Der Schauspieler im Zeugenstand in Fairfax County
Bildrechte: Jim Watson/Picture Alliance

Johnny Depp sagt aus

    "Mein Ziel ist die Wahrheit": Johnny Depp im Zeugenstand

    Bei einem spektakulären Auftritt im Gerichtssaal von Fairfax County sprach der prominente Hollywood-Schauspieler über seine gescheiterte Ehe mit Amber Heard und verwahrte sich dagegen, sie jemals tätlich angegriffen zu haben.

    Ob er es mit seinen Anwälten sorgfältig einstudiert hatte, was anzunehmen ist, oder ob er wirklich so tief getroffen war: Johnny Depp (58) sprach im Zeugenstand zunächst sehr langsam, schwer atmend, scheinbar überwältigt von seinen Gefühlen. Er beschuldigte seine Ex-Frau Amber Heard (35) vor der Jury im Gerichtssaal von Fairfax County, in einer stundenlangen Aussage, "verstörende und verbrecherische Handlungen" gegen ihn begangen zu haben, die mit "keiner Art von Wahrheit" in Einklang zu bringen seien.

    Damit bezog sich der Schauspieler auf einen Kommentar in der "Washington Post", in dem Heard Ende 2018 die Langzeitfolgen von häuslicher Gewalt beschrieben hatte, ohne freilich Depp namentlich zu nennen. Gleichwohl klagt der Schauspieler, der im dunklen Anzug mit gelber Krawatte erschienen war, auf fünfzig Millionen Dollar Schadenersatz, wegen Rufschädigung und damit verbundenen, von ihm behaupteten Einnahmeausfällen im Filmgeschäft.

    Depp will niemals gewalttätig geworden sein

    "Es war für mich ein völliger Schock, es hätte nicht auf diese Weise enden müssen", so Depp über seine Ehe mit Heard, die 2016 geschieden wurde. "Es gab Streitigkeiten, aber ich habe meinerseits niemals die Grenze zu Tätlichkeiten gegenüber Frau Heard überschritten, wie übrigens auch gegenüber keiner anderen Frau zeit meines Lebens." Weil sich gegenteilige Behauptungen im Netz verbreitet hätten und als "Tatsachen" gewertet worden seien, habe er es als seine Pflicht angesehen, dagegen vorzugehen, so der Schauspieler, auch im Interesse seiner damals 14- und 17-jährigen Kinder.

    Er sei seit rund dreißig Jahren im Filmgeschäft und habe niemals Ärger wegen Gewalttätigkeiten gehabt: "Mein Ziel ist die Wahrheit, weil mich der Gedanke schier umbringt, dass Leute, denen ich einst mit Rat und Tat zur Seite stand, jetzt denken, ich hätte sie hintergangen. Ich musste also auf eine Gelegenheit warten, gegen die Vorwürfe vorzugehen und fühlte mich verantwortlich, meinen Namen reinzuwaschen." Leider habe das sechs Jahre gedauert. Der Fall fühle sich für ihn an, als ob ein argloses Aschenputtel auf einen hinterhältigen Quasimodo treffe: "Das habe ich nicht verdient, und auch kein anderer."

    "Lügen zeugen immerfort Lügen"

    Mehrmals wiederholte Depp, dass es ihm darum gehe, seine Kinder vor "Horden von Fotografen" und öffentlicher Beschämung zu schützen. "Lügen zeugen Lügen, immerfort. Ich bin von der Wahrheit besessen und habe jetzt erstmals die Gelegenheit, über diesen Fall zu sprechen."

    Über seine Drogensucht sagte Depp, sie gehe zurück auf seine Kindheit. Schon als er vier oder fünf Jahre jung gewesen sei, habe ihn seine Mutter regelmäßig gebeten, ihr die "Beruhigungstabletten" zu bringen. Er habe beobachtet, wie sie damit "runtergekommen" sei, daher habe er mit elf selbst welche ausprobiert: "Um den chaotischen Verhältnissen, in denen ich lebte, zu entkommen." Stolz sei er nicht darauf, doch er habe damals keine Alternative gesehen. Später habe er Drogen wie Marihuana niemals zum "Feiern" eingenommen, sondern um den "Gespenstern" seiner Jugend zu entkommen: "Es war letztlich Selbstmedikation, um meinen eigenen Kopf frei zu bekommen."

