Als Alternativen zu Facebook und Co können sich die Linken Plattformgenossenschaften und öffentlich-rechtlich betriebene Plattformen vorstellen.

Breitband- und Mobilfunknetz in öffentliche Hand

Der Glasfaserausbau soll mit zehn Milliarden Euro jährlich gefördert werden. Alle Wohnungen sollen einen Glasfaseranschluss erhalten. Breitband- und Mobilfunknetze sähen die Linken gerne in öffentlicher Hand. Es soll nur ein Mobilfunknetz geben, denn die Konkurrenz der Anbieter führe "zu unnötigen Mehrfachstrukturen und an vielen Stellen zu gar keinem Netz". Internet zählt für die Linken zur Grundversorgung, die Kosten dafür müssten in der Mindestsicherung berücksichtigt werden.

Die Netzneutralität ist für die Linken so wichtig, dass sie im Grundgesetz verankert werden soll.

Eine große Rolle spielen im Wahlprogramm auch Datensicherheit und Datenschutz. Die Entwicklung von Open-Source-Betriebssystemen und Anwendungen soll staatlich gefördert, die Prinzipien "Security by Design" und "by Default" sollen per EU-Verordnung festgeschrieben werden. Die EU-Datenschutz-Grundverordnung soll gefestigt und erweitert werden.

Digitale Lernmittelfreiheit

In der Verwaltung sollen freie Software und offene Datenformate eingesetzt, das Informationsfreiheitsgesetz zu einem Transparenzgesetz ausgebaut werden. Außerdem streben die Linken digitale Beteiligungsformate für demokratische Entscheidungen an.

An den Schulen fordert die Linke eine digitale Lernmittelfreiheit auch für digitale Geräte sowie eine ausreichende Netzwerkinfrastruktur. Lernsoftware müsse immer in ein pädagogisches Konzept eingebettet sein und dürfe keine personenbezogenen Daten der Schüler - wie etwa Lernfortschritte - außerhalb der Schule speichern. Aus den von eingesetzter Lernsoftware gespeicherten Daten dürften "keine Prognosen zum Lernerfolg oder der weiteren schulischen Entwicklung erstellt werden".

Bemerkenswert: Die Linke betrachtet die Digitalisierung auch aus ökologischer Perspektive. Die öffentliche Hand soll bei der Beschaffung digitaler Anwendungen "strenge sozialökologische Vorgaben" in Bezug auf Arbeits- und Umweltschutz in den Herstellerländern, Langlebigkeit und Reparierbarkeit beachten. Für digitale Endgeräte fordert die Linke gesetzliche Vorgaben zu Mindestlebensdauer, Energieeffizienz, Reparierbarkeit durch Nutzer und Werkstätten sowie verpflichtende Software-Updates.

Die Abwärme von Rechenzentren soll verpflichtend zur Gebäudeheizung (Nah- und Fernwärmeversorgung) eingesetzt werden. Außerdem strebt die Linke ein Verbot der energie- und ressourcenverschwendenden Erzeugung von Krypto-Währungen wie Bitcoin an.

Digitalministerium ja oder nein? Dazu findet sich im Wahlprogramm der Linken keine Aussage.

Games-Faktor: Die Linken beschäftigen sich zwar sehr ausführlich mit der Digitalisierung, das Thema Games kommt in ihrem Wahlprogramm aber nicht vor.

Die Grünen

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 40 Mal auf 135 Seiten, also im Schnitt auf jeder dritten Seite.

Stellenwert im Wahlprogramm: Das (vorläufige) Grünen-Wahlprogramm hat "nur" sechs Kapitel, von denen sich keines explizit mit der Digitalisierung befasst. Dennoch zieht sich die Digitalisierung durch das gesamte Programm und taucht auch bei Themen wie Bahnnetz, Klimaschutz, Arbeitsrecht, Gesundheitsämtern oder internationaler Zusammenarbeit auf.

