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Verlorene Dinge des Alltags in der NS-Zeit

Der Fokus liegt meist auf millionenschwerer Kunst, aber während der Deportationen in der NS-Zeit, blieben auch hunderttausende Alltagsgegenstände jüdischer Familien zurück. Was passierte mit ihnen? Das interessiert die Historikerin Carolin Lange.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Alles begann mit dem Spitzendeckchen einer Historiker-Kollegin. Die Großmutter hatte es in der NS-Zeit von einer jüdischen Familie bekommen, kurz vor deren Deportation, und dann weiter gegeben, an die Tochter, die Enkelin. Keiner benutzte es wirklich, aber wegschmeißen konnte man es auch nicht. Über enteignete Kunst und Wertgegenstände aus jüdischem Besitz wird viel berichtet – die ganz normalen Dinge des Alltags aber sind weitgehend unbeachtet geblieben, sagt die Provenienzforscherin Carolin Lange. Sie recherchiert für ein Buch, es geht um die Geschichten hinter all den zurück gelassenen Töpfen, Tischdecken, Kinderwägen, Silberlöffeln:

"Wie wurde in einer Familie darüber geredet, welche Generation hat es jetzt. Oft wird von dem Vorabend der Deportation erzählt – da denke ich mir, was muss da im Gang gewesen sein, wenn alle noch ihre Dinge zu Freunden und Nachbarn gebracht haben. Das scheint mir auch ein psychologischer Mechanismus zu sein, um mit dieser Flut von Gefühlen, Schuldgefühlen, Überwältigungsgefühlen zurecht zu kommen." Carolin Lange, Historikerin

Lange bietet Sprechstunden an, in denen man ihr Gegenstände aus der eignen Familie, bei denen man vermutet, sie gehörten einst deportierten oder geflohenen Juden zeigen kann. Sie arbeitet dafür auch mit dem Stadtmuseum zusammen, dort läuft eine Ausstellung zum Thema.

Die nächsten „Sprechstunden“: 31.05. zwischen 10 und 13 Uhr im Stadtmuseum München. Am Montag, 4 . Juni, hält Carolin Lange einen Vortrag an der Münchner VHS.