"Wenn es an Lichtmess stürmt und schneit, ist der Frühling nicht mehr weit": Solche Bauernregeln sind heute fast in Vergessenheit geraten, genauso wie der Feiertag "Mariä Lichtmess", den vor allem Katholiken am 2. Februar feiern. An diesem Tag endet nach christlicher Tradition und laut dem Kirchenkalender endgültig die Weihnachtszeit; spätestens jetzt entsorgen auch traditionell eingestellte Katholiken ihren Christbaum. Eine besondere Rolle spielen an diesem Tag Kerzen. Gerade in diesem Winter, in Zeiten von Energieknappheit, sind sie für viele Menschen wichtiger als in den Jahren davor.
30.000 Kerzen pro Stunde werden in Fabrik hergestellt
In der Kerzenfabrik im niederbayerischen Rottalmünster laufen die Maschinen auf Hochtouren. In großen Behältern lagert das wachsähnliche, aus Erdöl gewonnene pulverförmige Paraffin. Über große Rohre gelangt es in die Maschinen. Anschließend folgt der Pressvorgang in der Pressmaschine, wo die Kerzen mit Docht in Windeseile ohne Temperatureinwirkung gepresst werden. So entstehen in der Fabrik von Christian Kopschitz dicke Stumpenkerzen, schmale Stabkerzen und riesige Altarkerzen: Für jede Form gibt es die passende Maschine. Rund 30.000 Kerzen pro Stunde rollen hier gerade vom Fließband - deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. "Während der Corona-Phase ging der Umsatz zurück, ganz klar, weil Geschäfte geschlossen waren", sagt Christian Kopschitz. "Aber jetzt sind wir Gott sei Dank wieder auf Vor-Corona-Niveau und dieses Jahr sogar darüber. Da merkt man einfach, dass der Bedarf an Kerzen gestiegen ist."
Bundesamt empfiehlt für Katastrophenfall Kerzen zu lagern
Die Energiekrise und die Nachrichten von einem möglicherweise drohenden Stromausfall haben den Verkauf angekurbelt, glaubt Christian Kopschitz. Auch die Tatsache, dass Kerzen auf einer Einkaufsliste für Katastrophenfälle stehen, die das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe herausgebracht hat, könnte den Umsatz zusätzlich gesteigert haben.
Auch die Kunden von Christian Kopschitz, die im Werksverkauf neben dem Fabrikgebäude einkaufen, bestätigen seine Vermutung. "Wir kaufen Kerzen, weil wir das Licht mögen. Aber auch, weil die wirtschaftliche Lage mit Strom gerade so ist. Wir haben im Herbst schon eingekauft und jetzt sind wir wieder hier, weil wir uns Nachschub holen", sagt eine Kundin.
Früher wurden Knechte und Mägde an Lichtmess ausbezahlt
Auch Sandra Angermaier zündet im Winter fast täglich Kerzen an. Vor ihrem Haus brennen sie in kleinen Laternen auf der Terrasse; im Wohnzimmer stehen sie auf dem Kaminsims und auf einer Kommode, neben dem alten, hölzernen Kruzifix. Sandra Angermaier ist Kreisheimatpflegerin im Landkreis Erding und erklärt: Weihnachten sei zwar vorbei, an Lichtmess werde aber noch einmal daran erinnert. "Mit Martini beginnt der Festkreis rund um das Weihnachtsfest, mit Lichtmess endet er. Und man kann sagen, Mariä Lichtmess war für den Bauernstand einer der wichtigsten Feiertage im ganzen Jahreslauf." Denn Lichtmess war der Tag, an dem die Knechte und Mägde ausbezahlt wurden und manchmal auch ihrem Dienstherr kündigten, weil sie eine neue Stelle gefunden hatten, erklärt die Brauchtums-Expertin.
Doch wo etwas endet, beginnt auch etwas Neues: In vielen Kirchen werden an Mariä Lichtmess die Kerzen für das gesamte kommende Kirchenjahr geweiht. In Maria Tading im Landkreis Erding gibt es einen ganz besonderen Lichtmessgottesdienst, bei dem die Kerzen pyramidenartig aufgebaut werden. Gläubige, die Kerzen zum Gottesdienst mitbringen, legen die Kerzen dazu. Dann werden die Kerzen geweiht; dem Glauben nach sollen sie eine besonders wundertätige, heilbringende Wirkung haben.
Kerzen sollten früher gegen Blitzschlag helfen
Früher zündete man diese Kerzen dann gern bei Unwetter an, in dem Glauben, man sei vor einem Blitzeinschlag geschützt. Heute glauben viele Menschen nicht mehr an solche Wunder. Trotzdem hat der Kerzenschein für die meisten Menschen noch immer etwas Zauberhaftes und Tröstliches. Gerade in diesem Winter habe deshalb die Kerze jenseits der Energiekrise noch eine zusätzliche Bedeutung als Friedenssymbol, findet Sandra Angermaier: "Eine Kerze anzünden kann auch ein Stück Frieden in die Welt bringen, und das hat die Welt ganz nötig."

Der Tradition nach feiern Katholiken am 2. Februar Mariä Lichtmess. Eine besondere Rolle spielen an diesem Tag Kerzen.
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