Installation von Monira Al Qadiri im Kunsthaus Bregenz
Bildrechte: Monira Al Qadiri, Kunsthaus Bregenz

Installation von Monira Al Qadiri im Kunsthaus Bregenz

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Öl und Schnecken: Monira Al Qadiri im Kunsthaus Bregenz

In Kuwait aufgewachsen, in Tokio promoviert, in Berlin lebend: Jetzt stellt Monira Al Qadiri im Kunsthaus Bregenz aus. "Mutant Passages": eine Schau über Schönheit und Schrecken der Umweltkatastrophe.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Monira al Qadiri ist in Kuwait aufgewachsen. Das Land wird vollkommen von der Ölindustrie beherrscht, aller Wohlstand kommt hier vom Öl. Trotzdem ist ihre künstlerische Arbeit so etwas wie eine Grabrede auf das Ölzeitalter – inklusive Jubelgesang.

Ölbohrungen im Museum

So schweben im Kunsthaus Bregenz fünf riesige Luftballons unter der Decke. Manche sehen aus wie ein bunter Haufen Tabletten, andere wie Blüten. Die Oberfläche der Ballons glänzt wie Perlmutt, aber auch Erdöl schimmert in genau diesen Regenbogenfarben. Tatsächlich handelt es sich bei den seltsamen Gebilden um die überdimensionierten Nachbildungen von Kohlenwasserstoffmolekülen wie Naphthalin, Propan oder Benzol. Alles Stoffe, die aus Erdöl gewonnen werden und die überall im Alltag auftauchen.

Ein Stockwerk höher surren zwei nicht minder seltsame Wesen leise vor sich hin, eines erinnert an eine Krone, das andere an einen Phallus. Es sind vergrößerte Bohrköpfe, wie sie bei der Ölförderung zum Einsatz kommen.

Schrecken und Schönheit

Außer mit Erdöl beschäftigt sich Monira Al Qadiri auch mit Fragen rund um das Thema Geschlecht. Im zweiten Obergeschoss begegnen wir zwei riesigen Stachelschnecken. Aus den Löchern, die in ihr Inneres führen, dringen zwei androgyne Stimmen. Die Arbeit beschäftigt sich mit den Auswirkungen eines roten Schiffsanstrichs, der die riesigen Öltanker vor Algen- und Muschelbewuchs schützt. Doch die Substanz löst sich im Wasser und verändert den Hormonhaushalt bestimmter Schneckenarten so stark, dass weiblichen Schnecken ein Penis wächst. Klar: Wenn alle Individuen Männer werden, stirbt die Population. Die Schnecken aber finden ihr neues Dasein gar nicht so schlecht, endlich der Pflichten der Fortpflanzung entledigt.

Das Sterben einer Art als individuelle Befreiung – es geht Monira al Qadiri nicht darum, Umweltkatastrophen zu bebildern. Ihre Kunst besteht vielmehr darin, der Ambivalenz der Dinge Raum zu geben. Schrecken und Schönheit, Natur und Technik, feminines und Männlichkeit kommen bei ihr in Frieden zusammen.

Verpassen war gestern, der BR Kultur-Newsletter ist heute: Einmal die Woche mit Kultur-Sendungen und -Podcasts, aktuellen Debatten und großen Kulturdokumentationen. Hier geht's zur Anmeldung!