Frau im Portrait
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Die Autorin Mirijam Trunk

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Wie mehr Frauen in Führungspositionen kommen können

Mirijam Trunk gehört zu den jüngsten Führungskräften der Medienbranche. Um sie herum gibt es kaum andere Frauen. Warum das so ist und welche Rolle ihre Herkunft dabei spielt, hat sie aufgeschrieben. Auch, um Berufseinsteigerinnen zu helfen.

"Dinge, die ich am Anfang meiner Karriere gerne gewusst hätte. Warum im Berufsleben nicht alle die gleichen Chancen haben – und wie wir uns trotzdem durchsetzen" – so, der etwas länglich geratene Titel des Buches der 31-jährigen Bambergerin. Mit 27 Jahren wurde Mirijam Trunk Geschäftsführerin der Bertelsmann Audio Alliance und war verantwortlich für den Aufbau des noch jungen Podcast-Geschäfts. Mit 31 gehört sie zur ersten Führungsebene von RTL Deutschland. Das liegt auch an ihrer sozialen Herkunft, wie Trunk selbst sagt.

Zuhause gelernt: Fleiß und Disziplin

Die Mutter: Sozialpädagogin. Der Vater: ehemaliger Verbandsvorsitzender mit guten Verbindungen zu Politik und Wirtschaft. Zuhause wurde viel Wert auf Fleiß und Disziplin gelegt, wenn die Teenagerin mal nicht weiterwusste, dann half der Vater bei der Vermittlung eines Praktikums. Fürs Studium ging es ins Ausland. Ganz normal. Das dachte Trunk zumindest, bis sie den ersten Karrieregipfel erklomm und dort, umringt von weißen Männern, feststellen musste, dass sie alleine war. Bis dahin hatte sie angenommen, Gleichberechtigung sei längst erreicht. Mit Feministinnen fremdelte sie. Aber dann begann sie sich zu fragen, warum sie die einzige Frau war, woher es kam, dass sie oft einfach für die Sekretärin gehalten wurde.

Unterschiedliche Biografien, unterschiedliche Strategien

Reflektion sei ein elementarer Schritt, sagt Trunk. Heute wünscht sie sich, dass sie das schon früher erkannt hätte. Dann hätte sie wohl auch empathischer sein können, all jenen gegenüber, deren Startblock weit hinter ihrer Position gelegen hat. Gemeint sind all jene, die bis heute nicht an den Meetings teilnehmen können, die für Trunk inzwischen selbstverständlich geworden sind. Dass sie dort sitzt und keine andere Frau hat Gründe und einer lautet Privilegien. Die wurden ihr im Zuge der Recherche nochmal ganz besonders deutlich, denn Trunk ist eine heterosexuelle weiße Frau, finanziell sorgenfrei aufgewachsen, hatte Bildungschancen noch und nöcher und ein entsprechendes Selbstbild. Weil das allein aber wenig repräsentativ ist, hat Trunk für ihr Buch mit 15 anderen Frauen gesprochen. Ihre Erfahrungen und Perspektiven ziehen sich durch das Buch.

Mit dabei: Fränzi Kühne, einst Deutschlands jüngste Aufsichtsrätin, Louisa Dellert, Influencer-Pionierin, Bestseller-Autorin Alice Hasters, Unternehmerin und "Höhle der Löwen" Jurorin, Judith Williams, Sigrid Nikutta, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bahn AG, und Tessa Ganserer, Politikerin, um nur ein paar zu erwähnen. Frauen aus sehr unterschiedlichen Branchen, mit anderer Biographie und variierenden Lebensmodellen. Ihnen gemein: Sie sind beruflich unheimlich erfolgreich und haben Strategien entwickelt, um in einer männerdominierten Arbeitswelt voranzukommen.

Trunks Tipp: netzwerken

Frauen, die Teil von Trunks Netzwerk sind. Elementar, sagt sie, um aufzusteigen. Ein Tipp, der zwar banal erscheint, aber dennoch grundlegend ist. Frauen für Frauen, sagt Trunk. Ganz anders als es in Kinder-und Jugendbüchern oftmals vermittelt wird.

Für die 31-Jährige steht fest, dass Frauen auf der Führungsebene noch immer nicht gleichberechtigt vertreten sind, auch wegen der Geschichten, die wir sehen, erleben und uns gegenseitig erzählen. Es gibt schließlich nur eine Schlumpfine und nur eine Hermine. Dieses Phänomen heißt: unconscious bias. Das heißt: Wir ordnen die Welt auf Basis der Erfahrungen, die wir machen und da haben bis heute Männer, die Anzüge tragen, Verantwortung und Frauen eben nicht. Dieses Bild ist in vielen Köpfen nach wie vor weniger antiquiert, als man meinen möchte.

Hinzu kommt, dass es für Frauen in Filmen und Comics bislang nur wenige Rollen gab – wenn doch, dann mussten die oft etwas ganz besonders sein. Es sind auf menschlicher Ebene sowohl interne als auch externe Faktoren, die dazu führen, dass die Karriereleiter immer homogener wird, je weiter sie nach oben geht. Trunk geht es in ihrem Buch darum, einige Stellschrauben sichtbarer zu machen.

Wahre Gleichberechtigung gibt es für Männer aus ihrer Sicht derzeit auch nicht. Auch Männern bleibt noch viel zu oft nur eine Rolle: die des Versorgers. "Wirklich gleichberechtigt sind wir erst, wenn jeder die Wahl hat, welche Rolle er oder sie gerne einnehmen möchte – beruflich, wie privat."

"Dinge, die ich am Anfang meiner Karriere gerne gewusst hätte. Warum im Berufsleben nicht alle die gleichen Chancen haben – und wie wir uns trotzdem durchsetzen" ist bei Penguin erschienen.

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