Ideen und Forderungen: Die Grünen sehen in der "Digitalisierung einen großen Umbruch, der unsere Wirtschaft und die Gesellschaft maßgeblich prägt". Sie wollen die Digitalisierung gestalten und dafür sorgen, dass notwendige Innovationen in Europa entwickelt und marktfähig werden.

Die Grünen konstatieren eine "übermäßige Marktmacht einzelner Internet- und Techgiganten". Sie plädieren dafür, dass das Bundeskartellamt "relevante Erwerbsvorgänge von Tech-Konzernen" prüfen soll, um den strategischen Aufkauf von aufkeimender Konkurrenz zu verhindern. Die Grünen wollen die Tech-Konzerne zur Interoperabilität ihrer Software und digitalen Dienste sowie zu Datenportabilität und offenen Schnittstellen verpflichten.

Eigene App mit persönlichen Gesundheitsinformationen

Im Gesundheitssektor schlagen die Grünen eine App vor, in der alle Patienten sicher auf den digitalen Impfpass, Gesundheitsinformationen wie die eigene Blutgruppe, die Krankheitsgeschichte oder die neuesten Blutwerte zugreifen können. Die elektronische Patientenakte soll so weiterentwickelt werden, dass Sie für alle Patienten einfach zugänglich und verständlich ist.

An den Schulen sollen Tablet oder Laptop selbstverständliche Lernmittel werden. Gemeinsam mit den Ländern wollen die Grünen die digitale Ausbildung der Lehrer verbessern. Um die technische Infrastruktur an Schulen aufzubauen und zu pflegen, plädiert die Partei für hauptberufliche Administratoren.

In guter IT-Sicherheit sehen die Grünen einen Standortfaktor. Sie wollen - nicht näher definierte - "Anreize für guten Datenschutz und beste IT-Sicherheit" setzen, sowie "innovative, technische Ansätze" zum effektiven Schutz der Privatsphäre ausbauen.

Rechtsanspruch auf schnelles Internet

Beim Breitbandausbau streben die Grünen schnelles, kostengünstiges und zuverlässiges Glasfaserinternet (FTTB) in jedem Haus an. Sie wollen einen Rechtsanspruch auf schnelle Internet-Grundversorgung einführen, etwa mit Mindestbandbreiten, die sich an den Nutzungsgewohnheiten der Menschen orientieren.

Beim Mobilfunkausbau soll eine flächendeckende Versorgung sichergestellt werden, unabhängig davon, in welchem Netz man surft. In Gegenden, in denen die Anbieter keine Kooperationsvereinbarungen treffen, um Funklöcher zu schließen, müsse notfalls lokales Roaming angeordnet werden.

Bemerkenswert: In Sachen E-Government verfolgen die Grünen "die Vision eines digitalen, antragslosen und proaktiven Sozialstaats", in dem die Leistungen des Staates ohne komplizierte Anträge geprüft und automatisch den Berechtigten bereitgestellt werden. Die Grünen wollen den Personalausweis aufs Smartphone bringen: Jede Person soll mit einer kostenfreien digitalen Identität ausgestattet sein, um sich digital ausweisen und digital unterschreiben zu können. So ließen sich dann auch Behördengänge einfach mit dem Smartphone erledigen.

Zur grünen E-Government-Strategie gehört auch ein Mobilpass. Der ist nicht nur für die Nutzung verschiedene Mobilitätsangebote gedacht, sondern auch für Serviceangebote der Verwaltung, eHealth- und eJustice-Infrastrukturen und digitale Beteiligungsformate.

Digitalministerium ja oder nein: Dazu findet sich im Wahlprogramm der Grünen keine Aussage.

Games-Faktor: Die Grünen sehen in "Game-based Learning" eine Möglichkeit, wie sich Schüler neue Inhalte erschließen können. Den E-Sport will die Partei als gemeinnützig anerkennen. E-Sport und Gaming sollen gefördert werden vor allem unter den Gesichtspunkten Diversität, Nachhaltigkeit, Jugendschutz sowie Medienkompetenz.

