Mit der Eröffnung einer Kunstausstellung beginnt dieser Film. Ségolène, eine der Töchter von Marie und Claude Verneuil, zeigt ihre Bilder, abscheuliche Stillleben von Tier- und Menscheninnereien. Alle finden sie grauenhaft, bis auf Ségolène selbst, nur keiner wagt es ihr zu sagen.
Nach der Vernissage steht das Ehepaar Verneuil mit seinen Kindern noch vor der Galerie im idyllischen Städtchen Chinon und resümiert den Abend. Schnitt. Das Ehepaar Verneuil bewegt sich mit seinem Hund nach Hause – und sobald die beiden sich ein paar Meter von ihren Töchtern entfernt haben, wird über die anderen getuschelt.
Getuschel? Kommt in den besten Familien vor!
Das ist etwas, was in allen Familien so passiert und in "Monsieur Claude" auf die Spitze getrieben wird: Man liebt sich und redet schlecht übereinander. Je entfernter die Verwandtschaft, desto abfälliger.
Schnitt und Rhythmus des Films ordnen sich diesem Prinzip der üblen Nachrede unter und laufen dabei immer wieder Gefahr, allzu schablonenhaft zu wirken. Die Gag-Maschine reduziert sich manchmal aufs Mechanische. Und dann – peng! – blitzt doch wieder ein böse gelungener Dialog auf – und es entwickelt sich erneut der Sog des großfamiliären moralischen Suspense: Wie weit darf man gehen? Kann man hinter dem Rücken eines anderen übel über ihn herziehen, um ihm anschließend wieder halbwegs gesittet zu begegnen?
Es gehe zwar sehr speziell um die Eigentümlichkeiten der französischen Gesellschaft, sagt Hauptdarsteller Christian Clavier, aber trotzdem werde der Film auf der ganzen Welt verstanden und berühre fast jede und jeden. Das sei eben der Zauber des Kinos.
Monsieur Claude: Ein Film, der Klischees feiert – aber amüsant!
Die vier Schwiegersöhne der Verneuils haben verschiedene Hautfarben und Glaubensrichtungen: Sie stammen aus dem Senegal, aus Israel, aus Algerien und China. Nun sind sie alle samt ihren Eltern eingeladen zu dem Überraschungsfest, dass die Töchter zum 40. Hochzeitstag von Marie & Claude planen. Christian Clavier gibt als der titelgebende Monsieur Claude wieder den Spießbürger, der weltmännisch tut und eigentlich nur aus Vorurteilen besteht. Aber charmant ist er eben – und arrangiert sich dann doch immer mit allen. So wie der Film auch, der die Klischees eher feiert als hinterfragt. Aber vielleicht regt das das Publikum ja dazu an, selbst Stellung zu beziehen.
Regisseur Philippe de Chauveron lässt die Ereignisse gewohnt elegant kulminieren – in vielen kleinen Szenen bis hin zu der romantischen irren Ballonfahrt am Ende sowie einem beeindruckenden Auftritt der Punkband der Elektrischen Hyänen. Das ist vergnüglich inszeniert, aber manche Dialoge wünschte man sich pointierter und manche Konflikte etwas gehaltvoller. Der dritte Teil zerfällt zudem bisweilen ins Episodische – Teil 1 und 2 waren straffer durcherzählt.
Visuell darf man sich von "Monsieur Claude" nach wie vor nicht allzu viel erwarten – Kamera und Montage begleiten das Geschehen eher unauffällig als formal pointiert. Aber das macht nichts, denn die Schauspieler sind großartig, viele Momente abstrus komisch, bisweilen auch gelungen slapstickhaft. Kurz: "Monsieur Claude und sein großes Fest" macht – mit ein paar kleinen Einschränkungen – Spaß. Und die Moral der Geschichte? Die könne sowieso jeder anders interpretieren, antwortet Christian Clavier – diesmal auf Deutsch: "Isch weiß nischt...!?"
Die BR KulturBühne – ein Platz für Konzerte, Events, Debatten und auch großes Vergnügen. Hier geht's lang!
Aktuelle Debatten, neue Filme und Ausstellungen, aufregende Musik und Vorführungen... In unserem kulturWelt-Podcast sprechen wir täglich über das, was die Welt der Kultur bewegt. Hier abonnieren!