Slowthai, Ugly.
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Ugly von Slowthai

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Slowthai – Britanniens härtester Rapper mutiert zum Songwriter

Bekannt wurde Slowthai durch kontroverse Live-Auftritte mit einem Gummikopf von Boris Johnson und Anti-Brexit-Raps auf seinem Debüt "Nothing Great About Britain". Sein neues Album UGLY überrascht durch gekonntes Genrehopping.

Mit dem ersten Song "Yum" sollen wohl vor allem die alten Fans abgeholt werden. Er klingt vertraut und so, wie man Slowthai auf seinen bisherigen Alben und EPs meistens gehört hat – aggressive Reime liegen über elektronischen Beats, düster, anklagend, mit politischen Anspielungen. Die gibt es auch sonst auf dem neuen Album UGLY, aber da zeigt Slowthai noch ein anderes Gesicht – der Rapper wird immer wieder zum Rocksänger oder Singer-Songwriter, gibt sich verletzlich und persönlich, etwa wenn er in dem Song "Selfish" von seinem Sohn singt: "Practice gratitude, yeah, I'm thankful for the life that I lead / I kiss my son before I put him to sleep / And I was workin' for a flat on my feet / Why would you work until you got bloody knees?".

Die Sehnsucht des Rappers nach einer Band

Tatsächlich schließt sich mit dem neuen Album ein Kreis. Denn als Jugendlicher wollte Slowthai – oder Tyron Kaymone Frampton, wie er mit bürgerlichem Namen heißt – unbedingt Sänger einer Punk-Band werden. Es fanden sich aber keine geeigneten oder willigen Mitmusiker. Außerdem war Slowthai mit seinem Gesang nicht so recht zufrieden und fing deshalb an zu rappen. Für sein drittes Album hat ihm jetzt Produzent Dan Carey eine prominent besetzte Studioband zusammengestellt – mit Keyboarder Taylor Skye von Jockstrap, mit Gitarrist Jacob Bugden, sonst bei Beabadoobee, und mit Schlagzeuger Liam Toon.

Rapper Slowthai mutiert hier immer wieder zum einem nicht nur passablen, sondern über weite Strecken exzellenten Sänger und hat mit "Feel Good" sogar einen Popsong im Repertoire. "Als ich diesen Song geschrieben habe, ging’s mir beschissen", hat Slowthai in einem Interview erzählt, "deswegen wollte ich etwas machen, was Leute wieder gut drauf bringt." Wie gut das funktioniert, kann man in einem Video sehen, in dem Fans den Song probehören dürfen und in dem dann während des Vidoedrehs unangekündigt Slowthai zur Türe hereinkommt.

Lieder zwischen Alltagstristesse und Fernweh

Liedtexte und Musik gegen den Strich bürsten, darum geht es dem 28-jährigen Briten auf seinem neuen Album. Der Titel UGLY ist ein Akronym, eine Abkürzung für "U Gotta Love Yourself" – also: "Liebe dich selbst2: In seinen Songs kombiniert Slowthai häufig Rock und HipHop, lässt Genregrenzen bewusst außen vor, entwickelt erstaunliche Songwriter-Qualitäten und ein Gespür für einprägsame Melodien. Songs zwischen Alltagstristesse und Fernweh, zwischen Gesellschaftspanorama und Selbstverwirklichungsphantasien hören wir auf seinem neuen Album. Songs, die das Persönliche mit dem Politischen verbinden und umgekehrt - und die uns einen der härtesten Rapper Großbritanniens von einer ungewohnt sanften Seite zeigen. Und genau deswegen wird UGLY im Musikjahrgang 2023 auf jeden Fall einen bleibenden Eindruck hinterlassen.

UGLY von Slowthai ist bei Universal Music erschienen.

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