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Bundestagswahl: Der Bot-Wahlkampf wird schmutzig

Bundestagswahl: Der Bot-Wahlkampf wird schmutzig

Meinungs-Roboter, Negativ-Kampagnen, reißerische Bilder: Im Schlussspurt zur Bundestagswahl greifen vor allem Akteure aus dem rechten Spektrum tief in Trumps Wahlkampf-Trickkiste. Der Meinungskampf im Netz wird schmutzig. Von Christrian Schiffer.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Die Eidbrecherin bloßstellen" steht in blütendweißen Lettern auf bedrohlich-düsterem Grund und sofort ist klar, wer diese "Eidbrecherin" sein soll: Angela Merkel. Auf der Internetseite "Merkel, die Eidbrecherin" finden sich zahlreiche Bilder der Kanzlerin in Kombination mit reißerischen Texten, wie etwa "Die Eidbrecherin hat Deutschland ins Unglück gestützt". Manches wirkt etwas sperrig aus dem Englischen übersetzt und das verwundert auch nicht, denn nach Informationen des Rechechebüros "Correctiv" ist die amerikanische Agentur Harris Media für die Seite verantwortlich. Gründer der Agentur ist Vincent Harris, ein konservativer Kampagnenmanager, der für seinen aggressiven Stil bekannt ist, schon UKIP in Großbritannien beraten hat und auch Donald Trump. Nun mischt seine Agentur also auch in Deutschland den Wahlkampf auf und zwar für die AfD, denn die Partei hat die "Eidbrecher"-Kampagne in Auftrag gegeben.

Die Amerikanisierung des Online-Wahlkampfs

Seit Ende August sind die Amerikaner für den Internetwahlkampf der AfD verantwortlich und auch insgesamt fällt auf, dass gerade amerikanische Methoden im Netz-Wahlkampf Einzug halten. Seit einigen Tagen etwa beobachtet der Verein "Fearless Democracy", dass in den sozialen Netzwerken vermehrt Social Bots ihr Unwesen treiben. Social Bots sind Computerprogramme, die so tun, als wären sie Menschen. Manche von ihnen verbreiten Links und Parolen, werben für eine bestimmte politische Haltung oder für eine Partei.

Günstige Krieger im Meinungskampf

Nach Ansicht mancher Experten können Bots im Meinungskampf eine wichtige Rolle spielen, da sie bestimmte Meinungen verstärken oder den Eindruck erwecken können, eine bestimmte politische Haltung sei weiter verbreitetet, als sie es tatsächlich ist. Im US-Wahlkampf sollen bis zu 50 Prozent aller Trump-Follower Bots oder Fake-Accounts gewesen sein, das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestags geht zudem davon aus, dass 20 Prozent aller Tweets im US-Präsidentschaftswahlkampf von Bots abgesetzt wurden, insbesondere von Trump-Anhängern. Bislang haben Bots im Bundestagswahlkampf keine besonders große Rolle gespielt, aber das hat sich in den letzten beiden Wochen geändert:

"Man manipuliert ein Stück weit das System, das hinter Twitter steht und versucht, aus einem Nichts einen Scheinriesen zu machen" Gerald Hensel, Vorsitzender Fearless Democracy e.V. im Interview mit dem BR-Zündfunk

Die Bots, die gerade die sozialen Netzwerke fluten, würden dabei vor allem rechtslastige Inhalte verbreiten. Ob sie aber von der AfD geschaffen und kontrolliert würden, ließe sich nicht nachweisen.

Social-Bots? Ja, nein, vielleicht?

Vor der Wahl hatten alle großen Parteien bekannt gegeben, auf den Einsatz von Bots verzichten zu wollen. Nur die AfD wollte sich ursprünglich die Verwendung dieses Instruments offen halten, ruderte dann aber wenig später zurück. Seitdem haben sich die Parteien mit Ideen überboten, wie den Meinungsrobotern beizukommen sei. Die Grünen beispielsweise fordern eine Kennzeichnungspflicht für Bots, ein Vorschlag den viele Experten allerdings für nur schwer realisierbar halten. Ob die selbstauferlegte Zurückhaltung von den Parteien penibel eingehalten wird, daran gibt es mittlerweile Zweifel: Das Magazin t3n hat kürzlich einige Indizien zusammengetragen, dass Parteien vor allem auf Instagram mit Hilfe von Bots ihre Beliebtheitswerte frisieren.

Testlabor Bundestagswahl

Ob das aber alleine reicht, um in Deutschland eine Wahl zu gewinnen, darf bezweifelt werden. Zum einen sind Bots vor allem ein Phänomen auf Twitter - und Twitter spielt in den USA eine weitaus größere Rolle als hierzulande. Zum anderen können Bots vor allem dann auf das politische Meinungsklima einwirken, wenn die öffentliche Meinung gespalten ist und zudem ein knappes Wahlergebnis vorhergesagt wird. Beides ist bei der kommenden Bundestagswahl weit weniger der Fall als bei der US-Präsidentschaftswahl im letzten Jahr. Gerald Hensel vermutet auch ein anderes Motiv hinter der Bot-Schwemme:

"Erst einmal glaube ich wird hier ein Testfall geschaffen. Es werden im Umfeld der Bundestagswahl, ganz kurz vor der Bundestagswahl die Regeln geändert, um zu schauen, wie das System darauf reagiert und wie man auch mit Schmutzkampagnen arbeiten kann." Gerald Hensel, Vorsitzender Fearless Democracy e.V. im Interview mit dem BR-Zündfunk

Das Ende des amerikanischen Wahlkampf-Traums

Früher, da blickte man von Deutschland aus fast ehrfürchtig auf amerikanische Wahlkämpfe. Einen amerikanischen Wahlkampf zu führen, das versprach Show, Entertainment und Konfetti. Seit der Trump-Wahl stehen amerikanische Wahlkampfmethoden nun aber mehr als jemals zuvor auch für schmutzige Tricks und undurchsichtige Methoden, vor allem im Internet. Diese Methoden haben nun auch Deutschland erreicht.