Bildschirm mit Gesichtserkennung im Einsatz in einem Café
Bildrechte: Mastercard

Bezahlen mit dem Gesicht

    Bezahlen mit Gesicht und Hand - Mastercard forciert Face Pay

    Bezahlen ohne Karte, nur indem man sein Gesicht oder auch seine Hand in eine Kamera hält – der Kreditcard-Konzern Mastercard will das weltweit einführen. Erste Pilotprojekte starten in Brasilien. Aber ist das sogenannte Face Pay sicher?

    Wer die Wirtin oder den Wirt gut kennt, kann in seiner Stammkneipe vielleicht anschreiben lassen. Abgerechnet wird dann später, denn man kennt sich ja. Mehr oder weniger das Gleiche plant nun der Finanzdienstleister Mastercard, aber nicht nur für die Stammkneipe, sondern überall. Man soll bald in jedem Laden mit einem Lächeln oder einem Winken das Geld überweisen können, verspricht das Unternehmen, Einkaufen werde viel persönlicher.

    Die Funktion des Wirtes übernimmt hier dann eine künstliche Intelligenz, die das Gesicht beziehungsweise die Handoberfläche erkennen muss. Biometric Checkout nennt Mastercard die Software, die das ermöglichen soll. Das Programm hat der Kreditkartenkonzern seit 2018 entwickelt.

    Gesichter oder Hände digitalisieren

    Wie gut es im Alltagsbetrieb funktioniert, das soll nun weltweit getestet werden. In Brasilien wird in dieser Woche in fünf Supermärkten in São Paulo ein Probelauf gestartet. Damit das System läuft, brauchen die Läden im Prinzip zweierlei: eine gute Kamera und eine Anbindung zum Server von Mastercard. Dort sind die Daten der User hinterlegt, also Name, Adresse, Kontoverbindung und ein Foto der Person. Wobei Foto nicht ganz richtig ist, denn um ein Gesicht erkennen zu können, ist mehr nötig.

    Die Software pickt sich aus dem Foto die charakteristischen Merkmale des Gesichts heraus, wie zum Beispiel die Position der Augen, die Kanten der Augenhöhlen oder die Wangenknochen. Durch ein digitales Gitternetz, das über das Gesicht gelegt wird, können die Gesichtsmerkmale genau vermessen und abgespeichert werden. Ganz ähnlich läuft es auch beim Digitalisieren von Händen. Die User müssen sich vor dem ersten Bezahlen mit einer App identifizieren und dort ihre persönlichen Daten - inklusive Gesichts- oder Hand-Scan - hinterlegen. Danach brauchen Sie im Laden weder Karte noch Smartphone, um bezahlen zu können.

    Russland und China sind die Vorreiter

    Ganz neu ist Face Pay nicht. In Russland wird die Technologie seit letztem Herbst bereits eingesetzt. Als erstes konnten Fahrgäste der Moskauer U-Bahn ihre Tickets über Kameras mit Gesichtserkennung bezahlen. Auch in China wird Bezahlen mit Gesichtserkennung eingesetzt. Die Digitalkonzerne Alipay und Tencent haben es dort auf den Markt gebracht.

    Keine Sicherheitsbedenken, aber große Datenschutzsorgen

    Mastercard verweist auf seine lange Erfahrung beim Einsatz biometrischer Funktionen zum Bezahlen und verspricht ein Höchstmaß an Sicherheit. Womöglich ist das System für Kriminelle tatsächlich nicht so leicht zu knacken. Der Gründer der IT-Sicherheitsfirma Syss, Sebastian Schreiber, jedenfalls glaubt, dass der Aufwand, Face Pay zu knacken, ziemlich groß sei. Es gebe 1.000-Dollar-Hacks und Millionen-Dollar-Hacks – und Face Pay zu hacken, gehöre eher in die zweite Kategorie. Und was bringt es, wenn man es mit extrem viel Mühe doch schafft, die Hürden zu überwinden? Die paar Supermarktrechnungen, die sich damit dann begleichen lassen, rechtfertigen nach Ansicht des IT-Experten keinesfalls den Aufwand.

    Während Schreiber also keine Sicherheitsbedenken hat, sieht er ein großes Datenschutzproblem. Wenn an jeder Supermarktkasse ein Gesichtsscan gemacht wird, verbreitert das die persönliche Datenspur erheblich. Die Überwachung von Personen wird dadurch jedenfalls noch einfacher. Und so ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass Face Pay gerade in autoritären Staaten schon im Einsatz ist, während man sich andernorts erst vorsichtig an diese Technik herantastet.

    "Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!