Frau schwebt in schwarzem Lederanzug über einem uniformierten Mann: Szene aus "The Matrx"
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Traum und Realität werden ununterscheidbar: "The Matrix" (1999)

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SciFi: Wie virtuelle Realität reale Kriege verändert hat

SciFi: Wie virtuelle Realität reale Kriege verändert hat

Was ist Traum, was Realität? Im Kinofilm "The Matrix" aus dem Jahr 1999 ist das kaum zu unterscheiden. Aber nicht alle Kämpfe auf Bildschirm und Leinwand bleiben im virtuellen Raum. Der bewaffnete Drohnenangriff kostet echte Opfer.

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Früher, ja früher war alles besser, sogar die virtuelle Realität. Wobei besser im Film Matrix hieß: echter. Im Blockbuster aus dem Jahr 1999 ist die von einer künstlichen Intelligenz erschaffene Realität echter als echt. Wir schmecken alles, wir spüren alles und leider sterben wir auch, wenn wir in dieser virtuellen Realität erschossen werden. "Was wäre, wenn du aus diesem Traum nicht mehr aufwachst, woher wüsstest du, was Traum ist und was Realität?", heißt es da.

Die Realität ist eine Illusion

Tatsächlich ist das eine alte philosophische Frage: Können wir wirklich mit Bestimmtheit sagen, was Realität ist? Sind wir wirklich in der Lage, zwischen Sein und Schein zu unterscheiden? Was, wenn das, was wir für echt halten, nur eine Spiegelwelt ist? Tatsächlich gibt es im Film Matrix in einer Szene ein Buch von Jean Baudrillard zu sehen. Der französische Philosoph war schwer angesagt in den 90ern.

Seine These: Wir hätten uns in den modernen kapitalistischen Systemen so weit von der Realität entfernt, dass die Unterscheidung zwischen Lüge und Wahrheit unerheblich geworden ist: Die Realität sei eine totale Illusion. "Die Aussage, etwas sei wahr oder unwahr, ist lediglich eine Hypothese über die Welt. Das heißt einer vollkommenen Illusion", so Jean Baudrillard.

Agonie des Realen

Einer der glühendsten Anhänger seiner These war Baudrillard selbst: Der Theoretiker ging sogar so weit, zu behaupten, dass der Irakkrieg 1991 gar nicht stattfinden würde – sondern nur eine Fiktion sei. Das war leider ein Irrtum.

Aber in einigen Details hatte Baudrillard trotzdem recht. Damals flimmerten zum ersten Mal Bilder über die Fernsehbildschirme, in denen wir sehen konnten, wie superpräzise Waffen irakische Bunker trafen. Von chirurgischer Präzision sprach damals die US-amerikanische Militärführung. In Wahrheit aber setzten die US-Streitkräfte nach wie vor meist wenig präzise Waffen ein – vermutlich starben über 30.000 irakische Zivilisten.

Krieg live im TV

Ab diesem Zeitpunkt nahmen alle Fernsehzuschauenden die Position von Ego-Shootern in Baller-Spielen ein. Im Ukrainekrieg hat sich das durch den Einsatz von Drohnen noch einmal potenziert – wir können quasi live dabei sein, wenn Bomben auf die feindlichen Linien fallen.

Bei Drohnen vermischen sich Realität und Fiktion. Die bedienenden Soldaten können Tausende von Kilometern entfernt sein. Doch das, was sie anklicken, das, was sie auf dem Bildschirm sehen, hat konkrete Auswirkungen. Angeblich soll das auch moralische Skrupel reduzieren – spielt sich doch alles nicht vor den eigenen Augen, sondern bloß auf einem Bildschirm ab.

Ein freundliches Metaverse?

Und damit wären wir wieder bei Matrix – wo die virtuelle Welt, wenn wir uns die packendsten Szenen ansehen, ja auch eigentlich nur dafür da zu sein scheint, um mal richtig rumzuballern.

Meta-Chef Zuckerberg hingegen glaubt an ein freundliches Metaverse. Eifrige Science-Fiction-Gucker haben da ihre Zweifel. Sie glauben eher daran, dass alles, was sich für den Krieg nutzen lässt, dort auch seinen Einsatz findet. Tatsächlich dürften Militärs jene sein, die die virtuelle Realität wirklich werden lassen. Zumindest auf dem Bildschirm sieht es dann so aus, als würden nur die Feinde sterben. Aber es steht zu befürchten, dass die Generäle sich genauso irren wie Baudrillard. Einen chirurgischen Krieg, einen Krieg ohne eigene Verluste, wird es nicht geben. Denn anders als die Gamer stehen Soldaten nicht wieder auf, um mit einem neuen Leben weiterzukämpfen.

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