Es sind chaotische Zeiten für Polizist Ben. Seine Frau hat ihn für einen anderen Mann verlassen, die beiden Kinder sieht er nur am Wochenende. Und dann entdeckt Ben, dass der 11-jährige Sohn Oskar immerzu ein Kleid tragen will. Die Grundkonstellation in "Oskars Kleid", Drehbuch: Florian David Fitz, der auch die Rolle des überforderten Vaters spielt, liebevoll, aber auch ein Schuss Macho, der von traditionellen Geschlechterbildern geprägt ist. Und gar nicht fassen kann, was ihm der Kinder-Therapeut eröffnet: "Ich glaube nicht, dass ihr Sohn schwul ist. Ich glaube es ist möglich, dass ihr Sohn ein Mädchen ist."
Hitzige Debatten
Erstmal fliegt ein Stuhl gegen das Fenster. Und Ben entdeckt: Oskar lebt als Mädchen, sie heißt jetzt Lili. Das Kleid wandert erstmal in die Mülltonne. Wut und Irritation. Für Ben scheint klar: Sein Sohn zieht sich nur deshalb wie ein Mädchen an, weil ihm der Vater fehlt. Die Aussprache mit der Ex verläuft entsprechend hitzig. Er: "Was denkst du dir eigentlich? Oskar sagt einmal Pieps und jetzt ist das ein Fakt. Gestern wollte er noch Feuerwehrmann werden und heute ist er Mädchen?!" Sie: "Bitte, wir können jetzt so viel kaputtmachen. Lass uns das bitte nicht verkacken!"
Autor und Darsteller Florian David Fitz will mit dem Stoff verschiedene Fragen der Trans-Identität ansprechen und lässt dabei gesellschaftliche Normen aufeinanderprallen. Verpackt als wohlige Tragikomödie, die nicht auf brachiale Gags setzt, sondern die Thematik sensibel angeht. Die Überforderung von Eltern, Großeltern, dem beruflichen Umfeld, die Abwehr gegen die Identitätssuche des Kindes: All das hat authentische Momente.
Was würdest Du machen?
Florian David Fitz: "Mir war es sehr wichtig, nicht mit einem didaktischen Zeigefinger ranzugehen. Das ist die richtige Handlung, so wird das richtig genannt, das sind die korrekten Pronomen, so musst du es sagen. Sondern wirklich jemanden zu nehmen, der unbeleckt ist, und den Zuschauer da zu packen und zu fragen: Was würdest du machen? Was würdest du machen, wenn dein Kind das sagt? Und jetzt gehen wir zusammen auf 'ne Reise. Und wie du rauskommst aus dem Film, ist deine Sache."
Die 11-jährige Laurí überzeugt mit ihrem Spielfilmdebüt. Versiert wechselt sie zwischen den Rollen Oskar und Lili. Variiert minimal, aber effektiv, die Körpersprache. Macht den Druck sichtbar, der auf sie vor allem von außen einwirkt. Aber auch ihr großes Selbstbewusstsein, ihren Weg zu gehen. Und auch Florian David Fitz verleiht seinem zweifelnder Vater die nötigen Brüche, um ihn zu einer spannenden Figur zu machen.
Leider nicht aus der Sicht des Kindes
Diversität, Transgender, Geschlechter-Klischees: Die Tragikomödie verpackt zum Teil kontrovers geführte Diskussionen in einen kurzweiligen Plot. Noch authentischer wäre es gewesen, die Geschichte nicht über, sondern aus der Sicht des Kindes zu erzählen. Das Themengebiet ist noch lange nicht auserzählt. "Oskars Kleid“ macht schon mal einen Schritt in die richtige Richtung.
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