Ein Porträt des Kirchenkritikers Jacques Gaillot
Bildrechte: picture alliance / Thomas Padilla | Thomas Padilla

Der Kirchenkritiker Jacques Gaillot

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Revoluzzer-Bischof Jacques Gaillot stirbt mit 87 Jahren

Er galt als "Schwarzes Schaf" unter Frankreichs Bischöfen. Er setzte sich für Einwanderer, Homosexuelle und Geschiedene ein und wurde schließlich vom Vatikan seines Amts enthoben. Nun ist Jacques Gaillot gestorben.

Über dieses Thema berichtete Religion & Orientierung am .

Der rebellische Bischof Jacques Gaillot aus Frankreich ist am Mittwoch im Alter von 87 Jahren gestorben. "Auch wenn er mit manchen Meinungen Anstoß erregte, bleibt er für uns jemand, der sich immer um die Armen und die Ausgestoßenen gekümmert hat", betonte die französische Bischofskonferenz am Mittwoch.

Bischof einer untergegangenen Diözese in Nordafrika

1995 war Gaillot von Papst Johannes Paul II. von der Leitung des Bistums Evreux entbunden worden. Seitdem trug er den Bischofstitel einer lange untergegangenen Diözese in Nordafrika: Partenia. Bis 2010 war Gaillot als Autor, Seelsorger für Randgruppen und in der von ihm gegründeten "virtuellen Diözese" www.partenia.org tätig, wo sich auch andere Kirchenkritiker austauschten. 1989 reiste er auf dem Greenpeace-Schiff Rainbow Warrior nach Französisch-Polynesien, um dort den Stopp der Atomwaffenversuche zu fordern. Später organisierte er Kirchenasyl für afrikanische Migranten in Paris. Innerhalb der katholischen Kirche setzte er sich unter anderem für das Ende des Zölibats und die Priesterweihe von Frauen ein.

Ein Bischof für Menschen "am Rande der Gesellschaft"

Die Initiative "Wir sind Kirche" nannte Gaillot einen mutigen, aufrichtigen und prophetischen Bischof. Gaillot habe keine sozialen Tabus gekannt und sei in christlicher Nachfolge den Menschen in Not am Rande der Gesellschaft wirklich nahe gewesen. "Sein prophetisches Wirken als Bischof für und mit den Menschen sollte zum Vorbild eines Bischofsamtes für die christliche Kirche im 21. Jahrhundert werden", erklärte "Wir sind Kirche".

Der Bonner Kirchenrechtler Norbert Lüdecke verwies auf seinen Fachaufsatz von 2015 über "Entfernung von Diözesanbischöfen", in dem er schrieb: "Bischof Gaillot ist konsequent seinem - in amtlicher Sicht als irrend geltenden - Gewissen gefolgt."

Gaillot nahm Partei für Sterbehilfe und gleichgeschlechtliche Ehen

Auch nach Erreichen der kirchenrechtlichen Altersgrenze von 75 Jahren und Gaillots Rückzug von www.partenia.org hielt der damalige Kölner Kardinal Joachim Meisner noch 2012 an seinem Hausverbot für den einstigen französischen Amtsbruder in seiner Diözese fest. Seit 2013 veröffentlichte Gaillot Kolumnenbeiträge in der Zeitung "Huffington Post", in denen er etwa aktive Sterbehilfe und gleichgeschlechtliche Ehen propagierte.

2015 traf Gaillot Papst Franziskus

Nachdem es über einige Jahre ruhig um Gaillot geworden war, machte 2015, kurz vor seinem 80. Geburtstag, eine Begegnung mit Papst Franziskus Schlagzeilen. Das Kirchenoberhaupt empfing den fast gleichaltrigen französischen Bischof zu einem 45-minütigen Gespräch im Vatikan. Ein mit Gaillot vertrauter Geistlicher sprach anschließend von einem Treffen von Gleichgesinnten.

Die Sorge für Geflüchtete und Migranten

Mit Blick auf die Segnung von wiederverheirateten Geschiedenen oder homosexuellen Paaren habe Franziskus gelächelt und gesagt: "Der Segen Gottes ist für alle da." Zum Thema der Sorge für die Geflüchtete und Migranten, eine der zentralen Aufgaben Gaillots seit seiner Absetzung 1995, habe Franziskus betont: "Die Migranten waren und sind immer das 'Fleisch' der Kirche." Gaillot selbst sagte nach der Begegnung, er fühle sich damit rehabilitiert.

Keine praktischen Schritte zur Versöhnung

Bekannt wurde Gaillot über Frankreich hinaus wegen seiner kritischen Anmerkungen über die Haltung der Kirche zum Zölibat, zu künstlicher Empfängnisverhütung oder Homosexualität. Damit stieß er nicht nur im Vatikan, sondern auch bei den Bischöfen in Frankreich auf Kritik. Mehrfach gab es symbolische Gesten Gaillots und der Französischen Bischofskonferenz zu einer Aussöhnung; praktische Schritte folgten jedoch nicht. Viele seiner Bücher wurden auch ins Deutsche übersetzt.

Mit Material aus von KNA und AFP

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!