Große Aufregung in Dresden: Im dortigen "Militärhistorischen Museum" geht es offenbar drunter und drüber. Eine Sonderausstellung zum heiklen Thema "Gewalt und Geschlecht" wurde ohne Angaben von Gründen auf das nächste Jahr verschoben. Direktor Matthias Rogge im Rang eines Bundeswehrobersten wurde im vergangenen Frühjahr angeblich "auf eigenen Wunsch" versetzt, nach Presseberichten um "Widerständen im Haus" auszuweichen. Auch der zivile Generalkurator Gorch Pieken musste offenbar gehen und arbeitet jetzt in Berlin-Gatow. Die Spannungen sind offenkundig, von "Grabenkämpfen", Intrigen und wüsten Auseinandersetzungen hinter den Kulissen ist die Rede. In der Bayern-2-Kulturwelt zeigte sich der renommierte Militärhistoriker Bernhard Kroener aus Freiburg besorgt:
Das nährt bei mir den Verdacht, dass hier in Teilen die Rückkehr zu einem traditionellen Militärmuseum angedacht wird. Das wäre schade.
"Thematische Engführung vermeiden"
Kroener ist Experte für die deutsche Militärgeschichte seit dem Dreißigjährigen Krieg und war einer der Gründerväter des Museums in Dresden. Von Anfang an war das Konzept umstritten, fürchteten doch viele eine reine Waffenschau und eine Verherrlichung des Militärs, vor allem der Wehrmacht der Nazi-Zeit.
Ein traditionelles Militärmuseum, wie wir es aus anderen europäischen Staaten kennen, lässt sich angesichts der Gewaltverherrlichung in der deutschen Geschichte zumal des 20. Jahrhunderts eigentlich nicht mehr realisieren. Wir mussten das Museum also in seiner Konzeption neu erfinden. Da stellte sich uns die Frage: Ein Haus, das die Bedeutung von Militär und Krieg darstellen soll, andererseits aber auch die Auswirkungen kollektiv erfahrener, organisierter Gewalt auf die Gesellschaft darstellen soll - das war sozusagen der multiperspektivische Ansatz, den wir gewählt werden. Vor allem vor dem Hintergrund, dass nahezu jede deutsche Familie Opfer von Kampfhandlungen, Gefangenschaft, Bombenkrieg, Flucht und Vertreibung zu beklagen hat, musste eine inhaltliche Engführung auf die Geschichte des Militärs und des Krieges vermieden werden. - Bernhard Kroener
Was will das Ministerium?
Kroener äußerte seine Verwunderung, dass einzelne Mitarbeiter das Problem darstellen sollen. Seiner Kenntnis nach sei Matthias Rogge ein kompetenter, in der Wissenschaft unbestrittener Fachmann.
Es gibt eigentlich keine Spannungen zwischen Militär- und Zivilpersonen. Es wohl viel mehr so, dass das aus dem Ministerium oder aus interessierten Kreisen der Bundeswehr kommt, die eine etwas andere Sicht auf die deutsche Militärgeschichte haben möchten.
"Auf der Höhe der Forschung"
Gerüchteweise heißt es, dass konservative Kreise in Dresden, möglicherweise im Umfeld der AfD, eine radikale Kehrtwende im Militärhistorischen Museum befürworten. Demnach soll sich das Haus mehr an andere internationale Militärmuseen orientieren. Der amtierende Direktor Oberstleutnant Armin Wagner sagte in einem Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung", sein Haus sei "überfordert" von manchem Ausstellungskonzept. Er selbst stehe aber nicht für eine technische, sondern "anthropozentrische" Ausrichtung. Auf Vorwürfe, das Gründungskonzept sei zu "linksliberal" gewesen, antwortete Bernhard Kroener:
Ich würde das Etikett linksliberal nicht gerne verwenden. Es ist ein Museum gewesen, das bei der Gründung auf der Höhe der historischen Forschung war und auch noch ist. Ich glaube, das tut einem deutschen Museum auch sehr gut.