Kind schreibt in ein Heft und bedient gleichzeitig ein Notebook
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Hausaufgaben könnten sich durch Künstliche Intelligenz grundlegend ändern

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ChatGPT und Schule: Hausaufgaben werden sich grundlegend ändern

Künstliche Intelligenz macht gerade einen Riesensprung. Das Programm ChatGPT spuckt sogar seitenlange Aufsätze blitzschnell aus. An Bayerns Schulen überlegt man fieberhaft, wie das den Unterricht verändert und wie man Ungerechtigkeiten vermeidet.

Bei allen Interviews für diesen Artikel entsteht der Eindruck: die Lehrkräfte und Schul-Verantwortlichen in Bayern haben den Schuss gehört. Seitdem im November die Dialog-Software ChatGPT der Firma OpenAI online ist, kann sich jeder davon überzeugen, was Künstliche Intelligenz leistet. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) erklärt, die Kinder in den Schulen würden ChatGPT bereits nutzen. Und nun müsse man schnell versuchen, damit richtig umzugehen.

Chatbots würden an den Grundfesten der pädagogischen Arbeit rütteln, sagt Fleischmann. Deshalb muss man nun überlegen, "wie gehen wir mit dem Referat oder der Hausausgabe um. Was ist Leistung, was wollen wir bewerten?" Ducken und hoffen, dass einen das Thema nicht betrifft, ist demnach keine Lösung, denn weggehen werde das nicht mehr, ist Fleischmann klar.

Wie werden Hausaufsätze künftig bewertet?

Die BLLV-Chefin illustriert am Beispiel Hausaufsatz, was sich ändern wird. Sollen die Schülerinnen und Schüler etwa einen Vergleich der Staatsformen "Republik" und "Monarchie" erarbeiten, dann reicht es nicht mehr, einen gut geschriebenen Text abzuliefern, denn der lässt sich ja eben von der KI mühelos erstellen. Vielmehr müssten die Schüler dokumentieren, welche Quellen sie bei der Recherche benutzt haben. Sie müssen erklären können, warum man eine Quelle für zuverlässig hält und andere nicht.

Vielleicht darf auch ChatGPT verwendet werden, dann müsste man aber festhalten, welchen Teil die KI zugeliefert hat und ob man nachgeprüft hat, dass alles stimmt - denn ChatGPT lügt ja manchmal. Fleischmann sagt, "wir haben ganz andere Ebenen, die wir jetzt bedenken müssen." Grundsätzlich begrüßt sie diese neuen Herausforderungen, denn endlich werde mal grundlegend darüber nachgedacht, wie lernen funktioniert und was Leistung ist. Allerdings wird ihr angesichts der ohnehin bestehen Lehrerknappheit gleichzeitig "Angst und Bange".

KI-Schulungen, wenn Zeit dafür ist

Die Lehrerinnen und Lehrer werden bei der Umstellung Unterstützung brauchen. Beim Kultusministerium verweist man auf zahlreiche Fortbildungen zum Thema Künstliche Intelligenz, die bereits angeboten würden. Es habe auch schon fünf Veranstaltungen konkret zum Thema ChatGPT mit rund 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegeben, so eine Ministeriumssprecherin. BLLV-Chefin Fleischmann gibt aber zu bedenken, dass jetzt nicht alle nächste Woche zu Fortbildungen rennen könnten. Sie berichtet von Schulen, an denen das derzeit gar nicht möglich ist, weil Lehrer fehlen. "Oder sollen wir die Kinder heimschicken?"

Vom Kultusminister und der Politik wünscht sich Fleischmann vor allem weniger Einmischung und nicht "jeden Tag was neues entdecken, was Schule machen könnte … aufhören damit!" Fleischmann fordert, den Pädagogen Vertrauen zu schenken, dass sie den Umgang mit KI schon bewältigen werden.

Abwehrmaßnahmen bringen nichts

Auch beim Bayerischen Philologenverband ist man sich bewusst, dass der Unterricht seit ChatGPT nicht mehr weiterlaufen kann wie bisher. Der Vorsitzende Michael Schwägerl sagt, "die Entwicklung geht rasend schnell, so schnell kann Schule gar nicht reagieren." Was aber nicht heißen soll, dass man sich jetzt Zeit lassen will. Entscheidungen, müssten in den nächsten Wochen fallen. Dabei gilt es zu klären, welche Bedeutung Arbeiten zu Hause überhaupt noch haben.

Auf Abwehrmaßnahmen will Schwägerl dabei nicht setzen. Angesprochen auf Programme, die versuchen KI-Texte als solche zu entlarven, wie der "CLassifier" von OpenAI, oder GPTZero, winkt der Verbands-Chef ab. Das führe ja auch nur zum technischem Hochrüsten und man werde auf der einen, wie auf der anderen Seite neue Schlupflöcher finden. Gemeint ist, dass künftig KI-Programme immer wieder auch versuchen werden, Spürsoftware auszutricksen und die dann wiederum versucht besser zu werden.

Wer kann sich den besten KI-Chatbot leisten?

Die Schulen müssen im KI-Zeitalter womöglich noch mehr auf Bildungsgerechtigkeit achten. Michael Schwägerl fragt sich: "Wer hat denn Zugang zu den guten ausgefeilten und umfangreichen Tools, wenn die nur noch mit Bezahlmodellen zugänglich sind." Schwägerl spielt auf Pläne von OpenAI, dem Macher von ChatGPT, an. Hinter dem Unternehmen steht inzwischen der Riesenkonzern Microsoft, der viel Geld in die KI-Projekte stecken wird und hofft, dass sich die Investitionen auch rentieren.

Deshalb wird nun, nach einer kostenlosen Probephase, ein Abo für 20 Dollar im Monat eingeführt. Die Preise können durchaus noch weiter steigen, je nachdem wie leistungsfähig die KI sein soll - mit möglichen Folgen auch an den Schulen. Gut denkbar, dass am Ende die Schülerinnen und Schüler, die sich die teuersten und besten Chatbots leisten können, die anderen abhängen.

Video: Macht uns ChatGPT überflüssig?

quer vom 02.02.2023
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quer vom 02.02.2023

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