Obwohl er im Großen und Ganzen den erbarmungswürdigen Zustand unseres Planeten beklagt, ist es doch erstaundlich, wieviel Optimismus Neil Young in seine neuen Songs gepackt hat. Im Gegensatz zu früheren Alben gibt er hier auch kaum den Ankläger, der auf Missstände hinweist, sondern eher den altersweisen Mahner, der uns dazu bringen will, wirklich wichtigen Dinge im Blick zu behalten. Der bedeutendste Song des Albums ist gleichzeitig der einfachste und eingängigste. „Love Earth“ hat eine zunächst naiv anmutende, aber doch folgerichtige Botschaft: Man solle die Erde wertschätzen und lieben. Denn was man liebt, wird man ja kaum kaputt machen wollen!
Sensibler Singer-Songwriter vs. rauer Rocker
Es schlagen zwei Seelen in der Brust von Neil Young. Auf der einen Seite die des sensiblen Singer-Songwriters, der seine Lieder gern in akustische oder halbakustische Country- und Folk-Arrangements packt und auf der anderen Seite die des lärmigen Rockers, der auf Feedback und lange Soli steht. Beide Seiten kommen auf dem neuen Album zu ihrem Recht – die sensible Seite in vorwiegend akustisch arrangierten Liedern, bei denen Young auch mal Klavier oder Harmonium spielt, die rockige am exzessivsten in dem eine Viertelstunde langen „Chevrolet“. Vordergründig hat der bekennende Autofan Neil Young damit eine Hymne auf eine amerikanische Sportwagen-Ikone geschrieben, aber es ist gleichzeitig ein Abschiedslied. „Volle Autobahnen sind Vergangenheit,“ singt Neil Young. „Dahin all die Straßen, die wir gefahren sind - nur noch eine Erinnerung tief in mir drin.“
Authentizität und Leidenschaft
Es ist tatsächlich eine veritable Altherrenband, die „World Record“ eingespielt hat – mit einem Durchschnittsalter knapp unter dem der Rolling Stones. Neil Young selbst ist am 12. November 77 geworden. Bassist Billy Talbot und Schlagzeuger Ralph Molina von Crazy Horse sind beide schon 79, Gitarrist Nils Lofgren ist mit 71 Jahren der Jüngste. Dass die alten Herren noch nichts von ihrem Können verlernt haben, beweist schon die Tatsache, dass das neue Album live im Studio eingespielt wurde. Starproduzent Rick Rubin war da vor allem für die guten Vibes und die Auswahl der besten Takes zuständig. Hin und wieder ein paar schräge Töne haben Band und Produzent wohl in Kauf genommen. Dafür klingen die Songs dann aber kraftvoll und authentisch und sind voller Leidenschaft – etwas, das den auf Hochglanz und Durchhörbarkeit getrimmten Pop-Hits unserer Tage häufig fehlt.
“World Record” von Neil Young with Crazy Horse ist als Doppel-CD und Doppel-LP bei Reprise Records erschienen.