Es müffelt an diesem Morgen ein wenig auf dem neuen Apple-Gelände. Das Areal um die Firmenzentrale ist frisch gedüngt; am Abend zuvor hat es geregnet.
Dem Apple-Mitgründer Steve Wozniak ist das egal. Er strahlt übers ganze Gesicht und freut sich, dass ihn seine alten Kollegen zur Produktvorstellung nach Cupertino eingeladen haben. Für das kreisrunde Gebäude, in dem Platz für 12.000 Mitarbeiter ist und das wie ein Raumschiff aussieht, hat Wozniak nur Lob übrig. Ins ARD-Mikro sagt er:
"Es ist prächtig. Ich hab mich mit dem, der es gebaut hat, unterhalten. Es sind so viele extrem tolle Dinge integriert. Allein die Stromversorgung. Ich liebe das Design, es spricht für Steve Jobs und Apple." Steve Wozniak
Fast 1.000 Journalisten aus aller Welt sind in das eigens für Präsentationen gebaute Steve Jobs Theater eingeladen. Dem verstorbenen Apple-Chef gebührt das erste Wort. Eine Rede von ihm wird eingespielt, der Saal ist komplett abgedunkelt. Auf der Leinwand steht nur "Steve Jobs Theater". "Wir müssen ehrlich zu uns selbst sein und wissen, was uns wichtig ist", so die Botschaft aus dem Jenseits. Nur so könne Apple Apple bleiben.
Jetzt setzt auch Apple auf OLED
Tim Cook, Nachfolger von Jobs, betritt sichtlich gerührt die Bühne. Dem Apple-Chef ist die Aufregung anzumerken. Ohne jeden Zweifel: das Unternehmen hat die Welt der Mobiltelefone revolutioniert. Heute will man erneut die Marschroute vorgeben. Kein Silicon-Valley-Unternehmen beherrscht die Kunst der Inszenierung von Technologie wie Apple - obgleich an diesem Morgen so gut wie alle Ankündigungen mehr oder weniger schon bekannt sind.
Von der Apple-Uhr mit LTE-Chip, bis hin zur Streaming-Box, die jetzt auch 4K-Auflösung beherrscht. Im Mittelpunkt steht jedoch ein mit Hightech hochgerüstetes Jubiläums-Smartphone. Das iPhone 10. Das neue Gerät, dessen Preis bei knackigen 1.149 Euro beginnt, folgt dabei einem Trend, den asiatische Hersteller wie Samsung oder Xiamo aus China vorgeben haben: ein nahezu randloses Display.
"Der super Retina-Bildschirm setzt auf OLED-Technologie. Diese Technologie ist so gut geworden, dass wir sie jetzt im iPhone einsetzen." Apple-Marketing-Chef Phil Schiller
Gesichtserkennung ersetzt den Fingerabdruck
In einem Punkt setzt sich Apple dann doch von der Konkurrenz ab: Mit dem Jubiläums-Smartphone verabschiedet man sich vom sogenannten Home Button und dem Fingerabdrucksensor, den man erst 2013 eingeführt hatte. Das Gerät wird durch eine Sensor-gesteuerte Gesichtserkennung entsperrt, die dazu hunderte unsichtbare Punkte auf das Gesicht projiziert.
Jedes Mal wenn man in sein Telefon schaut, wird es entsperrt. Das funktioniere sogar im Dunkeln und sei sicherer als der Fingerabdruck-Sensor, sagt Schiller.
Zweifel an der Premium-Strategie
Das Unternehmen aus Cupertino weiß, dass der Preis jenseits der 1.000 Euro happig ist. Es setzt jedoch bewusst auf diese Hochpreis-Strategie, um sich vom Rest des Marktes abzusetzen, der zu 80 Prozent von den Android-Geräten dominiert wird. Mancher Analyst zeigt sich ob dieser Strategie skeptisch. Annette Zimmermann vom IT-Dienst Gartner meint, das neue Gerät sei dem von Konkurrent Samsung noch nie so ähnlich gewesen.
Seit 2007 hat das kalifornische Unternehmen mehr als 1,2 Milliarden Geräte verkauft. Eine weitere Frage ist deshalb, wie gesättigt der Markt ist. An diesem Morgen wird eines klar: Selbst Apple kann nicht alles zu 100 Prozent steuern. Zum ersten Mal seit vielen Jahren wird das neue Premiumtelefon deutlich später erscheinen. Nämlich erst ab 3. November. Früher waren die neuen Geräte meist eine Woche später in den Läden. Der Grund: Die Herstellung der OLED-Displays, die man vom Konkurrenten Samsung bezieht, ist offenbar komplizierter. Und: Apple ist nicht der einzige Hersteller, der die Displays verbaut. Auch hier war die Konkurrenz aus Asien schneller.