Präsident Putin
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Putin: Verschwörer wollten russischen Starjournalisten ermorden

Bei einem Auftritt vor der Generalstaatsanwaltschaft behauptete der russische Präsident, der Geheimdienst habe ein Mordkomplott gegen einen bekannten Fernsehjournalisten verhindert. Angeblich handelt es sich um Kreml-Propagandist Wladimir Solowjow.

Um wen es konkret ging, das sagte Wladimir Putin nicht: Seinen Angaben zufolge hat der russische Inlandsgeheimdienst FSB am Montagmorgen eine "Terrorgruppe" ausgehoben, die einen "Anschlag und die Ermordung von einem der bekannten russischen Fernsehjournalisten" geplant habe, so die Nachrichtenagentur TASS. Putin verdächtigte ausländische Geheimdienste wie den CIA, "offenbar Ratschläge" zur Tötung von russischen Medienleuten zu geben. Ohne Tatsachen vorzulegen, behauptete der Präsident, diese seien "unwiderlegbar", aber natürlich würden die Betroffenen "dies jetzt leugnen".

"Verdächtige wollten sich ins Ausland absetzen"

Die kremlnahe Nachrichtenagentur RIA Nowosti will erfahren haben, dass es sich bei dem Journalisten um den berüchtigten Kreml-Propagandisten Wladimir Solowjow (58) handeln soll. Dabei habe eine "Neonazi"-Gruppe auf "Anweisung des ukrainischen Sicherheitsdienstes" vorgehabt, diese "Person des öffentlichen Lebens" mit einer Autobombe zu ermorden. Acht Molotow-Cocktails, sechs Pistolen, eine Granate, 1.000 Schuss Munition und ein abgesägtes Jagdgewehr seien beschlagnahmt worden, außerdem "nationalistische Literatur". Die Verdächtigen hätten zugegeben, dass sie sich nach dem Anschlag ins Ausland absetzen wollten.

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Wladimir Solowjow

Am Abend hieß es in einem vom russischen Geheimdienst verbreiteten Video, die Festgenommenen hätten im Verhör ausgesagt, sie wollten weitere TV-Größen töten, etwa die Chefin von RT Russland, Margarita Simonyan (42) und deren Ehemann, den Schauspieler, Regisseur und Moderator Tigran Keosayan (56). In typischer Manier nutzte Simonyan die Nachricht für PR in eigener Sache und zugunsten des Kreml.

Jeder Mensch sei sterblich, so die viel beschäftigte Propagandistin. Ein Mensch, der sich den "Luxus" gönne, die "Wahrheit zu sagen und sein Heimatland so zu verteidigen, wie er es für richtig und angebracht" halte, sterbe im Zweifel nicht qualvoller als jemand, "der langsam von einer unheilbaren Krankheit oder dem unvermeidlichen Alter" aufgezehrt werde.

Putin warnt vor "Destabilisierung der Gesellschaft"

Putin nahm den Vorfall zum Anlass, den Westen zu geißeln: "Da sie auch im Informationsbereich versagen, ihre Bürger täuschen und eine Monopolstellung bei Informationen in ihren Ländern und einigen anderen Ländern ausnutzen, wobei sie hier in Russland versagen, sind sie auf Terror umgestiegen und bereiten Morde an unseren Journalisten vor." Letztlich gehe es dem Westen um eine "Spaltung der russischen Gesellschaft". Die Generalstaatsanwaltschaft forderte Putin auf, "illegale Massenaktionen" im Land zu unterbinden, auch im Netz.

"Unterdrücken Sie entschlossen alle Aktionen, die auf eine Einmischung von außen in die inneren Angelegenheiten Russlands abzielen, zur Destabilisierung unserer Gesellschaft, Aufstachelung zu Fremdenfeindlichkeit, militantem Nationalismus, interkonfessioneller Feindseligkeit", so Putin vor der Justiz. "Offene Provokationen gegen unsere Streitkräfte erfordern ebenfalls eine gründliche Untersuchung, einschließlich der Nutzung der Ressourcen ausländischer Medien und sozialer Netzwerke."

Der ukrainische Geheimdienst wies alle Vorwürfe zurück und behauptete, er sei in keiner Weise an dem Vorfall beteiligt.

Italienische Villen von Solowjow beschädigt

Wladimir Rudolfowitsch Solowjow gilt als einer der aggressivsten Hetzer und Kriegspropagandisten. Der TV-Journalist startete jüngst seinen eigenen Talk-Kanal. Zwei seiner insgesamt drei italienischen Villen waren Anfang April Ziel von vandalistischen Anschlägen. Die Feuerwehr konnte brennende Autoreifen, die auf Grundstücke geworfen worden waren, rechtzeitig löschen. Dem Vernehmen nach hatte Solowjow eine der Villen am Comer See aufwändig renoviert, und zwar mit pandemiebedingten Subventionen für Bauprojekte. Ein anderes Objekt war mit roter Farbe beworfen worden, auch ein Pool wurde entsprechend verunstaltet.

TV-Star dankte Geheimdienstlern

Erst vor wenigen Tagen hatte Solowjow abermals eine atomare Auseinandersetzung zwischen Russland und dem Westen nicht ausgeschlossen, zumal angeblich Großbritannien mit nuklearen Sprengkörpern drohe. Nicht nur die Ukraine müsse von "Nazis" befreit werden. Moskau werde "keine Gnade" zeigen, so der russische Fanatiker.

Was vermeintliche "Drohungen" aus der Ukraine betraf, sagte Solowjow am vergangenen Samstag in seiner Sendung "Solowjow live", er "beschwere" sich in aller Form über Kritik aus Kiew: "Ich habe darum gebeten, in Russland beurteilt zu werden. Selenskyj schickt alle möglichen unterschiedlichen Bürger hierher, die in direktem Zusammenhang mit seinen Sonderdiensten stehen, weil er von dem, was ich sage, beleidigt ist." Das mag als Hinweis darauf gewertet werden, dass der TV-Star bereits von einem "Anschlagsplan" auf sich informiert war - oder darauf, dass er selbst großes Interesse daran hat, als von der Ukraine "Verfolgter" aufzutreten.

Gegenüber RIA Nowosti behauptete Solowjow, der sich selbst ironisch als Selenskyjs "Lieblingsjournalist" bezeichnete, nicht bemerkt zu haben, wie er von den Sicherheitsbehörden "beschattet" worden sei. Das spreche für deren Erfahrung: "Natürlich bin ich bereit, mich öffentlich zu bedanken und mich mit den operativen Mitarbeitern zu treffen, die diese Operation durchgeführt haben. Sie sind zweifellos hochprofessionelle Menschen. Vielen Dank. Wenigstens ist die Trauer heute nicht in mein Haus eingezogen."

Solowjow stattete früher Discotheken aus

Solowjow stammt aus der sowjetischen Elite. Er war ab 1990 zwei Jahre in den USA als Dozent tätig. Einige Jahre versuchte er sich dann in Russland als Unternehmer und verkaufte Discotheken-Ausstattungen. Ab 1998 bewährte er sich im Showgeschäft, zunächst im Radio, dann im Fernsehen. Seit 2002 moderierte er eine Debattensendung, die mit ihren polarisierenden Meinungsäußerungen Schlagzeilen machte. In den letzten Jahren gilt Solowjow zunehmend als "Lieblingsjournalist" des Kreml und von Putin persönlich, mit dem er "große" Interviews führte.

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