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Literatur-Nobelpreisträger Kazuo Ishiguro

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Kazuo Ishiguro bekommt seinen Literatur-Nobelpreis

Heute nimmt Kazuo Ishiguro den Literaturnobelpreis entgegen. In seiner Nobel Prize Lecture erzählte er von seinem Werdegang als Schriftsteller und appellierte eindringlich an mehr Offenheit der Erste-Welt-Elite in der Literatur. Von Cornelia Zetzsche

Schon als japanisches Kind, das 1960 mit fünf Jahren mit den Eltern nach England kam, verließ sich Kazuo Ishiguro auf seine Imagination und erschuf „sein“ Japan, das es nur in seinem Kopf gab. „Damals in Nagasaki“ heißt Jahre später sein erster Roman: 

„Ich brachte die Farben und Sitten dieser Welt zu Papier; wollte mein Japan in der Fiktion retten, bevor es verblasste. Ich wollte auf ein Buch zeigen und sagen können: „Ja, das ist mein Japan, hier drin.“ (Ishiguro)

 „Was vom Tage übrig blieb“

 Mit Marcel Proust lernte er, nicht chronologisch, sondern assoziativ zu erzählen. Bei E.M. Forster las er, wichtiger als die Figuren selbst, sind ihre Beziehungen. Als er Tom Waits mit „Ruby’s Arms“ hörte, erkannte er, auch seinem Butler Stevens musste das Herz brechen.

„Nur für einen Moment musste sein Panzer reißen. Und unter dem Riss musste eine grenzenlose, tragische Sehnsucht sichtbar werden.“ (Ishiguro)

Ulrich Matthes liest in “radioTexte“ atemraubend eine zentrale Szene, in der Stevens‘ Vater stirbt und es der Butler noch nicht schafft, sich aus dem Panzer des Dienens zu befreien.

Dokument der Humanität

Menschlichkeit, verdrängte Gefühle, Erinnerung und Sprache sind Koordinaten von Ishiguros grandiosem Schreibens über das Kleine, Persönliche.

 „Für mich essentiell ist es, mit Geschichten Gefühle mitzueilen.“ (Ishiguro)

Appell

Kazuo Ishiguros Sorge gilt dem Heute, in dem sich rechtsextreme Ideologien ausbreiten, reiche Demokratien gigantische Ungleichheit zulassen und nicht gewappnet sind für die negativen Folgen von Künstlicher Intelligenz. Wir können nicht die ganze Welt verbessern, sagte er in seiner Nobelpreisrede, aber unseren kleinen Winkel der Literatur.

„Wir müssen unsere gewohnte literarische Welt über die Komfortzonen der Erste-Welt-Elite hinaus ausweiten, viel mehr Stimmen hereinholen und die Juwelen anderer literarischer, auch mündlicher Kulturen finden, offen sein für die nächste Generation und zuhören in Zeiten wachsender Spaltung. Gute Literatur wird Barrieren einreißen, vielleicht sogar eine neue Idee finden, eine große humane Vision.“ (Ishiguro)