Burg Hohenzollern südlich von Tübingen im Frühjahr
Bildrechte: pa/dpa

Haus Hohenzollern verzichtet auf Tausende Kunstwerke

  • Artikel mit Video-Inhalten

Streit um Kunstwerke: Haus Hohenzollern zieht Forderungen zurück

Georg Friedrich Prinz von Preußen zieht im langen Streit um ungeklärte Eigentumsfragen und Ausgleichsleistungen weitreichende Forderungen des Hauses Hohenzollern an den deutschen Staat zurück. Das sind die Hintergründe.

Im langjährigen Streit mit der Bundesregierung um ungeklärte Eigentumsfragen und Ausgleichsleistungen für Tausende Kunstwerke hat der Chef des Hauses Hohenzollern, Georg Friedrich Prinz von Preußen, einen Verzicht angekündigt. Der Rückzug der Forderungen sei seine persönliche Entscheidung, die er "unabhängig von möglichen Erfolgschancen" getroffen habe, sagte der Urenkel von Kronprinz Wilhelm von Preußen der Zeitung "Welt". Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) begrüßte die Ankündigung ebenso wie Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange.

4.000 Kunstwerke und Inventar zweier Schlösser

Konkret geht es um etwa 4.000 Kunstwerke, die sich nach Angaben von Georg Friedrich Prinz von Preußen in Liegenschaften seiner Familie in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone befanden und die im Zeitraum von 1945 bis 1949 ohne Gerichtsurteil enteignet wurden. In einer zweiten Klage geht es unter anderem um Inventar aus den Schlössern Rheinsberg und Schloss Cecilienhof in Potsdam.

Unterstützung der Nationalsozialisten im Dritten Reich?

Im Ausgleichsleistungsgesetz von 1994 steht unter anderem, dass es keine Ausgleichszahlungen für enteignete Besitztümer gibt, wenn der vorige Eigentümer zum Beispiel gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder dem nationalsozialistischen oder dem kommunistischen System in der sowjetisch besetzten Zone oder in der Deutschen Demokratischen Republik erheblichen Vorschub geleistet hat.

Bei der Zuordnung der Kunstwerke ist dem Bericht zufolge deshalb die Frage relevant, "ob mein Urgroßvater Kronprinz Wilhelm von Preußen durch sein Verhalten den Nationalsozialisten 'Vorschub geleistet' hat". Mit dem Ende des Verfahrens wolle er den Weg freimachen für eine "unbelastete Debatte", sagte der Hohenzollern-Chef. Er habe "überhaupt kein Problem" damit, sich mit der Geschichte seiner Familie "kritisch auseinanderzusetzen".

"Mein Urgroßvater hat die Nähe zum NS-Regime gesucht"

Es sei absolut richtig, "sich mit Kronprinz Wilhelm kritisch auseinanderzusetzen". Es sei bei diesem zwar "nicht eindeutig nachweisbar", dass er den Nationalsozialisten Vorteile verschafft habe, "selbst wenn er es selbst gewollt haben sollte". Er habe aber "ganz klar die Nähe zum NS-Regime gesucht". Als Person, die sich dem "Rechtsextremismus angebiedert" habe, könne er "nicht für unser Haus traditionsstiftend sein".

Der Prinz von Preußen bezeichnete es zudem als Fehler, in der Vergangenheit juristisch gegen Historiker und Journalisten vorgegangen zu sein. Er bedauere, nicht früher und häufiger "das persönliche Gespräch gesucht zu haben, in dem man Vieles hätte klären können". Daher habe er entschieden, "alle noch offenen Verfahren zu beenden, was inzwischen auch umgesetzt wurde". Was rechtens sei, müsse nicht immer richtig sein.

Er wolle allerdings auch klarstellen: "Ich habe zu keinem Zeitpunkt versucht, wissenschaftliches Arbeiten einzuschränken. Wenn das so empfunden wurde, tut es mir leid."

Verhandlung um Kunstwerke seit 2014

Der Bund sowie die Länder Brandenburg und Berlin verhandeln mit den Hohenzollern seit 2014 über die Rückgabe von zahlreichen Kunstobjekten und über Entschädigungen. Die Gespräche ruhen, nachdem Brandenburg einen seit 2015 laufenden Prozess um enteignete Immobilien wieder aufgenommen hat. Das Land hatte eine Entschädigung auf Basis des Einigungsvertrages abgelehnt. Dagegen klagen die Hohenzollern. Es geht um 1,2 Millionen Euro.

Debatte zu NS-Belastung des Hauses Hohenzollern in der Bundespressekonferenz

Für Donnerstag kündigte Georg Friedrich Prinz von Preußen ein Historiker-Podium in der Bundespressekonferenz an, um die Debatte über seine Familie fortzuführen sowie der Öffentlichkeit eine digitalisierte Quellensammlung zum politischen Wirken von Kronprinz Wilhelm von Preußen vorzustellen. Letztere habe der Historiker Lothar Machtan im Auftrag des Prinzen von Preußen erarbeitet.

Seit Jahrzehnten versucht die Familie des letzten deutschen Kaisers, Ausgleichszahlungen für nach dem Zweiten Weltkrieg enteignete Vermögenswerte zu erlangen. Betroffen sind vor allem Immobilien, die in der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, lagen.

Mit Informationen von AFP, epd, KNA und dpa

Burg Hohenzollern südlich von Tübingen im Frühjahr im Abendrot
Bildrechte: pa/dpa

Burg Hohenzollern südlich von Tübingen im Frühjahr

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!