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Doku "Playing God" - Wie man den Wert eines Menschen berechnet

Doku "Playing God" - Wie man den Wert eines Menschen berechnet

"Was ist ein Mensch wert?" Diese Frage muss Ken Feinberg regelmäßig beantworten, Entschädigungsspezialist der US-Regierung, der bei Tausenden von 9/11-Opfern entschied, was Hinterbliebene bekamen. Barbara Knopf sprach mit Regisseurin Karin Jurschick.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wenn ein Mensch in den USA bei einem Unglück umkommt, einem Terroranschlag wie 9/11, einer Ölkatastrophe, wie Deep Water Horizon, auch wenn es sich um die Spätfolgen von Agent Orange bei Vietnam-Veteranen handelt, dann wird im Hintergrund verhandelt um Entschädigungen. Und es gibt einen Mann, der sich seit Jahrzehnten spezialisiert hat im Auftrag von Regierungen oder Konzernen zu entscheiden, wer wie viel bekommt. Kenneth Feinberg ist der Special-Master für Entschädigungsausfälle bei US-Krisen und Katastrophen. Und die deutsche Filmemacherin Karin Jurschick hat ihn begleitet. Ab morgen ist ihr Dokumentarfilm "Playing God" zu sehen.

Barbara Knopf: Frau Jurschick, in den USA sind ja spektakuläre Entschädigungsprozesse normaler als bei uns. Ihr Hauptdarsteller ist als Sonderbotschafter sehr nah am Zentrum der Macht. Die Kamera gleitet so über Fotos, auf denen Feinberg neben Clinton oder Obama steht. Und er hat zum Beispiel als Sonderbeauftragter des 9/11-Entschädigungsfonds über Tausende von Anträgen befunden. Gleich am Anfang des Films stellt sich explizit die Frage: Was ist ein Mensch wert?

Karin Jurschick: Genau das ist die Frage, die er immer wieder zu beantworten hat. Und in seiner Funktion als Special-Master hat er eine ungeheure Machtfülle, und das ist recht einzigartig für einen Anwalt, auch in den USA. Und die Frage, was ein Mensch wert ist, das sagt er ganz klar, rechnet sich ganz kalt: Nämlich einfach danach, was hat er verdient? Wie lange wird er noch verdienen? Könnte er noch aufsteigen? Hat er noch eine Karriere vor sich? Hat er Kinder? Hat er eine Familie? Und danach berechnet sich das Einkommen. Und dann ist eben ein Banker wesentlich mehr wert als ein Feuerwehrmann, zum Beispiel bei 9/11.

Das heißt also: Selbst nach dem Tod wird der Wert eines Lebens - zumindest im amerikanischen System - nach kapitalistischen Leitsätzen verhandelt? Feuerwehrmann weniger wert als Banker?

Ganz genau. Für mich war das gerade am Beispiel des Feuerwehrmannes ganz schön zu sehen: jemand, der hinein rennt in das Gebäude, um diesen Banker vielleicht zu retten, und dabei umkommt. Trotzdem wird die Witwe, werden die Angehörigen wesentlich geringer entschädigt. Und auch Feinberg würde nicht sagen, dass sich der Wert eines Menschen spiegelt im Sinne eines inneren Wertes, aber so ist das amerikanische System. Und unser System ist so weit davon auch nicht entfernt, wir zahlen nur nicht so hohe Summen.