Die Cybergrooming-Gesetze gelten bisher nur für Annäherungen an Kinder.
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Die Cybergrooming-Gesetze gelten bisher nur für Annäherungen an Kinder.

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Teenager und Internet-Bekanntschaften: Was können Eltern tun?

Eine 14-Jährige aus Dasing stieg zu einem Mann ins Auto, wurde vermisst und tauchte Tage später in Hessen auf. Verboten sind per se weder Chats, noch solche Besuche zwischen Teenagern und Erwachsenen. Was sollten Eltern und Jugendliche wissen?

Mehrere Tage lang suchten Eltern und Polizei nach einem 14-Jährigen Mädchen aus dem schwäbischen Dasing. Sie war seit Freitagabend der vergangenen Woche vermisst und am Dienstag schließlich in Hessen gefunden worden.

Ein Mann hatte sie am Freitag mit dem Auto in Dasing abgeholt. Das Mädchen ist offenbar freiwillig mit ihm nach Hessen gefahren. Der Autofahrer hat sich unterdessen freiwillig gemeldet. Zuvor hatte sie im Internet offenbar Kontakt zu einem User namens "Mr. Coldkiller" und ein Treffen mit ihm vereinbart. Ob der Abholer und die Internetbekanntschaft die gleiche Person sind, ist noch unklar. Die Polizei prüft derzeit, ob Straftaten vorliegen.

Annäherung an 14-Jährige nicht strafbar

Dass ein erwachsener Mann sich einer 14-Jährigen im Netz nähert, ist per se nicht strafbar, wie Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cyberkriminologie an der Hochschule der Polizei in Brandenburg, erklärt. "Cybergrooming, also das onlinebasierte Einwirken bei einem Kind mit dem Ziel der Intensivierung oder Ermöglichung eines sexuellen Missbrauchs, ist nur dann strafbar, wenn TäterInnen auf ein Kind online einwirken oder denken sie wirken auf ein Kind ein“, so Rüdiger. Kind ist man in Deutschland bis zum 14. Geburtstag, danach gilt man als Jugendlicher.

Zudem gebe es im Prinzip auch keine klare Strafbarkeit von unerwünschten verbalen sexuellen Belästigungen, da eine Strafbarkeit der sexuellen Belästigung eine Berührung erfordere. Unter gewissen Bedingungen könne es zudem sogar straffrei bleiben, wenn ein Erwachsener Nacktaufnahmen einer 14-Jährigen erhalte, erklärt Experte Rüdiger. Konsequenzen drohen Erwachsenen im Umgang mit Teenagern also vor allem bei körperlichem Kontakt.

Der Cyberkriminologe würde sich eine Diskussion darüber wünschen, ob man Cybergrooming-Gesetze nicht von Kindern auch auf Jugendliche erweitern sollte – zumal Studien zeigen, dass gerade sie oft damit konfrontiert werden. Auch eine Erweiterung des Tatbestands der sexuellen Belästigung über Berührungen hält er für mindestens diskussionswürdig.

Was können Eltern tun?

Unabhängig davon rät Rüdiger Eltern, ihre Kinder auf Risiken des Internets hinzuweisen und offen mit Kindern über Themen wie Cybergrooming zu sprechen. Und: "Der wichtigste Ratschlag, den man aus meiner Sicht geben kann, ist: niemals den Kindern die Schuld geben oder diese mit Entzug von Smartphone oder ähnliches bestrafen. Das könnte dazu führen, dass diese bei kritischen Situationen nicht wieder zu den Eltern gehen."

Sollte es bereits zu Cybergrooming gekommen sein, rät der Experte dazu, die Polizei einzuschalten und die Täter möglichst nicht aktiv zu konfrontieren. Diese könnten sonst Beweismittel vernichten. Mit einer Anzeige bei der Polizei könne man vor allem helfen, auch andere Betroffene zu schützen, da ein Täter oft für eine dreistellige Zahl an Opfern verantwortlich sei. Hilfe gebe es darüber hinaus bei Beratungsstellen wie den Weißen Ring oder auch Juuport.

Was sollten Jugendliche beachten?

Und Jugendliche selbst? Die sollten laut Rüdiger vor allem wachsam sein. Durch Videofilter könnten erwachsene Cybergroomer sich mittlerweile nicht nur in Text-Chats, sondern auch in Videos jünger machen als sie sind. Daher sollten Jugendliche immer skeptisch sein, wer ihnen da gerade schreibt, vor allem, wenn es sich um fremde Menschen handelt.

Will man sich dann trotz allem dennoch mit einem Fremden treffen, den man im Internet kennen gelernt, gilt laut dem Experten das gleiche, wie auch für Erwachsene gilt, die Online-Dating betreiben: "Nicht mit fremden Menschen am Anfang alleine treffen, beziehungsweise immer jemanden darüber informieren, mit wem und wo man sich trifft, sich immer an belebten Orten verabreden und generell vorsichtig mit Bildern und Videos von sich umgehen."

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