Harris Dickinson als Carl und Charlbi Dean als Yaya in einer Szene des Films "Triangle of Sadness"
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Harris Dickinson als Carl und Charlbi Dean als Yaya in einer Szene des Films "Triangle of Sadness"

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"Triangle of Sadness" räumt beim Europäischen Filmpreis ab

Beim Europäischen Filmpreis gewinnt die Satire "Triangle of Sadness" die meisten Auszeichnungen. Regisseur Ruben Östlund widmet seine Trophäe einem besonderen Menschen. Und Schauspielerin Vicky Krieps macht in ihrer Dankesrede ein großes Thema auf.

Es gibt Kinoszenen, die man nicht mehr so leicht aus dem Gedächtnis bekommt. Die langen Aufnahmen in der Satire "Triangle of Sadness", wie sich reiche Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff übergeben, gehören dazu. Bei der Verleihung des Europäischen Filmpreises hat die Produktion nun gleich vier Auszeichnungen gewonnen – so viele wie kein anderer Film.

Regisseur Ruben Östlund bedankte sich am Samstagabend im isländischen Reykjavik und widmete seinen Regiepreis der Schauspielerin Charlbi Dean. Sie spielt in dem Film eine modelnde Influencerin und war im Sommer überraschend im Alter von 32 Jahren gestorben.

"Triangle of Sadness" erzählt von einer Luxuskreuzfahrt, die anders endet als gedacht. Die Geschichte setzt sich kritisch mit dem Kapitalismus und der modernen Gesellschaft auseinander und stellt die Frage, wie überlebensfähig viele Menschen wohl wären, wenn sie plötzlich ohne bisherige Privilegien auskommen müssten. Der Film hatte in diesem Jahr bereits die Goldene Palme in Cannes gewonnen.

Zeit der Frauen habe gerade erst begonnen

Die Europäische Filmakademie zeichnete die Produktion nun als besten Film aus. Preise gab es zudem für Regie, Drehbuch und Darsteller Zlatko Burić. Die Auszeichnung für die beste Schauspielerin ging an Vicky Krieps. Die Luxemburgerin wurde für ihre Rolle in "Corsage" geehrt – in dem Film der österreichischen Regisseurin Marie Kreutzer spielt sie Kaiserin Elisabeth, aka "Sisi".

Als Krieps Name verkündet wurde, fasste sich die 39-Jährige, die per Video zugeschaltet war, kurz an die Stirn und die Kappe, die sie unter einem Kapuzenpullover trug. Sie sagte, sie habe keine gute Beziehung zu Auszeichnungen und wolle ihren Preis deshalb "allen Frauen auf der ganzen Welt widmen, die gesehen und gehört werden müssen, die sich befreien und von diesen tiefen, tiefen Wunden heilen müssen", die sie seit Generationen trügen. Sie müssten heilen, damit Männer und Frauen wieder zusammenkommen könnten.

Regisseurin Margarethe von Trotta ("Hannah Arendt") wurde für ihr Lebenswerk geehrt. Im Saal standen Gäste auf und applaudierten für die deutsche Filmemacherin. Die 80-Jährige erinnerte daran, dass vor ihr erst zwei Regisseurinnen diese Auszeichnung bekommen hätten. Sie glaube, die Zeit der Frauen habe gerade erst begonnen.

Tochter nimmt Preis von ermordetem Filmemacher entgegen

Der Europäische Filmpreis zählt zu den renommiertesten Auszeichnungen der Branche. Die rund 4.400 Mitglieder der Filmakademie konnten in einigen Kategorien über Preisträgerinnen und Preisträger abstimmen, ähnlich wie bei den Oscars in den USA. Die Auszeichnung für den besten Dokumentarfilm ging an "Mariupolis 2" von Mantas Kvedaravičius. Der litauische Filmemacher war nach Angaben der Akademie nach Ausbruch des russischen Angriffskriegs in die Ukraine zurückgekehrt, gefangen genommen und getötet worden. In Island nahm seine Tochter den Preis entgegen. Sie sagte, wie stolz sie auf ihn sei. In einer weiteren Kategorie wurden Filmproduzentinnen und Filmproduzenten in der Ukraine geehrt.

Der Europäische Filmpreis wird in der Regel abwechselnd in Berlin und einer anderen europäischen Stadt verliehen. Die Gastgeber in Island zeigten sich während der dreistündigen Verleihung oft selbstironisch. Das Moderatorenduo scherzte, wie schwer es sei, isländische Namen auszusprechen oder dass man sich Zeit bei der Dankesrede lassen solle. Wer brauche schon After-Show-Partys? Ihr Tipp, wie sich Nominierte verhalten sollen, wenn sie verlieren: "Fluchen Sie nicht! Es sind Kameras in der Nähe und die Menschen können Lippen lesen."

Nicht der erste Preis für Triangle-of-Sadness-Regisseur

Als beste Komödie wurde "Der perfekte Chef" mit Schauspieler Javier Bardem geehrt, auch wenn das Filmteam anmerkte, der Film sei doch eher ein Drama. Einige Gewinnerinnen und Gewinner standen bereits vorab fest – so gewann das Filmteam von "Im Westens nichts Neues" zwei Auszeichnungen, für die visuellen Effekte und das Maskenbild. Der Film, der für Deutschland ins Rennen um den Auslandsoscar gehen soll, war in den Hauptkategorien nicht nominiert.

Der Italiener Marco Bellocchio ("Exterior Night") wurde für innovatives Storytelling ausgezeichnet, der palästinensische Regisseur Elia Suleiman ("Vom Gießen des Zitronenbaums") für seine Verdienste um das Weltkino. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, schickte ein Video – ihr Programm European Green Deal erhielt einen Nachhaltigkeitspreis.

Für Ruben Östlund war es nicht der erste Europäische Filmpreis. Der Schwede hatte bereits 2017 mit "The Square" abgeräumt. Darin setzte er sich kritisch mit dem Kunstbetrieb auseinander und bekam dafür sogar noch mehr Preise. Sein aktueller Film "Triangle of Sadness" läuft in Deutschland seit Oktober im Kino.

Die wichtigsten Preise im Überblick:

Bester Film: "Triangle of Sadness" von Ruben Östlund

Beste Regie: Ruben Östlund ("Triangle of Sadness")

Beste Schauspielerin: Vicky Krieps ("Corsage")

Bester Schauspieler: Zlatko Burić ("Triangle of Sadness")

Bestes Drehbuch: Ruben Östlund ("Triangle of Sadness")

Bester Dokumentarfilm: "Mariupolis 2" von Mantas Kvedaravičius

Bester Animationsfilm: "No Dogs or Italians Allowed" von Alain Ughetto

Beste Komödie: "Der perfekte Chef" von Fernando León De Aranoa

European Dicovery (Prix Fipresci): "Small Body" von Laura Samani

Lebenswerk: Margarethe von Trotta ("Hannah Arendt")

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Mit Material der dpa