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Coco Schumann

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Swing-Legende und KZ-Überlebender: Coco Schumann gestorben

Swing-Legende und KZ-Überlebender: Coco Schumann gestorben

Coco Schumann , geboren 1924 in Berlin, war Halbjude - und begeisterte sich früh für den Swing. Beides brachte ihn ins Visier der NS-Verfolgung. Dank der Musik hat er drei KZs überlebt, nun ist Schumann im Alter von 93 Jahren gestorben.

Über dieses Thema berichtet: LÖSCHEN Kultur am .

Mit seiner Band Coco Schumann Quartet feierte Schumann internationale Erfolge, nach dem Zweiten Weltkrieg spielte er als einer der ersten in Deutschland auf einer E-Gitarre. Der 1924 geborene Heinz Jakob Schumann, wie er eigentlich hieß, war Sohn eines christlichen Vaters und einer jüdischen Mutter. Seinen Spitznamen Coco soll er von einer französischen Freundin bekommen haben, die seinen Vornamen nicht aussprechen konnte.

Autodidakt mit dem Feeling für den Swing

Schumanns Vater konvertierte aus Liebe zur Mutter zum Judentum. In frühen Jahren brachte sich Schumann Gitarre und Schlagzeug selber bei und trat noch als Minderjähriger mit Swing-Bands in Berliner Bars und Tanzlokalen auf. Gefragt, woher sein Gefühl für den Swing kam, antwortet Schumann vor zwei Jahren im Interview mit der ZEIT entschieden: "Ist angeboren. Das kann man nicht lernen. Das kommt von innen heraus."

Bei den Nazis war die "Niggermusik" geächtet, Schumann spielte dennoch begeistert bei getarnten Auftritten in Bars und Kellern in Berlin. 1943 wurde er denunziert und verhaftet - unter der Beschuldigung, seinen Judenstern nicht getragen, verbotene Musik gespielt und arische Frauen verführt zu haben. Ins KZ Theresienstadt deportiert, musste Schumann als Mitglied der "Ghetto Swinger" für die SS Konzerte geben. Im September 1944 kam er mit der Band in das Vernichtungslager Auschwitz, die "Ghetto Swingers" wurden gezwungen, für Neuankömmlinge und beim Abmarsch der Arbeitskolonnen zu musizieren.

"Wenn ich spielte, vergaß ich, wo ich war. Ich vergaß Hunger und Elend, die ausgemergelten Menschen, die vielen Toten. Wir waren eine 'normale' Band mit 'normalem' Publikum. Wir wussten alles und vergaßen alles im selben Moment. Die Musik war ein Schutzschild. Musik und Witze." Coco Schumann 2015 im Interview mit der ZEIT

Kein musikalischer Purist

Lange schwieg Coco Schumann über seine Erlebnisse - und er blieb, nachdem er 1945 bei einem "Todesmarsch" von den US-Truppen befreit worden war, in Deutschland. "Ich bin ein Musiker, der im KZ war und kein KZler, der Musik macht", sagte er über sich, seine schwierige Geschichte und seinen Beruf. Bald fand Schumann wieder Anschluss an die Jazz-Szene, trat unter anderem mit dem Jazz-Geiger Helmut Zacharias und dem Pianisten und Sänger Bully Buhlan auf, spielte im Radio und nahm Schallplatten auf. Coco Schumann hat die Musik nie streng kategorisiert und hatte mit eingängigeren Formen keine Probleme. So begleitete er auch die Geschichte der deutschen populären Musik bei zahlreichen Einspielungen für den Rundfunk, trat auf Kreuzfahrtschiffen auf und ist als Komponist in verschiedenen Stilen hervorgetreten.

1950 wanderte Schumann mit seiner Familie nach Australien aus, kehrte vier Jahre später aber wieder zurück. Schumanns Autobiografie "Der Ghetto-Swinger" wurde 2012 als Musical an den Hamburger Kammerspielen aufgeführt. Coco Schumann starb am Sonntag im Alter von 93 Jahren in Berlin, wie seine Plattenfirma Trikont am Montag unter Berufung auf seine Familie in München bestätigte.

(Quelle: dpa / Trikont)