In den großen Städten gibt es nur noch kernsanierte Luxusbauten und schick hoch gezogene Loft-Wohnanlagen, die sich keiner mehr leisten kann außer den ganz Reichen. Schöne neue Immobilienwelt. Regisseur Gregor Erler und sein Kameramann Moritz Reinecke machen von Anfang an klar, dass ihr Film kein Sozialdrama sein will oder gar betulich und bedenkenträgerisch. Schon bevor es richtig losgeht, nähert sich die Handkamera mit leicht wackligen Detailaufnahmen einer Wohnung wie einem Tatort: Blut tropft von einer Klinke, Vorhänge bauschen sich im Wind, auf dem schmutzigen Boden liegt ein Autoschlüssel. Die Geschichte von Entmietung, Räumung, Widerstand, stadtpolitischem Fördermittelbetrug und Immobilienskandal wird – ziemlich ungewöhnlich für das deutsche Kino – als Thriller erzählt. Ein Mieter sieht rot. Doch die Vorgabe wird nicht durchgängig erfüllt. Gregor Erler spielt geschickt mit den Mitteln des Genres, schlägt plötzlich dramaturgisch andere Wege ein, um dann doch wieder bei der Action zu landen. Nach dem thrillerartigen Beginn folgt eine eher impressionistische Fahrt durch Berlin – Demonstranten gegen Mietwucher sind zu sehen, ein Fernsehteam, Baukräne, ein Obdachloser, der Flaschen aus einem Papierkorb angelt, eine große schwarze Schrift an einem Haus: „Zwangsräumungen verändern die Stadt“.
Überzeugendes visuelles Konzept
Im schnellen Wechsel von Nah- und Weitwinkelaufnahmen, die überzeugend die große Leinwand nutzen, erzählt der Film - das wirkt aber nicht wie eine stilistische Kopfgeburt, sondern entspricht einem überlegten visuellen Konzept. Schauplatz des nach dem urbanistischen Auftakt eher kammerspielartigen Films ist ein baulicher Schandfleck in einer bereits recht proper sanierten Berliner Straße. Polizisten sollen ein baufälliges Haus von den Altmietern räumen. Dann kommt alles überraschend anders. Ein alter Mann, der titelgebende „letzte Mieter“, erschießt sich in seiner Wohnung. Zufällig sind dessen Sohn und ein Vertreter der Immobilienfirma anwesend. Der Sohn läuft Amok, nimmt den Makler und eine Polizistin als Geiseln. „Der letzte Mieter“ zelebriert die Eskalation geschickt, nimmt immer mal wieder das Tempo raus, um dann erneut kräftig Gas zu geben. Daneben werden ein paar Ost-West-Klischees durch den Kakao gezogen und gibt es überraschende Pointen. Nur sind manche Szenen zu dialogreich und können dann auch schauspielerisch nicht ganz und gar überzeugen. Fällt aber kaum ins Gewicht, weil Gregor Erler in seinem frechen originellen Debütfilm mit geringen finanziellen Mitteln ansonsten alles richtig macht.
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