Beim Boykott gegen China geht es um absolute Spitzentechnologie. Die Produktion von Mikrochips ist aufwendig. Und je leistungsfähiger die Chips sind, desto verflochtener und komplizierter sind die mikroskopisch kleinen Leiterbahnen, die auf die ohnehin schon nicht sehr großen Plättchen aufgebracht werden müssen. Vereinfacht gesagt bedeutet das, wer die kleinsten Leiterbahnen zustande bringt, hat die besten Mikrochips.
Mikrochips für Zukunftstechnologien
Die besonders leistungsfähigen Chips braucht man nicht unbedingt, um einen Rolladen oder die Waschmaschine zu steuern. Hochleistungs-Mikrochips werden etwa für Künstliche Intelligenz dringend benötigt. Vieles was in die Zukunft weise, erfordere Hochleistungschips und die könne China derzeit nicht alleine herstellen, sagt Professor Markus Tauber vom Lehrstuhl für Ostasienwirtschaft, Schwerpunkt China, der Universität Duisburg Essen. Peking will sich aber technologisch auf keinen Fall abhängen lassen und das aus gutem Grund.
Krieg wird künftig am Computer entschieden
Auch Rüstungstechnologie ist auf schnelle, effiziente Mikrochips angewiesen. Jan-Peter Kleinhans, Projektleiter "Technologie und Geopolitik" der Stiftung Neue Verantwortung zitiert die US-Regierung, die die besten Chips möchte, um militärisch die Oberhand zu gewinnen. Computerprogramme sollen mit den Rahmenbedingungen einer eventuellen Konfrontation gespeist werden und schnellstmöglich die strategischen Optionen ausloten können. Oder anders formuliert: Der nächste Krieg wird am Computer simuliert und geplant. Und wer die besten Chips hat, gewinnt, so die Logik der US-Führung.
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Das ist angeblich auch der zentrale Grund, warum die USA schon seit Jahren einen Chip-Boykott gegen China vorantreiben und dem Land so tatsächlich schaden können. Die besten Chips werden dabei mit der sogenannten EUV-Technologie hergestellt. Das Kürzel steht für extrem ultraviolette Strahlung. Dieses besondere Licht brennt die Leiterbahnen auf die Plättchen. Je kürzer die Wellenlängen des Lichtstrahls, desto filigraner die Strukturen und desto besser die Chips – grob gesagt.
Die besten Maschinen kommen aus Europa
Die Chipproduktion findet größtenteils in Asien statt. Die Maschinen, die für die Produktion benötigt werden, kommen auch aus Europa. Und führend in der EUV-Technologie ist die niederländische Firma ASML. Deutsche Unternehmen wie Zeiss oder Trumpf liefern dabei wiederum Teile der Maschinen an ASML.
Aber auch japanische Unternehmen befinden sich in der Oberliga der Chip-Produktionsanlagen. Solche Maschinen bestellt man sich nicht mal eben, denn sie kosten deutlich über 100 Milliarden Euro. China würde das gerne bezahlen, bekommt aber nichts, denn die Niederlande haben sich, laut Jan-Peter Kleinhans, auf Druck der USA bereits seit zwei Jahren dazu verpflichtet, ihre Spitzenprodukte nicht in die Volksrepublik zu liefern.
USA wollen Boykott verschärfen
Das Liefer-Verbot gilt bislang für EUV-Maschinen. Das reiche den USA aber nicht mehr, sagt Kleinhans. Man wolle nun auch Produktionsanlagen für etwas weniger leistungsfähige Mikrochips in den Lieferboykott mit einbeziehen. Einem Bericht der Agentur Bloomberg zufolge schwenken die Niederlande und auch Japan auf diese Linie von US-Präsident Biden ein. ASML-Chef Peter Wennik, hat ein entsprechendes Abkommen inzwischen auch bestätigt.
Europäische Chip-Industrie befürchtet Geschäftseinbruch
Der Boykott hat auch negative Effekte auf die europäische Chip-Wirtschaft. China hat in den letzten fünf Jahren laut Kleinhans rund 90 Milliarden Dollar in die Chip-Fertigung investiert. Europa gab in der gleichen Zeit gerade mal 17 Milliarden aus. Und China könnte nun als Abnehmer über kurz oder lang komplett wegbrechen.
Wegen des Boykotts versucht Peking schon seit längerem selbst Produktions-Maschinen, auch der Oberklasse, herzustellen. Bislang ist man dabei laut Professor Markus Taube noch nicht sehr weit gekommen. Aber Peking wird noch einmal sehr viel Geld in die Entwicklung pumpen und über kurz oder lang auch – so zumindest die Befürchtung von ASML-Chef Wennik - Erfolg haben: "Das wird ein bisschen dauern, aber sie werden es schaffen."
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