Die Sammlung Gerlinger ist eine der größten und bekanntesten des deutschen Expressionismus. Sie umfasst rund 1.000 Objekte: Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Holzschnitte, Postkarten, Skulpturen. Dass diese mal versteigert werden würde, damit hat selbst Auktionator Robert Ketterer nicht gerechnet. "Ich war bei ihm und da sagte er: Ich möchte mich von Objekten trennen und da hab ich gesagt, ja von was denn? Da zeigte er auf seinen Katalog, auf den dicken Katalog von 2005 wo die 1.000 Objekte drin sind. Da hab ich ihn gefragt, Herr Gerlinger, ja ich verstehe, aber was möchten Sie daraus verkaufen. Dann sagte er: Alles!"
Herrmann Gerlinger, ein Würzburger Unternehmer, hat seit den 1950er-Jahren eine Sammlung aufgebaut, die einzigartig ist. Er hat sich dabei auf die "Brücke"–Maler konzentriert, jene Künstlergruppe die 1905 in Dresden gegründet wurde. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff.
Sammlung zu den Malern der Brücke
Seit 1995 war die Sammlung in Deutschen Museen. Zunächst in Schleswig Hollstein, dann in Sachsen Anhalt und seit 2017 im Buchheim Museum in Bernried.
"Es ist wirklich deutsches Kulturgut und zwar die Sammlung in ihrer Geschlossenheit. Denn niemand anderes hat so geschlossen und chronologisch, systematisch, enzyklopädisch eine Sammlung zu den Malern der Brücke angelegt. Und das ist als Ganzes aus meiner Sicht deutsches Kulturgut, das erhalten bleiben muss", sagt Daniel J. Schreiber, Direktor des Buchheim Museums.
Leihvertrag mit Buchheim Museum vorzeitig aufgelöst
Man war seitens des Buchheim Museums zu Allem bereit. Bis hin zu grundlegenden Änderungen des Museums in seiner Baulichkeit und seiner Benennung. Die Zusammenlegung der beiden Sammlungen, die von Buchheim und Gerlinger, hätte eine Sammlung erster Güte gegeben – davon ist Schreiber überzeugt. Der Leihvertrag war auf zehn Jahre angelegt, wurde aber vorher aufgelöst. Was immer die Gründe des Sammlers gewesen sein mögen.
Daniel J. Schreiber, Direktor des Buchheim Museums
Noch sind zwölf Gemälde im Buchheim Museum, werden auch in der nächsten Sonderausstellung "Die Brücke und der Blaue Reiter" präsentiert. Doch im November ist das Kapitel Gerlinger in Bernried dann abgeschlossen.
Hermann Gerlinger ist 90 Jahre alt, seine Frau 102. Er hat keine Kinder. Die Suche nach einem neuem Zuhause für seine Sammlung war ihm zu anstrengend, so kommt es jetzt zur Versteigerung.
Gerlinger will Erlös spenden
45 Werke sind diesmal aufgeführt. Darunter die "Kinder" von Erich Heckel taxiert auf 600.000 bis 800.000 Euro oder Ernst Ludwig Kirchners "Ringer" die mit 400.000 bis 600.000 Euro veranschlagt sind. Den Erlös will Gerlinger übrigens spenden: an die Stiftung Denkmalschutz, den Bund Naturschutz und dem Juliusspital in Würzburg.
"Die Sammlung", so sagt Robert Ketterer, "wird nicht in Deutschland bleiben. Vielleicht einige Teile, auch wichtige Teile. Aber wir haben auch Anfragen von vielen Museen und, leider Gottes, nicht mehrheitlich deutsche Museen".
Denn die verfügen nur über einen geringen Ankaufsetat und sind meist auf Stiftungen angewiesen. Der Freistaat sieht sich auch nicht in der Pflicht, da das Buchheim Museum zu den nichtstaatlichen Museen gehört.
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