Für die Brauerei Bischofshof ist es kostenlose PR: Sie produziert im Landkreis Kelheim auch die Weltenburger-Klosterbiere, die Lieblingsmarke von Andrij Melnyk (47), wie der frühere ukrainische Botschafter in Berlin und jetzige Vize-Außenminister per Twitter-Foto der Öffentlichkeit mitteilte. Dabei prostete Melnyk seinen Fans mit einem Glas im Trachtenjanker zu und versprach, sich "heute zu betrinken", weil er einfach "glückselig" sei über die "enorme Hilfe" aus aller Welt, womit er vermutlich die Panzerlieferungen meinte. Diese Geste sorgte für viel Aufregung. Die Brauerei Bischofshof mit Sitz in Regensburg allerdings wollte sich nach Angaben der "Passauer Neuen Presse" nicht zu dem Vorfall äußern.
"Tanke schön"
Auf Twitter schimpfen Melnyks Kritiker, er feiere "Deutschlands Kriegseintritt" mit Bier und werde bei der Lieferung von Kampfjets vermutlich auf Champagner umsteigen. Ein Kommentator schrieb aufgebracht: "Wie pervers kann man sein." Andere wünschten ihn an die Front, sprachen von einer "Schande für das deutsche Bier" und bedauerten, dass sich die Marke Weltenburger leider nicht aussuchen könne, wer sie konsumiere: "Die vielen Entgleisungen waren mindestens eine zu viel." Es gibt allerdings auch Stimmen, die Melnyk zubilligen, sich das Bier "verdient" zu haben und sich anboten, ihm zuzuprosten: "Tanke schön."
Es war von "Stammtisch-Niveau" die Rede und davon, dass Melnyk nicht Alkohol benötige, sondern "Einsicht". Zu seiner Zeit in Berlin hatte der Vize-Außenminister regelmäßig mit polemischen Äußerungen für Schlagzeilen gesorgt, etwa als er Bundeskanzler Olaf Scholz als "beleidigte Leberwurst" schmähte und sich später dafür entschuldigen musste. Während die einen seine Tonlage mit dem Krieg verteidigten, nannten sie andere "befremdlich", auch Vertreter der deutschen Opposition. Melnyk selbst nennt sich auf seinem Twitter-Profil einen "stolzen ukrainischen Diplomaten", dessen Ansichten "nicht notwendiger Weise der Position der Ukraine" entsprächen.
Mit Getränken und ihren Etiketten wird derzeit überhaupt viel Propaganda gemacht: In Kiew ist ein Craft-Bier im Angebot, das Altbundeskanzlerin Angela Merkel unter dem Namen "Frau Ribbentrop" zeigt, sie also optisch in Verbindung bringt mit dem NS-Außenminister, wohl wegen der ihr von ukrainischen Politikern nachgesagten einstigen Nähe zu Putin. In Russland freuten sie sich kürzlich darüber, dass eine polnische Brauerei ein "Lemberg"-Bier auf den Markt brachte, also die ukrainische Stadt quasi bereits "eingemeindete". In russischen Medien wird Melnyk als "Skandalnudel" bezeichnet.
"Deutsche Angst nur noch lächerlich"
Melnyk scheint derweil nicht vorzuhaben, seine Tonlage zu mäßigen. Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht nannte er wegen ihrer Skepsis gegenüber Waffenlieferungen eine "widerliche Hexe" und wollte das im Nachhinein als "Kompliment" verstanden wissen. Bei den Karikaturisten der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", Greser & Lenz, bedankte er sich für eine Zeichnung, die ihn als Paten von Stinktieren zeigt. Russen bezeichnete er als "krank im Endstadium", seine Forderung nach der Lieferung von Kampfjets leitete er mit einem "Halleluja" ein.
"Diese deutsche Angst, die absolut irrationale Furcht, dass die Lieferung von Leopard-Panzern Russland dazu bringt, den Krieg auszuweiten, ist nur noch lächerlich", so Melnyk. Seine Forderung nach Tornado-Flugzeugen nannte er eine "kreative Idee". Um das Verhalten Deutschlands einzuschätzen, wollte er nach eigenen Worten schon einen "Hellseher" anstellen und fragte sich, warum sich Deutschland "so gerne selbst ins Knie schießt".
"Romantische Einstellung der Deutschen"
Umstritten dürfte auch seine jüngste Bemerkung auf einer Tagung in der Ukraine sein, wo er den Deutschen vorwarf, immer noch eine "romantische Einstellung" zur Ära der Teilung des Landes zu haben. Anders ausgedrückt: Melnyk kritisierte, dass es immer noch Deutsche gebe, die der DDR und der BRD hinterhertrauern. Anlass für seine Äußerung war die Frage, wie lange es dauern werde, bis die Bevölkerung im teilweise russisch besetzten Donbass sich zur Ukraine bekennen werde.
Im eigenen Land weicht Melnyk offenbar auch keinem Fettnäpfchen aus: Mal buchstabiert er die Stadt Lwiw angeblich falsch als "Lviv", mal nennt er sie zum Unwillen seiner Landsleute deutsch "Lemberg", mal lässt er sich dort vor einem Restaurant fotografieren, das den Namen des Wodka-Fabrikanten Józef Adam Baczewski (1829 - 1911) trägt, einem Mann, der die Stadt eher als österreichisch verstand denn als ukrainisch.
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