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Cover "Songs Of Experience" von U2

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"Songs Of Experience": Das neue Album von U2

Eine Erwähnung in den Paradise Papers, überzogene Ticketpreise, zweifelhaftes Marketing: U2 machten es ihren Kritikern zuletzt leicht. Umso erfreulicher ihr neues Album, auf dem die Band ein bisschen Wiedergutmachung betreibt. Von Marcel Anders

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Songs Of Experience" ist eine Rückbesinnung auf einige vergessene Stärken von U2. Etwa den Zeitgeist abzubilden und zu kommentieren sowie Stellung zu beziehen. Das gelingt U2 im 41. Jahr ihres Bestehens mit Bravour: "In Get Out Of Your Own Way" legen sie uns nahe, einfach mal über den eigenen Schatten zu springen und uns auf neue, ungewohnte Situationen einzulassen.

Ironischer Blick auf die eigene Großspurigkeit

"American Soul" ist eine Adaption von Kendrik Lamars "XXX" - mit einer Beschwörung des uramerikanischen Gedankens von Freiheit, Gleichheit und Selbstverwirklichung. "Summer Of Love" erinnert an den Sommer der Liebe vor 50 Jahren. Und "The Blackout" beschreibt Trump als Dinosaurier, der längst ausgestorben sein sollte.

Aber U2 blicken auch auf sich. In dem Song "The Showman" heißt es: "Ein Spektakel aus seinem eigenen Untergang zu machen, das ist erst der Anfang der Show". Ein ironischer Seitenhieb auf die Fehler der letzten Jahre, aus denen man tatsächlich gelernt zu haben scheint. Noch kritischer ist "The Little Things That Give You Away", in dem Bono seine Arroganz und Großspurigkeit karikiert: "The words you can not say, your big mouth´s there in a way.”

Keine Wiedergeburt, aber ein Lebenszeichen

So stark wie einige der Texte, ist auch der Großteil der Musik. Da präsentieren U2 euphorische Rockhymnen, romantische Leisetreter, altmodischen Rock'n'Roll und sphärische Klanggemälde. Setzen mal auf Klavier und Streicher, mal auf verzerrte Jack-White-Gitarren sowie einen erstaunlich normalen und zurückhaltenden Gesang. Keine Predigten, kein Gejaule, kein Alles-an-die-Wand-singen. Abzüge in der B-Note gibt es nur für die letzten vier Stücke des Albums, die deutlich abfallen - weil sie mit zu viel Elektronik, Industrial-Elementen und Sprachverfremdung arbeiten.

Allen Unkenrufen und voreiligen Urteilen zum Trotz: "Songs Of Experience" ist ein überraschend gutes Album. Keine Wiedergeburt, keine Neuerfindung, aber ein Lebenszeichen. Ein "Hallo, wir leben noch." Und ein Album, das die Paradise Papers zumindest ein bisschen in den Hintergrund rückt.