Herbert Achternbusch in seinem Film: Picasso in München
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Herbert Achternbusch in seinem Film: Picasso in München

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"Wir kriegen Anfragen": So still wurde es um Achternbuschs Werk

Er galt als Spezialist für Heimat und Humor aus Bayern. Ein eigensinniger Kopf mit ganz eigener Handschrift – als Filmemacher, Maler und Autor. Trotzdem erinnert in Bayern kaum was an den vor einem Jahr verstorbenen Universalkünstler.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Ich bin der Welt abhanden gekommen" singt Sopranistin Jessye Norman in der letzten Szene von Achternbuschs Film "Der Wanderkrebs" von 1984. Es ist eine politische Satire, die die ökologische Katastrophe zum Thema hat. Herbert Achternbuschs Themen, seine Sichtweise, sein Eigensinn: eigentlich brandaktuell.

Still geworden ist es um den bayerischen Universalkünstler

"Dass ich ein Mensch bin, weiß ich nicht vom Staat und seinen Verordnungen", sagt Achternbusch im Hörspiel: Herr Achternbusch, wie heißen Sie? "Das weiß ich vom Glitzern auf der Donau. Auch wenn das Hochklettern der Stromrechnungen mehr oder weniger unerträglich ist, aber angesichts der Todesfinsternis durchaus ertragbar, während das Glitzern auf der Donau ich bin."

In München geboren, bei der Großmutter in Niederbayern aufgewachsen, nach dem Selbstmord seiner Mutter vom Vater adoptiert und so wieder nach München zurückgekehrt. Vor einem Jahr ist er gestorben. Es wurde still um sein Werk. Immerhin, seit Anfang Dezember gibt es am Grab im Münchner Waldfriedhof auch einen Grabstein. Darauf eingemeißelt: ein Baum mit vergnügt geschwungenen Ästen. Auf dem Grab rote und gelbe Blumen, ein Gedicht und seitlich in den Stein gemeißelt: in Liebe, deine Kinder. Alles da.

Achternbusch-Bilder – nur in den Archiven der Museen

Wenn wir seine Kunst sehen wollen ist das anders. Das Lenbachhaus besitzt zahlreiche Werke – ausgestellt sind sie nicht, auf der Website: von keinem einzigen eine Abbildung. Auch das Stadtmuseum hat Bilder – im Bestand.

Wer nach Achternbuschs Spuren sucht, findet ein öffentlich zugängliches Bild im Kulturreferat, Burgstrasse 4, dritter Stock. Es ist ein großes Bild mit Schriftzeichen – es erzählt von Dämonen, griechischer Mythologie und Kamelen – Lieblingstiere des Künstlers. Wir fragen nach im Kulturreferat, bei Michael Ott, zuständig für Literatur und Kunst: Was ist denn so geplant in Sachen Achternbusch? "Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir mal irgendwann so etwas wie Achternbusch-Stipendien haben oder Residenzen für Künstler:innen", sagt Ott. "So was stelle ich mir eher vor als an einem zentralen Ort ein Achternbusch- Gedenken, das wäre etwas seltsam".

Achternbusch-Filme – nicht ausleihbar

Achternbusch-Stipendien – eine gute Idee. Sein Werk jederzeit und für alle zugänglich machen, wäre es auch. (Schreiben, malen, filmen.) An die dreißig Filme hat er gedreht, den Spezialpreis in Locarno, den Bundesfilmpreis erhalten. Aber wo können wir diese Werke sehen – und all die anderen? Von fünf Filmen gab es mal eine DVD Edition – sie ist vergriffen.

Das Münchner Filmmuseum hat die Filme im Archiv – darf sie aber nicht ausleihen, sagt die stellvertretende Leiterin Claudia Engelhardt. "Wir kriegen tatsächlich häufig Anfragen, auch von kommunalen Kinos zum Beispiel, die den Film oder die Filme von Achternbusch zeigen möchten. Und dann müssen wir leider immer absagen und sagen: Tut uns leid, geht nicht, wir können die Filme nicht verleihen. Wir haben sie zwar in unserem Archiv, wir haben auch das Negativ-Material. Wir dürfen die Filme bei uns zeigen im Kino, aber wir dürfen sie nicht ausleihen". 

Pläne für Achternbusch-Edition

Schon lange wollte das Münchner Filmmuseum die Achternbusch-Filme in ihrer Edition herausbringen, ein Vertrag mit Achternbusch kam jedoch nicht mehr zustande. Nun steht die Klärung der Nutzungsrechte mit den sechs Kindern, den Erben an. Denn wichtig ist der Zugang zum Werk, da sind sich alle einig, so Michael Ott: "Eigensinn, ist vielleicht das, was am ehesten für ihn spricht. Und dann ist das natürlich schon jemand, wo man sagen kann, okay, so kann es ja auch sein. Ich muss mich jetzt nicht an irgendwelche komischen vorgegebenen Kanäle, wo ich gut konsumierbare Dinge produziere. Das hat Achternbusch nie gemacht. Und deshalb, auch deswegen ist es wichtig, an ihn zu erinnern." 

Vielleicht ein guter, etwas verspäteter Neujahrsvorsatz für alle Beteiligten. Dann muss Achternbusch nicht erst von der nächsten neugierigen Generation "wiederentdeckt" werden. Wie hatte er mal gesagt? "Wissen ist Macht. Wer keine Macht will, kann genauso wenig wissen wie der, der keine Macht hat. Nicht Unwissenheit vernichtet uns, sondern das Wissen. Wer ist so weise, den wissenden Ihr Blabla vor zu machen. Leider wird den Blablalern ihr Blabla nachgeplappert."

Herbert Achternbusch
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Herbert Achternbusch

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