Jerry Seinfeld hat in den 90ern das Genre der Sitcom revolutioniert. Die Show, die über neun Staffeln lief, stand Pate für moderne Sitcoms wie How I Met Your Mother, Big Bang Theory, Sex & The City und viele mehr. 1998 lief die letzte Folge der Kult-Sitcom, doch nun lebt die Sendung weiter, irgendwie zumindest, und zwar im Internet.
Sitcom in Dauerschleife
Nothing, Forever heißt eine Sitcom in Dauerschleife, die auf der der Steaming-Plattform Twitch läuft, 24 Stunden am Tag, sieben Tagen die Woche, ohne Pause. "AI generated, always on, always weird", so lautet der treffende Slogan der Serie. Die Show wird laufend von einer künstlichen Intelligenz generiert und ist deutlich an Seinfeld angelehnt, was sich unter Anderem darin zeigt, dass die Hauptfigur Larry Feinberg heißt.
Hypnotisch – und manchmal sogar witzig
Die Dialoge schreibt das Sprachmodell GPT3, das auch hinter dem gehypte Chatbot ChatGPT steckt. Die Stimmen werden ebenfalls von einer Maschine generiert und das ganze sieht so aus, wie ein 3D-Computerspiel aus den frühen 90ern. Die Show plätschert die meiste Zeit vor sich hin, aber übt zugleich einen gewissen hypnotischen Reiz auf den Zuschauer aus.
Und manchmal, eigentlich sogar erstaunlich oft, da blitzt sogar etwas wie echte Komik auf. Bekannt geworden ist beispielsweise eine Szene, in der es so wirkt, als seien sich die Protagonisten ihres beklagenswerten Daseins in einer KI-generierten Endlos-Serie bewusst.
Zwangspause nach trans-feindlichen Witzen
Im Februar allerdings musste die Show dann doch mal eine Pause einlegen. Denn der KI-Larry hatte problematische Witze gemacht, in denen er sich über Homosexuelle, Transpersonen und die US-Demokraten lustig gemacht hatte. Da diese Art von Humor nicht mit den Twitch-Richtlinien in Einklang zu bringen ist, wurde Nothing, Forever kurzerhand gecancelt. Doch jetzt geht es weiter, die KI wurde überarbeitet und soll in Zukunft brav bleiben. Und so kann man sich wieder berieseln lassen von diesem ewigen Malstrom aus flachen Gags und eingespielten Lachern.
Doch so seltsam und albern Nothing, Forever auch sein mag, so könnte es doch ein Vorgeschmack auf das sein, was uns in ein paar Jahren erwartet. Sprachmodelle könnten Dialoge und Stories entwerfen, Bild-Generatoren Figuren und Umgebungen produzieren. Am Ende könnten komplexe und vollständige Werke stehen, die zu 100 Prozent von Maschinen erstellt wurden.
Kommt der große KI-Einheitsbrei
Werden wir in Zukunft also popkulturell im eigenen Saft schmoren, zubereitet von schlauen KI-Modellen? Wird KI uns die immer gleichen Tropes, Themen und Plots vorsetzen? Insbesondere der Mainstream-Popkultur wird ja schon lange vorgeworfen, immer nur bekannte Ideen und Erzählmuster zu iterieren und die Zuseher mit Fortsetzungen und Spin-Offs des immer Gleichen zu quälen. Selbst neue IPs greifen bekannte Muster und Geschichten auf und verpacken diese neu. Ein Beispiel: In den letzten Jahren gab es etwa eine unüberschaubare Anzahl verschiedener John Wick-Interpretationen, wobei John Wick selbst schon eine Interpretation von The Good, The Bad and The Ugly und Point Blank war. Wird künstliche Intelligenz noch mehr Einheitsbrei produzieren? Vermutlich nicht. Denn in den politisch unkorrekten Ausrutschern des Larry Feinberg liegt auch etwas beruhigendes: Sie zeigen nämlich, wie unberechenbar solche KI-Modell sind.
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