Ein Mann sitzt mit seinem Vater auf einer Parkbank
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Was schulde ich meinen Eltern?

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Was schulden erwachsene Kinder ihren Eltern?

Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern ist nicht immer einfach. Sie kann – auf beiden Seiten – von falschen Erwartungen geprägt sein. Wie gelingt ein gutes und erwachsenes Verhältnis zu den Eltern und was schulde ich meinen Eltern?

Über dieses Thema berichtet: STATIONEN am .

Ist man als Kind verpflichtet, die Pflege der Eltern zu übernehmen? Müssen Kinder ein schlechtes Gewissen haben, wenn sie die Erwartungen ihrer Eltern enttäuschen, um ihren eigenen Interessen und Lebensvorstellungen nachzukommen? Diese Fragen treiben viele erwachsene Kinder um, vor allem dann, wenn die eigenen Eltern bedürftiger werden und auf fremde Hilfe angewiesen sind.

Wie sieht ein gesundes Verhältnis zwischen erwachsenen Kindern und ihren Eltern aus?

Die Psychologin und Autorin Sandra Konrad beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit dem Eltern-Thema und macht in ihrer Arbeit als Familientherapeutin die Erfahrung, dass viele Menschen mit ihren Eltern zu sehr verstrickt sind: Schuldgefühle und Enttäuschungen bestimmen aufgrund zu hoher gegenseitiger Erwartungen die Beziehung. "Doch irgendwann ist es für uns alle an der Zeit, Abschied zu nehmen. Damit gemeint ist nicht der Bruch mit den Eltern, sondern die Ablösung von elterlichen Erwartungen und Aufträgen," sagt die Familientherapeutin.

Diese emotionale Abnabelung sei ein lebenslanger Prozess und eine der schwierigsten Aufgaben im Leben. "Denn erst wenn wir unangemessene Abhängigkeits- und Schuldgefühle aktiv bearbeiten, können wir uns gesund von unseren Eltern lösen und glücklichere Beziehungen sowie ein eigenständiges Leben führen."

"Es gehört zum Erwachsenwerden dazu, dass wir die Enttäuschung unserer Eltern aushalten." Sandra Konrad, Autorin

Eltern-Kind-Beziehung: Dankbarkeit ja, Schuldgefühle nein

"Man kann als Kind seine Eltern lieben, dankbar sein und ihnen viel zurückgeben wollen. Aber wir können nicht von Schuld sprechen. Töchter und Söhne haben den Eltern gegenüber keine Schuld. Wenn eine familiäre Beziehung mit Schuld aufgeladen wird, dann entwerten wir sie regelrecht." Denn eine echte Bindung entstehe aus Liebe und aus dieser könne tiefe Dankbarkeit und auch der Wunsch entstehen, sich um die Eltern zu kümmern. "Aber das ist etwas Freiwilliges. Und das ist ja auch eigentlich das, was sich die meisten Eltern wünschen."

Ablösung von den Eltern: Warum sie für das Lebensglück entscheidend ist

Ablösung ist in vielen Lebensbereichen nie ein einzelner Schritt, sondern immer ein langer, manchmal sogar ein lebenslanger Prozess. Und so ist es auch mit der Eltern-Kind-Beziehung. "Der erste Schritt ist, sich von den Erwartungen unserer Eltern zu lösen, wenn die nicht zu uns passen," sagt Sandra Konrad. "Und der zweite Schritt ist, auch die eigenen Erwartungen an die Eltern zu hinterfragen."

Und es helfe, aus einer erwachsenen Perspektive auf die Eltern zu schauen und zu fragen: Wie war deren Kindheit? Was haben sie denn eigentlich erlebt und von ihren Eltern mitbekommen? Das könne eine Milde, einen inneren Frieden in die Beziehung zu den Eltern bringen.

Dieser Artikel ist erstmals am 21.05.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

Buchtipp: "Nicht ohne meine Eltern - Wie gesunde Ablösung all unsere Beziehungen verbessert", von Sandra Konrad, erschienen im Piper Verlag.

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Rund ums Thema "Was schulde ich meinen Eltern" geht es in der Sendung STATIONEN, am Mittwoch, 17. Mai 2023 um 19 Uhr im BR Fernsehen und in der ARD Mediathek.