Bevor die Bayreutherin Juliane Bresecke sich auf den Weg nach Nürnberg in die Meistersingerhalle macht, hat sie unzählige Stunden in ihrer Cosplay-Werkstatt zu Hause verbracht. Die 26-Jährige war zuerst begeisterte Mittelalter-Markt-Besucherin. Dann hat sie Cosplay für sich entdeckt – immer wieder schlüpft sie in andere Charaktere, meist aus Fantasy-Serien oder Computerspielen. Die Bewegung – eigentlich in Japan entstanden – findet auch in Franken immer mehr Anhänger.
Zahlreiche Stunden mit zwei Zangen
Ein Outfit, in das Juliane besonders viel Zeit und Mühen investiert hat, ist das einer weiblichen Version von Captain America. Auf den ersten Blick eine blaue Hose mit einem knappen Brustharnisch in den amerikanischen Nationalfarben. Doch wenn die Fränkin den selbstgemachten Körperschmuck in die Hände nimmt, dann rascheln zahlreiche Aluminiumschuppen wie ein Kettenhemd aus dem Mittelalter. Das Muster in Blau, Rot und Weiß erinnert an die amerikanische Flagge – ganz so wie beim Comic-Vorbild. Juliane Bresecke hat daraus ein Kostüm gemacht – als Superheldin.
Cosplay kommt ursprünglich aus Japan. Dabei kommt es darauf an, ein möglichst detailgetreues Kostüm zu erstellen – und dann selbst für eine Weile in diesen Charakter zu schlüpfen. Und in Julianes Brustpanzer aus Metallplättchen, Ringen und Draht steckt vor allem eine Menge Handarbeit.
"Die Ringe habe ich quasi aus dem Baumarkt gekauft, selber eingedreht, auseinandergeklippt, und dann ineinander gewoben und geflochten. Zwei Zangen – viel Geduld." Juliane Bresecke
Besondere Liebe zum Detail
Für sie sei das eine entspannende Arbeit, etwa so wie Stricken. Die Stunden zählt sie aber lieber nicht. Waffen, Kleidung, Accessoires – sie will alles besonders detailgetreu nachbauen. Juliane ist ihre eigene Kostümbildnerin. Hat sich viele Fertigkeiten selbst beigebracht, etwa mit Lehrfilmen aus dem Internet. Besonders gerne wird Juliane als Cosplayerin zu einer Kriegerin, so wie in Fantasy-Büchern oder Computerspielen.
Unikate für den eigenen Körper
Juliane schneidert sich die Kostüme auf den eigenen Leib, zurrt etwa rote Bänder um Arme und Beine. Perücken kauft sie aber lieber, sagt sie. So wie die lange, pechschwarze Mähne, die zur knallroten Robe als Elektra gehört. Mit diesem Outfit war sie schon auf Conventions. So heißen die Treffen, bei denen Cosplayer ihre Charaktere zeigen, sich und ihre Helden gemeinsam feiern.
Ihren Freund Fabio Middelhove hat sie mittlerweile auch mit in den Cosplay-Bann gezogen. Er fotografiert Juliane gerne in ihren Outfits. "Sobald die Kamera da ist und abgedrückt wird, dann schlüpft man schon in die Rolle, und versucht diesen Blick aufzusetzen, den der Charakter hat". Das sei mehr als etwa ein Faschingskostüm, erklärt die Cosplayerin.
Erfolgreiche Auftritte – Wettbewerbe gewonnen
Mit einem Auftritt bei der Franco Bamberg, einem Treffen der Szene, hat sie dieses Jahr den Publikumspreis gewonnen. Ihr bisheriges Meisterstück ist Aela, die Jägerin – ein Charakter aus dem Computerspiel Skyrim. Dafür hat sie sich ihre Haare extra kastanienrot gefärbt. Dazu originalgetreue Harnische aus Fell und Leder gefertigt, zudem Waffen gebaut – aus leichtem Modellierschaum statt Holz und Metall.
Mittlerweile gibt es in Bastelläden oder im Internet die Materialien zu kaufen. Denn Cosplayer wollen keine echten Waffen mit sich herumtragen – "das wäre viel zu schwer, damit den ganzen Tag bei einer Convention rumzulaufen", schmunzelt Juliane. In der Szene ist es wichtiger, dass es eben so aussieht wie polierter Stahl oder abgewetzte Lederjacken. Dafür spart sie dann aber nicht mit Kunstblut an der Streitaxt. Mit Aela hat sie im Sommer sogar den ersten Platz beim Elbenwald-Festival in Cottbus gewonnen – darauf ist sie richtig stolz.
Neuer Berufswunsch durch Cosplay geweckt
Gerade ist sie zu ihrem Freund nach Regensburg gezogen – in der neuen Wohnung hat sie natürlich ein eigenes Cosplay-Zimmer, mit Nähmaschine, Bastelutensilien und vielen Dingen aus dem Baumarkt. Denn da es mit dem Studium in Bayreuth während der Pandemie nicht so geklappt hat und sie gerade in einem Feinkostladen arbeitet, hat sie nun einen Plan für die Zukunft gefasst: Juliane Bresecke sucht eine Ausbildungsstelle als Herrenmaßschneiderin – gerne auch beim Theater. Ihr Ziel ist nun, aus dem Hobby einen Beruf zu machen.
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