Jeff Beck hat eine ganz eigene Art Gitarre zu spielen – fast immer ohne Plektrum und ohne viele Effektgeräte. Die Saiten zupft er mit Fingern und Daumen und der Vibratohebel seiner weißen Fender Stratocaster ist quasi im Dauereinsatz. Stilistisch lässt sich Jeff Beck ungern einordnen – er kann klagenden Blues, er kann elastischen Funk, er kann Jazzrock al la Mahavishnu Orchestra und Billy Cobham oder zitiert einen Song aus seinem Lieblingsalbum "Pet Sounds" der Beach Boys. Mit der US-Bassistin Rhonda Smith und der deutschen Schlagzeugerin Anika Nilles hat er derzeit eine der derzeit besten Rhythmusgruppen der Welt hinter sich, die ebenso elegant wie er selbst quer durch die Genres turnt. Dass Jeff Beck erst vor drei Wochen 78 geworden ist, sieht man dem immer noch gertenschlanken Briten nicht an, und man hört es auch seinem Spiel nicht an, das virtuos und beseelt ist wie eh und je.
Nach der Hälfte des Konzerts kommt Johnny Depp
Jeff Beck wird im Verlauf des Abends nur ein- oder zweimal kurz was ins Mikrophon nuscheln, aber das ist eigentlich egal – er spricht mit und durch seine Gitarre, bekommt vom Publikum immer wieder Zwischenapplaus. Erst recht, als er nach der Hälfte des Konzerts Johnny Depp auf die Bühne bittet.
Seit fünf Jahren kennen sich die beiden, seit Johnny Depp in Japan mal an Becks Garderobentür klopfte und die Möglichkeit einer musikalischen Zusammenarbeit ausloten wollte. Inzwischen haben der Hollywoodstar und der Gitarrenflüsterer tatsächlich ein gemeinsames Album aufgenommen, dass jetzt durch die gemeinsame Tournee beworben werden soll. "18" heißt das Werk, zeigt auf dem Cover eine Zeichnung der beiden, wie sie vielleicht tatsächlich mit 18 ausgesehen haben mögen und enthält neben sehr vielen Coverversionen auch das von Johnny Depp selbst geschriebene "This is a Song for Miss Hedy Lamarr" – ein musikalisches Denkmal für eine Hollywood-Ikone.
Johnny Depp schlüpft in verschiedene musikalische Rollen
Depps Eigenkomposition kann durchaus bestehen in einer Reihe sehr illustrer Coverversionen, die Jeff & Johnny auf der Tollwood-Bühne und auf dem neuen Album ausbreiten. Wobei der Schauspieler dem Musiker Johnny Depp manchmal in die Quere kommt – denn auch als Sänger scheint er mühelos in verschiedene Rollen zu schlüpfen und klingt, wenn er zum Beispiel einen Song von John Lennon covert, fast so wie der verblichene Beatle.
Noch etwas fällt auf beim Konzert in der Musikarena des Tollwood: Sobald Johnny Depp auf die Bühne kommt – mit seinen vielen Ketten und Armreifen sieht er auch da ein bisschen aus wie Jack Sparrow – wird die Musik deutlich hemdärmeliger, breitbeiniger, rockiger.
Rote Unterwäsche für den Hollywoodstar
Johnny Depp bringt Glamour auf die Bühne, wechselt zum Beispiel für jede Nummer die Gitarre, auch wenn er akustisch als solider, unauffälliger Rhythmusgitarrist eher im Hintergrund bleibt. Auffällig und sehr beeindruckend ist auf jeden Fall sein variabler Gesang. Depp kann mit der Stimme auch mal ganz tief in den Keller steigen, etwa für das im Original von Velvet Underground stammende "Venus in Furs".
Einziges Manko des gemeinsamen Auftritts von Jeff Beck und Johnny Depp – er war mit knapp 70 Minuten etwas kurz. Das extravagante, eigenwillige, sehr melodiöse Gitarrenspiel des Briten und der grollende Gesang des Hollywoodstars hätten ruhig ein paar Songs länger dauern können. Für beide gab es am Ende enthusiastischen Applaus, für Johnny Depp flog außerdem rote Unterwäsche auf die Bühne und ein weiblicher Fan reckte ein Pappschild in die Höhe mit der Botschaft: "Johnny, please draw me my next tatoo".
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