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Fremantle Prison

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Sträflingskolonie wird Museum: Weltkulturerbe Fremantle

Fremantle im Südwesten Australiens gilt als hippes Künstler- und Vorortstädtchen der Metropole Perth. Zugleich steht hier eines der ältesten Gefängnisse des fünften Kontinents. Bis 1991 in Betrieb, wurde es UNESCO-Weltkulturerbe. Von Michael Marek

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts diente das Fremantle Prison dem britischen Empire in Australien als Sträflingskolonie - von 1855 bis 1991 war das Gefängnis in Betrieb. Heute ist ein Touristenmagnet in ganz Australien. Altehrwürdig würde man die Einrichtung nennen, wäre sie eine Universität. Stattdessen saßen hier britische Sträflinge ein, gewöhnliche Kriminelle, politische Häftlinge und viele zu Unrecht verurteilte Aborigines, australische Ureinwohner. Nicht nur an ihr Schicksal wird in dem Museum erinnert, an die sogenannte DOING TIME, die Zeit, die die Häftlinge im Gefängnis einsaßen. Michael Marek hat das Fremantle Prison besucht.

Sträflinge ebneten die Landschaft

Fremantle im Südwesten Australiens: Die Hafenstadt am Indischen Ozean, wird von ihren siebeneinhalbtausend Einwohnern liebevoll FREO genannt. Hier gibt es vor allem Holzhäuser mit schönen Schnitzereien, dazwischen viktorianische Gebäude. Auf einer kleinen Anhöhe erhebt sich das bedeutendste Gebäude der Stadt und vermutlich eines der wichtigsten in ganz Australien: das Fremantle Prison. Altehrwürdig würde man diese Einrichtung nennen, wäre sie eine Universität, sagt Luke Donegan, der zuständig ist für den Erhalt der Unesco Weltkulturerbestätte.

Das Fremantle Gefängnis wurde von Sträflingen zwischen 1852 und 1859 gebaut. Damals war Fremantle eine sehr kleine Siedlung mit nur ein paar Tausend Bewohnern in der Gegend. Es gab hier nichts als offenes Buschland und den Ozean. Die Sträflinge mussten die Kalksteinblöcke aus den Hügelketten im Umland hauen und ebneten so die Landschaft ein. Als das Gefängnis schließlich fertig war, hatte es die größten und längsten Zellentrakte in der südlichen Hemisphäre.

Australien verdankt Aufstieg Sträflingen

Mit seinen hohen Außenmauern und langgezogenen, weißen Gebäuden dominiert die ehemalige Haftanstalt das Stadtbild. Wer hierher kommt, begibt sich auf eine Zeitreise, so Donegan, und es wird einem bewusst, dass Australien als Nation auf Basis der Arbeit von Strafgefangenen entstanden ist. Im 19. Jahrhundert diente das Fremantle Prison fast vier Jahrzehnte als Knast. Als dann Australien als reine Sträflingskolonie für England ausgedient hatte, ging es in die Hand des Staates Westaustralien über und wurde ein Hochsicherheitsgefängnis. Damit bekamen wir nicht mehr nur Gefangene aus England, sondern auch Einheimische, Frauen und Kinder. Bis 1991 diente das Fremantle Prison als Staatsgefängnis. Die aus England verbannten Strafgefangenen waren nichts anderes als billige, nützliche und überall einsetzbare Arbeitskräfte, um das Land zu erschließen. Sie waren Mittel zum Zweck, denn die Kolonisten und freien Siedler hatten Schwierigkeiten, sich in der unwirtlichen Gegend eine Existenz aufzubauen.

Hier galten eigene Gesetze

Ein buntes Gemisch saß hier im Laufe von 136 Jahren ein: Sträflinge aus England, gewöhnliche Kriminelle aus Australien, Kriegsgefangene, politische Gefangene, Serienmörder. Überproportional zur Bevölkerungszahl aber wurden Aborigines hier weggesperrt. Für diese Leute gab es eigene Gesetze: Zum Beispiel Trinken in der Öffentlichkeit - dafür kamen nur Aborigines ins Gefängnis. Im Frauentrakt gab es manchmal 80 Prozent Aborigines, die dort wegen Trunkenheit und Landstreicherei inhaftiert waren. Auch wer in der Stadt angetroffen wurde und dafür keinen guten Grund hatte, landete hier im Gefängnis. Die Aborigines wurden schlechter behandelt, wurden häufiger rückfällig und mussten sogar dafür büßen, wenn man ihnen ihr Land raubte.

Für Aborigines traumatische Erfahrung

Viele dieser Leute hatten bis vor 50 Jahren noch nie einen Weißen gesehen, hatten noch nie auf einem Stuhl gesessen, nie mit Messer und Gabel gegessen. Sie hatten nie westliche Kleidung getragen, konnten kein Wort Englisch sprechen. Das Gefängnis war für sie also eine traumatische Erfahrung. Noch heute ist es so, dass die Selbstmordrate unter strafgefangenen Aborigines äußerst hoch ist. Aborigines leben häufig in abgelegenen Gebieten, sind ärmer als die restliche Bevölkerung, häufiger arbeitslos und öfter im Gefängnis. Ihre Lebenserwartung ist deutlich niedriger als im australischen Durchschnitt, die Kindersterblichkeit höher. Auch unter den Universitätsstudenten und in der Politik sind Aborigines nach wie vor unterrepräsentiert. Bis 1964 wurden Aborigines und Weiße getrennt voneinander im Gefängnis eingesperrt.