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Neue Wohnung in "Weissensee"

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Politischer und ambivalenter: ARD-Serie "Weissensee"

Heute startet die vierte Staffel von "Weissensee" - am Tag, der in der DDR als "Tag der Befreiung" lange Jahre ein Feiertag war. Wieder steht die "Stasi"-Familie Kupfer im Mittelpunkt, diesmal muss sie mit der "Wende" klar kommen. Von Jörg Taszman

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Lag der Schwerpunkt der ersten drei Staffeln auf den Themen "Stasi", Kirche und Dissidenten, eingebettet in eine Familiensaga, die mitunter wie eine Soap wirkte, so hat die Serienschöpferin Annette Hess an der vierten Staffel nicht mehr mitgearbeitet, die 1990 bis kurz nach Einführung der D-Mark spielt.

Du bist einer von uns, ob Du das willst oder nicht. Und wenn Du das verleugnest, dann bist Du wie eine Schildkröte, aber ohne Panzer. - Ex-Stasi-General Günther Gaucke
Ich bin keiner von Euch. Und falls ich mich irgendwann überhaupt noch einmal für etwas einsetze, dann dafür, das wir reinen Tisch machen , zu dem stehen, was wir gemacht haben und die letzte Aufgabe ist es, die Akten zu öffnen. - Ex-Stasi-Oberst Hans Kupfer

Einfluss des Westens kritisch beleuchtet

Ostberlin im Frühjahr 1990. Noch gibt es die DDR aber die "Stasi"-Zentrale ist längst gestürmt und zwei ehemalige hohe "Stasi"-Offiziere liegen im Disput. Einer von ihnen - Ex-General Gaucke - wird sich schnell anpassen an die neuen Wendezeiten und sich bereichern. Der andere, Hans Kupfer, will, dass die "Stasi"-Akten geöffnet werden, sich die Täter den Opfern stellen. Es gehört dann in der Folge zu den großen Stärken dieser vierten Staffel, dass Regisseur Friedemann Fromm, der diesmal alleine für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, auch den Einfluss des Westens auf das Ende der DDR kritisch beleuchtet. Friedemann Fromm:

Für den Westen war sehr schnell klar, die Leute mit denen wir zusammen arbeiten, sind die Leute des alten Regimes. Wenn wir jetzt die Akten aufmachen, kriegen wir dann Probleme... Der Verhandlungspartner zur Währungsunion hat ganz klar und offen gesagt, seine Ansprechpartner sind die ehemaligen Kader. Er verhandelt mit Niemand anderem, weil die Anderen keine Ahung von Wirtschaft haben. - Friedemann Fromm

Drohen, erpressen, lügen

Auf diese alten Kader innerhalb der "Stasi" setzen auch der amerikanische Geheimdienst und neue Investoren aus dem Westen, die sich mit oder ohne Hilfe der Treuhand bereichern wollen. So findet Falk Kupfer, der hundertprozentige Kommunist und Stasi-Major, schnell eine neue Aufgabe. Er berät eine westdeutsche Versicherungsfirma und tut das, was er am besten kann: Drohen, erpressen, lügen. Aber in dieser vierten Staffel geht es auch um das Ende der Illusionen von Bürgerrechtlern wie Falks Exfrau Vera, die nach einer gescheiterten Politkarriere von der Treuhand eingestellt wird. Hier thematisiert Friedemann Fromm, wie die DDR bei den Verhandlungen zur Währungsunion über den Tisch gezogen wurde.

Die Währungsunion hat massiv dazu beigetragen, dass Firmen nicht mehr überlebensfähig waren, weil der Wechselkurs überhaupt nicht der Wirtschaftskraft entsprochen hat. Das ist ja auch Teil der Treuhand. Es sind viele Firmen in die Pleite getrieben worden und es gab im Westen ein Interesse daran, Firmen dann auch nicht groß werden zu lassen. Für die westdeutsche Industrie war der Osten ein Markt, nicht eine Produktionsstätte. - Friedemann Fromm

Hier stimmt jedes Detail

Die vierte Staffel ist so wohltuend politischer und ambivalenter geworden. Denn natürlich überwiegt auch diesmal die komplizierte Familiengeschichte. Blut ist dann oft doch dicker als Wasser. Gerade Falk Kupfer, der bisher fast immer nur Täter war, macht langsam eine Entwicklung durch, auch, weil er sich in eine ehemalige DDR-Regimegegnerin verliebt. Neben den gestandenen Schauspielern um Jörg Hartmann als Falk, Uwe Kockisch als Hans Kupfer oder Florian Lukas als der verlorene Sohn und Ex-Volkspolizist Martin, haben Bernhard Schütz als fieser Wessi und Jördis Triebel als Stasiopfer spannende neue Rollen. Und wer eine Zeitreise in die jüngere deutsche Vergangenheit unternehmen möchte, ist mit "Weissensee" wie immer gut bedient. Hier stimmt jedes Detail. Das hilft auch beim Spielen verrät Florian Lukas.

Es ist ja auch immer alles so eingerichtet, als ob man da gerade gestern hinaus gegangen wäre. Insofern ist die Illusion auch für uns Schauspieler perfekt. Wir ziehen diese alten Sachen an...wir gehen in die Motive, die wir kennen, die uns vertraut sind von den anderen Staffeln und uns als Ossis sowieso, weil wir ja alle diese Dinge kennen. Diese Möbel, Gegenstände, Lebensmittel und all das. - Florian Lukas

Kein "Cliffhanger"

Lobenswerterweise werden in dieser vierten Staffel viele Handlungsstränge zu Ende erzählt, es gibt keine Cliffhanger mehr oder lose Enden, die auf eine Fortsetzung schließen lassen. Und so wäre die vierte Staffel von Weissensee dann ein würdiger Abschluss dieser DDR-Soap mit politischer Relevanz und trotz einiger Stasi-Klischees gekonnten Mischung aus Anspruch und Unterhaltung.