Julian Assange soll nach jahrelangem Tauziehen nun an die die Vereinigten Staaten ausgeliefert werden. Innenministerin Priti Patel unterzeichnete eine entsprechende Auslieferungsanweisung. "Dies ist ein dunkler Tag für die Pressefreiheit und für die britische Demokratie", sagte Assanges Frau Stella. "Heute endet der Kampf nicht. Es ist nur der Beginn eines neuen juristischen Schlacht. Die Anwälte Assanges haben nun 14 Tage Zeit für einen Einspruch. Vor der US-Justiz soll sich Assange wegen Spionagevorwürfen verantworten. Der High Court in London hatte Ende vergangenes Jahr ein zuvor wegen Suizidgefahr erlassenes Auslieferungsverbot für Assange wieder aufgehoben. Das oberste Gericht (Supreme Court) hatte eine Berufung dagegen zuletzt abgelehnt.
PEN Berlin Forderung sofortiger Freilassung
Über die Entscheidung von Patel zeigte sich der PEN Berlin schockiert und forderte die Bundesregierung dringend dazu auf, sich für eine sofortige Freilassung einzusetzen und Assange politisches Asyl zu gewähren. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am 15.9.2021 zu Protokoll gegeben, dass sie eine Freilassung von Assange befürworte: "Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen grundlegende Freiheitsrechte der Europäischen Menschenrechtskonvention im Umgang mit Julian Assange – allen voran gegen das Verbot von Folter (Art. 3), gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit (Art. 5), gegen das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 6) und gegen das Recht, keine Strafe ohne Gesetz zu erhalten (Art. 7) – schließen wir uns der Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarates vom 27. Januar 2020 sowie dem Appell des UN-Sonderbeauftragten Nils Melzer an und fordern die sofortige Freilassung von Julian Assange."
Verfolgung und Haft
Der WikiLeaks-Gründer befindet sich seit April 2019 im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in Einzelhaft, nachdem er 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London Asyl beantragt und dort fast sieben Jahre als politischer Flüchtling gelebt hat. Die unerbittliche Verfolgung des Journalisten und Whistleblowers durch die Vereinigten Staaten geht zurück auf die Aufdeckung US-amerikanischer Kriegsverbrechen im Irak und im Irak durch die Plattform WikiLeaks, deren Mitbegründer er ist. 2010 hatte WikiLeaks, gemeinsam mit der "New York Times", dem britischen "Guardian" und dem "Spiegel" Berichte veröffentlicht, die Folter und Hinrichtungen anhand geleakter Militärprotokolle belegen.
Es bleibt noch eine Chance
Ob und wann der 50-jährige Australier ausgeliefert wird, war aber zunächst unklar. Seinen Unterstützern zufolge ist der Rechtsweg noch nicht ausgeschöpft. Sie befürchten, dass er trotz anderslautender Zusicherungen aus Washington in ein Hochsicherheitsgefängnis kommen wird. Assange hat die Möglichkeit, seine Auslieferung vor dem High Court anzufechten, was er nach Angaben von Wikileaks auch tun wird. Sollte er damit scheitern, bliebe ihm noch der Gang vor das höchste britische Gericht, den Supreme Court.
Julian Assange
Unterstützung weltweit
Die Unterstützer von Assange sehen in ihm einen investigativen Journalisten, der Kriegsverbrechen ans Licht gebracht hat und an dem nun ein Exempel statuiert werden soll. In den vergangenen Wochen hatten Journalisten- und Menschenrechtsorganisationen sowie Politiker weltweit an die britische Regierung appelliert, Assange nicht auszuliefern. Zuletzt wurde auch immer wieder über den physischen und psychischen Gesundheitszustand von Assange spekuliert.
PEN Berlin fordert Freilassung und Asyl
Der PEN Berlin hatte Assange erst kürzlich zum Ehrenmitglied ernannt. Nun setzt sich der neue Schriftstellerverband für die bedingungslose Freilassung des WikiLeaks-Gründer ein und fordert, dass Julian Assange nicht an die USA ausgeliefert werden darf. Die Auslieferung wäre ein Akt der Justizwillkür und eine Niederlage für die freiheitliche Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Europa, so der PEN Berlin. Für den neuen Schriftstellerverband ist Julian Assange der "Dreyfus des 21. Jahrhunderts". Am späteren Nachmittag verurteilte auch der PEN Deutschland die Entscheidung der britischen Innenministerin Priti Patel, Julian Assange an die USA auszuliefern: "Das PEN-Zentrum Deutschland hat immer wieder gegen die Haft und die Haftbedingungen seines Ehrenmitglieds Julian Assange protestiert und tut das auch jetzt. Mit der Forderung an die Außenministerin der Bundesrepublik Deutschland, Annalena Baerbock, sich bei den britischen Behörden für die Freilassung von Julian Assange einzusetzen. Ziel ist es, die Anklage gegen Julian Assange fallen zu lassen und die Spionagegesetze, die gegen JournalistInnen und Verleger eingesetzt werden können, abzuschaffen – im öffentlichen Interesse."
Mit Material von PEN Berlin und BR
Die BR KulturBühne – ein Platz für Konzerte, Events, Debatten und auch großes Vergnügen. Hier geht's lang!
Aktuelle Debatten, neue Filme und Ausstellungen, aufregende Musik und Vorführungen... In unserem kulturWelt-Podcast sprechen wir täglich über das, was die Welt der Kultur bewegt. Hier abonnieren!