Im geräumigen Depot des Museums der Bayerischen Geschichte entsteht derzeit eine neue Sammlung zur Corona-Pandemie in Bayern. In einem taghell ausgeleuchteten Nebenzimmer steht ein großer Tisch. Darauf verlieren sich die ersten Sammelstücke aus der Corona-Zeit nahezu - es sind allesamt kleine Zeugen der großen Pandemie.
Krankenhausmüll als Sammlungsobjekt
Timo Nüßlein ist Sammlungsbeauftragter am Museum der Bayerischen Geschichte. Die gesammelten Gegenstände fasst er nur mit weißen Stoffhandschuhen an. Nüßlein nimmt eine quadratische, schwarze Schachtel und öffnet sie vorsichtig: 49 kleine, daumengroße Fläschchen mit durchstochenen, silbrig glänzenden Aludeckeln reihen sich darin wie in einer Patronenschachtel auf. Es sind Impfdosen vom BRK Regensburg, die Ende Dezember 2020/Anfang Januar 2021 im Impfzentrum am Dultplatz in Regensburg verimpft worden sind. Nüßlein nimmt eins der Fläschchen aus der Schachtel, hält es sich vors Auge: "Manchmal ist noch ein kleiner Rest drin. Faszinierend."
Normalerweise wäre die Schachtel mit den aufgebrauchten Impfdosen im Krankenhausmüll gelandet. Im Museum der Bayerischen Geschichte werden sie zum Sammlungsobjekt, das für Generationen Zeugnis geben wird von der Corona-Zeit, die wir jetzt erleben.
Impfdosen, Schutzmasken, Hinweisschilder
Impfdosen, Schutzmasken, Hinweisschilder - es sind genau solche mittlerweile alltäglich gewordenen Dinge, nach denen das Museum der Bayerischen Geschichte jetzt sucht. Keine Kunstwerke, sondern Objekte, die eine Geschichte erzählen. Das kann auch eine Art Bierdeckel sein, beidseitig bedruckt. "Bitte setzen, Tisch gereinigt", steht auf der grünen Seite mit einem lachenden Smiley. "Bitte warten, Tisch wird gereinigt", warnt die rote Kehrseite. Das Schild stammt vom Schafferhof, einer traditionellen Oberpfälzer Zoiglwirtschaft in Windischeschenbach.
Corona aus bayerischer Sicht
Natürlich sei es auch Aufgabe des Museums der Bayerischen Geschichte, das Leben mit Corona zu dokumentieren, betont Museumsdirektor Richard Loibl: "Es ist natürlich ein ganz spezifisch bayerisches Thema, weil wir es merken werden - zum Beispiel an der Gastronomie, an den Wirtshäusern. Die gehören ja elementar zur bayerischen Kultur dazu."
Jedes Objekt erzählt eine Geschichte
Jeder Gegenstand hat seine besondere Bedeutung: Da ist der offizielle Oktoberfestkrug, der im Jahr 2020 keinen Tropfen Festbier gesehen hat, das "(Kl)Osterpaket" mit Kerze, Weihrauch und liturgischen Heft mit Anleitungen für die Hausandacht der unterfränkischen Benediktinerabtei Münsterschwarzach oder Werbeblätter für Maskendesigns aus München.
Ein dreidimensionales Symbol fürs Homeschooling
Sammlungsbeauftragter Timo Nüßlein nimmt eine weiße Kappe zur Hand: Es kommt vom Kinderhort der Grundschule Zerzabelshof in Nürnberg. "Bleibt dran!", steht in bunter Schrift über dem gebogenen Schirm - soll heißen: "Durchhalten im Homeschooling!" Im ersten Lockdown haben die Kinder des Horts Aufgaben per E-Mail nach Hause geschickt bekommen. Wenn sie diese gut und regelmäßig erledigten, gab es zur Belohnung eine solches "Bleibt dran"-Käppi. "Gar nicht so leicht aus Museumssicht, zu so einem Sachverhalt ein dreidimensionales Objekt zu kriegen", bemerkt Timo Nüßlein.
Museum freut sich über weitere Angebote
Gut fünfzig Objekte zur Corona-Pandemie in Bayern hat das Team um Timo Nüßlein für das Museum der Bayerischen Geschichte schon gesammelt. Und es sollen noch mehr werden. Angebote aus der Bevölkerung sind erwünscht. Das Museum bittet allerdings darum, Gegenstände nicht einfach zu schicken oder gar vorbeizubringen, sondern vorher per E-Mail oder Telefon Kontakt aufzunehmen.
Maske als Lifestyle-Accessoire
Alte, getragene Masken nimmt das Museum nur im Ausnahmefall an. Eine reguläre FFP2-Maske beispielsweise wäre in der Sammlung fehl am Platz, sagt Timo Nüßlein: "Es steht für keine Entwicklung von Bayern speziell. Es ist ein privater Artikel. Aber wo die Maske jetzt Lifestyle wird, wie beispielsweise wo die Maske zum Dirndl angepasst angeboten wird, das ist doch eine neue Entwicklung, die von Corona ausgelöst ist. Und die sagt: das bleibt."
Söder-Maske soll Geschichte schreiben
Und eine Art Staats-Maske wird wohl auch noch Geschichte schreiben: Das Museum der Bayerischen Geschichte hat sich die weiß-blaue Original-Rauten-Maske von Ministerpräsident Markus Söder gesichert. Die Maske trug er im Frühjahr 2020, als er die Maskenpflicht in Bayern anordnete. Söder hat seinen berühmten Mundschutz dem Museum in Regensburg versprochen, aber noch nicht geschickt.
Ausstellung möglicherweise bereits 2025
Im Jahr 2025 soll die Dauerausstellung am Museum der Bayerischen Geschichte umgebaut werden. Dann, so Museumsdirektor Richard Loibl, könnte möglicherweise auch bereits die Corona-Ausstellung erstmals gezeigt werden. Loibl blickt dem Tag der Ausstellung hoffnungsvoll entgegen: "Ich glaube, wir können uns auf eins freuen, wenn das Ganze wirklich museumsreif ist. Das glaube ich, ist das Wichtigste."
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