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Lillehammer

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Literaturfestival in Lillehammer

Bei Lillehammer denken die meisten vermutlich an Sport. Doch in dem Ort findet alljährlich auch das größte Literaturfestival des Nordens statt. Jetzt hat die Stadt den UNESCO-Titel "City of Literature" erhalten. Von Agnes Bührig

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Welche Namen fallen Ihnen ein, wenn Sie jemand nach gegenwärtiger norwegischer Literatur fragt? Linn Ullman, Maja Lunde und vermutlich vor allem Karl Ove Knausgård? Das könnte sich im kommenden Jahr ändern, dann ist Norwegen Gastland der Buchmesse Frankfurt. Bereits jetzt wurde Lillehammer zur „Unesco-City of Literature", also als Unesco-Stadt der Literatur gekürt, ein Titel, der weltweit Städte auszeichnet, die den kreativen Austausch in Kunst und Kultur suchen. Als Unesco-Stadt der Literatur stehe Lillehammer nun in der Reihe von Städten wie Durban oder Quebec, sagt Kulturministerin Trine Skei Grande.

"Wir sind ein winziges Land mit einer kleinen Sprache, die wir auch noch in zwei Varianten schreiben. Wir haben eine Menge Autoren, die in dieser kleinen Sprache schreiben und durch die Förderung von Literatur im Laufe der Zeit war es uns möglich, unser hohes Qualitätsniveau weiterzuentwickeln. Das wollen wir jetzt dem Rest der Welt zeigen." Trine Skei Grande

In Lillehammer wohnte einst die Literaturnobelpreisträgerin Sigrid Undset, zudem richtet die kleine Stadt, zwei Zugstunden nördlich von Oslo, mit dem „Norsk Litteraturfestival“, eines der größten Literaturfestivals in Nordeuropa aus. Einer der Trends in diesem Jahr: das erzählende Sachbuch, das Elemente von Sachbuch und Roman verbindet, sagt Halldór Guðmundsson, Projektleiter von Norwegens Auftritt auf der Buchmesse Frankfurt im kommenden Jahr.

"Die Erzählungen, das Erzählen ist schon immer hier in Norwegen beliebt, und wenn man mit dieser Erzähllust an die Sachbücher rangeht, dann gibt es natürlich auch ganz spannende Sachen, jetzt neuerdings sogar die Biographie eines Affen im Zoo." Halldór Guðmundsson

Maja Lundes Romane über die Geschichte der Bienen und des Wasser sind Beispiele des narrativen Sachbuches, auch Åsne Seierstads Bücher, die für ihre Analyse des Lebens von Massenmörder Anders Behring Breivik gerade erst mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung ausgezeichnet wurde. Auf dem Literaturfestival präsentiert mit Erika Fatland zudem eine jüngere Vertreterin das Genre und liest aus ihrem jüngsten Werk „Die Grenze“. Die studierte Sozialanthropologin, Jahrgang 1983, ist entlang der Grenze Russlands gereist und hat seine 14 Nachbarstaaten besucht, mit am Eindrucksvollsten war für sie dabei Nordkorea.

"Das Land ist so hermetisch geschlossen: Sogar diejenigen, die im Tourismus mit Ausländern Kontakt haben, wissen fast gar nichts. Wir fuhren aufs Land, in ärmliche Gebiete im Norden Nordkoreas. Durch die Fensterscheiben des Busses sahen wir sehr dürre Menschen, die mit Spaten und Hacke im Boden gruben. Bei Begegnungen mit der Lokalbevölkerung war ihre starke Angst zu spüren, etwas Falsches zu sagen." Erika Fatland

Weiter berichtet Fatland, dass Norwegen mit seinem Kontaktgebiet im Norden des Landes dahingegen auch positive Erfahrungen mit Russland gemacht hat - schließlich befreite die Rote Armee die Nordnorweger im zweiten Weltkrieg. Mehrere Monate nahm sie sich Zeit, um sich Russland über das Verhältnis zu seinen 14 Anrainerstaaten zu nähern, als Frau kein immer ganz leichtes Unterfangen, und doch auch typisch norwegisch, sowohl im Genre Sachbuch wie Roman, sagt Halldór Guðmundsson.

"Was ich auch gesehen habe, so in den letzten Jahren, sind ziemlich viele starke Bücher von Frauen, die nicht zuletzt über Scheidung und andere Sachen im Leben schreiben, die eigentlich sehr gut zu einer ironischen Überschrift glücklichstes Land oder Volk der Welt passen würden. Da gäbe es auch mehrere Bücher, die auch auf Deutsch erscheinen werden." Halldór Guðmundsson