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    Tief getroffen: Johnny Depp

    Was Amber Heard über seine Drogensucht verbreite, sei teils aufgebauscht, teils schlichtweg falsch: "Ich bin kein Irrer, der stets high oder drauf sein muss." Bei Dreharbeiten sei er niemals "außer Kontrolle" gewesen. Direkt gefragt, ob er von einer Substanz abhängig sei, bestätigte Depp seine einstige Opiat-Sucht und nannte das Arzneimittel Roxicodon, das ihm ursprünglich ein Arzt gegen Schmerzen verschrieben habe: "Bevor du es merkst, hast du den Affen am Rücken." Seit seiner Therapie sei er jedoch nicht mehr rückfällig geworden.

    Die Mutter soll "grausam" gewesen sein

    Er habe bis zu einem bestimmen Punkt eine "normale" Kindheit gehabt, so Depp, obwohl er mit seiner Mutter vielfach umgezogen sei, innerhalb Kentuckys und von dort nach Florida: "Meine Mutter wurde unvorhersehbar. Sie hatte die Fähigkeit, so grausam zu sein wie nur irgend möglich, worunter die ganze Familie litt. Sie war ziemlich gewalttätig. Sie wurde übergriffig, schlug uns mit Gegenständen auf den Kopf. Daheim gab es nie irgendeine Art von Sicherheit oder Behütetsein. Du konntest nur vermeiden, in der Schusslinie zu stehen."

    Über die Trennung seiner Eltern zeigte sich Depp "enttäuscht", sein Vater sei für ihn ein "Feigling" gewesen, als er die Familie verlassen habe. "Ich habe dann gelernt, dass ich in meiner Einschätzung von ihm total daneben lag." Bezugnehmend auf seine eigene schwierige Kindheit sagte Depp, er wisse dadurch, wie Kinder erzogen werden sollten. Zum Beispiel solle man sie nicht mit einem harschen "Nein" abfertigen, sondern das Gespräch suchen.

    Seine Ehe mit Heard nannte er "erstaunlich"

    Anfangs sei Amber Heard in ihrer Beziehung liebevoll, klug, witzig, verständnisvoll und der Wahrheit verpflichtet gewesen: "Wir hatten vieles gemeinsam, unser Interesse an Musik und Literatur. Die eineinhalb Jahre waren erstaunlich." Er habe damals viel gearbeitet und wenn er abends nach Hause gekommen sei, hätten sie sich erst mal bei einem Glas Wein aufs Sofa gesetzt: "Ich habe das in meinem Leben davor noch nie erlebt. Es wurde sogar zur Gewohnheit." Eines Tages habe er sich selbst die Schuhe ausgezogen, doch Heard habe ganz erstaunt reagiert, weil sie ihm das doch jeden Tag abgenommen habe. Am Ende ihrer Beziehung sei Heard allerdings "ein anderer Mensch" gewesen.

    "Ich war eigentlich Musiker und bin mit meiner Band im Alter von zwanzig Jahren nach Los Angeles umgezogen", so Depp über den Beginn seiner Karriere im Filmgeschäft. "Nicolas Cage, der damals noch nicht so bekannt war, bot mir an, mich mit seinem Agenten bekannt zu machen. Er vermittelte mich an einen Casting-Chef. So bekam ich erste Jobs, obwohl ich mich als Musiker, nicht als Schauspieler verstand." Doch die Mindestgage von 1284 Dollar die Woche habe ihn überzeugt: "Und so geriet ich auf die Spur zur Schauspielerei."

    Amber Heard, die eine cremefarbene Bluse trug, hörte der Aussage ihres Ex-Mannes scheinbar unbewegt zu. Mitunter verriet ihre Mimik eine Mischung aus Langeweile und Unmut. Wann Heard aussagen wird, die ihrerseits gegen Depp eine 100 Millionen-Dollar-Klage auf den Weg gebracht hat, steht noch nicht fest. Der Prozess ist auf fünf Wochen terminiert.

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