Twitter-Schriftzug schmilzt, dahinter Handy mit Elon Musks Account
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Twitter im Chaos

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Chaos-Tage bei Twitter: Musk rudert mehrfach zurück

Seit Elon Musk Twitter übernommen hat, herrscht Unruhe. Vor allem die Entlassung tausender Mitarbeiter und die Entscheidung das blaue Häkchen zur Verifikation für acht Euro zu verkaufen, sorgten für Wirbel. Beides kommt jetzt anders als geplant.

Die Entscheidung vom Freitag rund die Hälfte der Twitter-Angestellten zu entlassen, war wohl ein unüberlegter Schnellschuss. Schon die Art und Weise, wie die Betroffenen von ihren Kündigungen erfuhren, nämlich per E-Mail, war höchst umstritten. Mehrere Teams wurden aufgelöst, oder bis auf ein paar Personen zusammengestrichen. Wer blieb, wusste offenbar gar nicht mehr, mit wem er oder sie überhaupt noch zusammenarbeitet. Nun hat die neue Führung wohl einsehen müssen, dass man mit dem Schritt, das Unternehmen gefährdet.

Mitarbeiter werden gebeten zurückzukommen

Twitter bittet mehreren Berichten zufolge einen Teil der am Freitag entlassenen Mitarbeiter um Rückkehr. Das US-Unternehmen trete derzeit mit Dutzenden ehemaligen Angestellten in Kontakt, um sie zurückzuholen, berichtet etwa ein bekannter US-Journalist.

Einigen Ex-Mitarbeitern, die zurückkommen sollten, wurde offenbar fälschlicherweise gekündigt. Andere seien gefeuert worden, bevor das Management erkannt habe, dass ihre Arbeit und Erfahrung für künftige Pläne der Plattform notwendig sein könnten.

Schulden-Panik bei Elon Musk?

Musks drastische Entscheidung, reihenweise Kündigungen zu verschicken, ist offenbar durch die desolate Finanzlage bei Twitter mit ausgelöst worden. Wie die Washington Post berichtet, droht dem Unternehmen im nächsten Jahr ein Verlust von 700 Millionen US-Dollar. Das liegt insbesondere an hohen Zinszahlungen für den Schuldenberg, von angeblich knapp 13 Milliarden Dollar, den Twitter vor sich herschiebt. Dafür würden neue Kredite gebraucht, die jetzt – angesichts der gestiegenen Zinsen – mit 1,3 Milliarden Dollar pro Jahr auf die Bilanz drücken werden.

Dem versuchte Musk anscheinend mit einem drastischen Kostensenkungsprogramm gegenzusteuern. Außerdem will der Milliardär versuchen, einen Teil des Kaufpreises von rund 44 Milliarden Dollar, den er für Twitter bezahlt hat, beim Unternehmen zurückzuholen. 13 Milliarden Dollar an Schulden will Musk nach Recherchen der New York Times in die Twitter-Bilanzen übertragen.

Twitter soll vor den US-Wahlen stillhalten

Eine andere Maßnahme um Geld hereinzuholen war, das blaue Häkchen, das die Echtheit eines Profils bestätigen soll, mit einer Monatsgebühr von acht Dollar zu belegen. Dieser Schritt wurde nun zumindest in den USA erst einmal ausgesetzt. Wie die New York Times berichtet, will der Kurznachrichtendienst bis nach den US-Zwischenwahlen am 8. November warten. Damit reagiert Musk anscheinend auf Kritik. So wurde moniert, dass die User des sozialen Netzwerks künftig nicht mehr eindeutig erkennen könnten, ob hinter dem Account tatsächlich die Person steckt, die sie vorgibt zu sein. Fake-Accounts, die falsche Informationen unter fremden Namen verbreiten, könnte nun Vorschub geleistet werden, so die Befürchtung. Mit Blick auf die Midterm-Wahlen der USA sei die Einführung des neuen Preismodells ein denkbar schlechter Zeitpunkt, hieß es deshalb etwa bei der Agentur Bloomberg.

Trump vorerst nicht bei Twitter

Auch die Frage, ob Ex-US-Präsident Donald Trump wieder auf Twitter zurückkehren kann, ist dabei von großer Bedeutung. Trump hatte extrem viele Follower und Twitter als Plattform für seine Sicht der Dinge verwendet. Elon Musk wollte Trump wieder zurückholen. Der hatte aber erst einmal abgewunken und beteuert, bei seinem eigenen Dienst Truth Social bleiben zu wollen. "Es gefällt mir hier mehr", erklärte Trump. "Ich mag Elon, aber ich bleibe bei Truth."

Musk gibt großes Versprechen

Auf die Vorwürfe die Glaubwürdigkeit von Twitter zu verspielen, reagiert Elon Musk mit der Ankündigung die Social-Media-Plattform zur "mit Abstand genauesten Informationsquelle über die Welt" zu machen. Das sei die Mission.

Mit seinem Tweet löste Musk allerdings gleich eine lebhafte Debatte unter den Nutzerinnen und Nutzern aus. In wessen Augen die neue Glaubwürdigkeit zu verstehen sei, fragte etwa der Twitter-Gründer und ehemalige Vorstandschef Jack Dorsey. Musk hatte angekündigt, ein Gremium mit "sehr unterschiedlichen Standpunkten" einzurichten, das die Inhalte auf Twitter moderieren soll. Gleichzeitig waren Mitarbeiter von Teams, die bisher die Inhalte bei Twitter geprüft und moderiert hatten, von der Entlassungswelle betroffen.

Bundesregierung nimmt Twitter unter Beobachtung

Die Bundesregierung kündigte am Montag an, dass auch der neue Eigentümer die gesetzlichen Vorgaben in Deutschland und der EU befolgen müsse. Man behalte sich Konsequenzen vor, habe darüber aber noch nicht entschieden, sagte eine Regierungssprecherin in Berlin. "Wir nehmen die Veränderung bei Twitter sehr genau zur Kenntnis", sagte sie. Auch die EU-Kommission hatte Musk gewarnt.

Die Bundesregierung betonte, dass etliche Bundesministerien mittlerweile sowohl auf Twitter als auch auf dem in Deutschland gegründete Kurznachrichtendienst Mastodon vertreten seien, der als mögliche Alternative angesehen wird. Dazu zählen etwa das Innen- und Außenministerium, das Bundespresseamt, der Zoll und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik.

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