Freie Wähler

So oft kommt das Wort "Digitalisierung" vor: 22 Mal, insgesamt hat das Programm 33.152 Wörter.

Stellenwert im Wahlprogramm: Digitales ist nicht der Kern des Programmes, aber Gedanken haben sich die Freien Wähler zu dem Thema schon gemacht. Neben Erwähnungen bei Themen wie Bildung, Wirtschaft, Medizin und auch Ehrenamt gibt es auch einen eigenen Punkt namens "Digitalisierung – Deutschland wird smart".

Ideen und Forderungen: Die Freien Wähler geben in ihrem Programm vor allem Leitlinien zur Digitalisierung vor. Der Staat soll beispielsweise dafür sorgen, dass Schulen, Unternehmen und die Verwaltung künftig digital besser aufgestellt sind. Ansonsten positioniert sich die Partei vor allem zu bestehenden Digital-Themen. Uploadfilter lehnen sie etwa ab, das bestehende Ziel von Bund, Ländern und Kommunen, die Verwaltungsleistungen bis 2022 auch digital anzubieten, tragen sie dagegen entschieden mit. Zudem wird etwa eine stärkere digitale Vernetzung vor Ort gefordert, etwa durch mehr digitale Möglichkeiten Behördengänge zu erledigen oder durch eine digital optimierte Steuerung des Verkehrs.

Ausspähung nein, Vorratsdatenspeicherung ja

Insgesamt werden die Freien Wähler ihrem aus der bayerischen Politik bekannten Image als wirtschaftsliberal-konservative Partei zwischen FDP und Union durchaus gerecht. So wird einerseits viel Wert auf Datenschutz gelegt und eine "Ausspähung unbescholtener Bürger*innen" abgelehnt, zugleich jedoch eine Vorratsdatenspeicherung und Videoüberwachung innerhalb gewisser Grenzen als durchaus notwendig akzeptiert. Soziale Medien und das Netz allgemein sähe man laut Programm insgesamt stärker reguliert. Daneben will man den Ausbau digitaler Dienste für Unternehmen aber auch Schulen fördern. Der Staat soll transparenter werden, etwa auch durch Online-Bürgerausschüsse.

Recht konkret wird es beim Breitbandausbau. Bis Ende 2024 soll jedem Unternehmen einen Gigabit-Breitbandanschluss (mindestens 1.000 Mbit/s) ermöglicht werden, bis 2030 jeder Haushalt ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Eine weitere Idee: Eine gesetzlichen Datendividende soll dazu führen, "dass die Nutzer*innen künftig selbst über die Verwendung ihrer Informationen entscheiden und dafür transparent von den Plattformbetreibern anteilig entlohnt werden."

Bemerkenswert: Die Freien Wähler sehen sich nicht zuletzt als Stimme der Landbevölkerung. Das machen sie in ihrem Wahlprogramm auch beim Thema Digitalisierung deutlich. So ist dort nicht nur von vernetzen "Smart Cities" die Rede, sondern auch von "Smart Villages“". Eine "schnelle und zuverlässige Internetverbindung" soll gemeinsam mit den ohnehin vorhandenen Vorteilen des Landlebens (Natur, frische Luft, weniger Kriminalität, geringe Mieten) dafür sorgen, dass junge Familien auf dem Land bleiben oder dorthin ziehen. Konkret will man sich dafür einsetzen, dass ein durch die EU-gefördertes "smartes Modelldorf" in Deutschland entsteht.

Digitalministerium ja oder nein: Von einem Digitalministerium ist im Programm nicht die Rede.

Games-Faktor: Die Freien Wähler wollen laut ihrem Programm E-Sports als Sport anerkennen und sogenannte Lootboxen in Computer-Spielen verbieten.

"Darüber spricht Bayern": Der neue BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!