Porträt-Bild des Schriftstellers Lion Feuchtwanger. In seinem Roman "Exil" erzählt er von seinen Erfahrungen in der Emigration, nach der Flucht aus Deutschland. Der Schauspieler Axel Milberg hat aus dem Roman gelesen. Ein neuer Podcast in der ARD Audiothek
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Lion Feuchtwanger

    "Exil" – Lion Feuchtwanger erzählt vom Leben auf der Flucht

    Der große Roman, entstanden vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, handelt von der Familie eines Münchner Komponisten in der Emigration. Der Schauspieler Axel Milberg liest aus "Exil“ – ein neuer Podcast in der ARD Audiothek.

    In München war Sepp Trautwein angesehener Komponist und Professor – in Paris, aus Deutschland geflohen vor den Nationalsozialisten, gehört er mit seiner Frau Anna und dem Sohn Hans wie die anderen Emigranten zu den unerwünschten "trüben Gästen". Lion Feuchtwanger wusste aus eigener Erfahrung, was es hieß, plötzlich im Exil zu sein, er kannte die Spannungen, die Hoffnung, die Angst der Geflüchteten. "Man erlaubte ihnen nicht zu arbeiten, kaum zu atmen … die Pässe der meisten liefen allmählich ab und wurden von den Behörden des Dritten Reichs nicht erneuert. So hatten es diese Exilanten schwer, bestätigt zu bekommen, dass sie waren, wer sie waren. Das war manchen Ländern ein gelegener Vorwand, sie abzuschieben."

    Paris 1935: Imagination und Wirklichkeit

    Feuchtwangers Roman "Exil“ spielt im Jahr 1935 und greift auch Ereignisse der Zeit auf, etwa die Verabschiedung der "Nürnberger Gesetze". Sepp Trautwein, an sich ein unpolitischer Mensch, legt die Noten beiseite und nimmt einen Redakteursposten bei einer Pariser Emigranten-Zeitung an. Er will nur seinen Kollegen Friedrich Benjamin vertreten. Als dieser von den Nazis nach Deutschland entführt wird, stürzt sich Trautwein mit ganzer Kraft in die journalistische Arbeit. Er will dafür sorgen, dass Benjamin aus der Haft entlassen wird und zurück nach Frankreich kommen kann.

    Die Geschichte um eine Journalistenentführung, von der Feuchtwanger in seinem Roman erzählt, ist von einer historischen Begebenheit inspiriert. Und wie im Roman endete sie auch in der Realität mit einen kleinen Triumph im großen, bitteren Kampf gegen das Nazi-Regime.

    Für Wilhelm von Sternburg, Autor einer Biographie des aus München stammenden Schriftstellers, ist "Exil" nicht nur Zeit-, sondern auch Schlüsselroman. In einigen Figuren – etwa in Trautweins Gegenspieler, dem der NSDAP beigetretenen Journalisten Erich Wiesener – lassen sich literarische Anspielungen auf Personen der Zeit ablesen. Auch der Streit um die "Pariser Nachrichten", der im Roman eine wichtige Rolle spielt, hat eine reale Vorlage.

    Panorama des deutschen Exils

    Lion Feuchtwangers Roman – 1939 als eines der letzten Bücher im für die Exilliteratur bedeutenden Amsterdamer Querido-Verlag erschienen – ist ein Panorama der deutschen Emigration. Viele eigene Erfahrungen des Schriftstellers sind darin eingeflossen. Er schrieb das Buch, nachdem er selbst in Frankreich Zuflucht gesucht hatte und wie so viele voller Sorge vor einem herannahenden Weltkrieg war. Wie Sepp Trautwein engagierte auch Feuchtwanger sich politisch und litt darunter, dafür die Kunst zurückstellen zu müssen.

    Immer wieder wird im Romantext erfahrbar, wie ambivalent die Gefühlslage in der Situation des Exils – des Lebens auf der Flucht – sein kann. Sepp Trautwein schwankt zwischen Hoffnung und Resignation. In einem Moment träumt er davon, wieder in seine Heimatstadt München zurückzukehren. Im nächsten ist er zutiefst verzweifelt und flucht – "… es ist alles beschissen". Er ahnt, dass er nie wieder an der Isar spazieren gehen wird.

    In der Fremde bis ans Ende des Lebens

    Die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 erlebte Lion Feuchtwanger aus der Ferne – während einer Lese- und Vortragsreise in den USA. "The lights are against me", notierte der Schriftsteller in seinem Tagebuch. Er kehrte nicht mehr nach Deutschland zurück. Zusammen mit seiner Frau lebte Feuchtwanger zunächst mehrere Jahre in Frankreich, musste Europa dann auf abenteuerlichen Wegen verlassen und konnte schließlich in die USA fliehen, nach Kalifornien.

    Wie etliche andere deutsche Schriftsteller ließ sich Feuchtwanger in Pacific Palisades nieder. Seine Villa Aurora war ein nobler Wohnsitz und die Bibliothek wieder vollständig. Und doch: Sicherheitshalber verließ der Schriftsteller das Land nicht mehr, wo er sich all das erneut aufgebaut hatte. Trotz vieler Anträge wurde ihm die amerikanische Staatsbürgerschaft nie zugestanden, er musste Schwierigkeiten bei der Aus- und vor allem bei der Wiedereinreise fürchten.

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    Schauspieler Axel Milberg und Regisseurin Irene Schuck bei den Aufnahmen zur Lesung aus "Exil"

    "Exil" als Podcast – in der Lesung mit Axel Milberg

    Sepp Trautwein kehrt im Lauf des Romans – und in Folge eines existentiellen Verlusts – zur Musik zurück. Er komponiert eine Sinfonie mit dem Titel "Der Wartesaal“. Den gleichen Titel gab Lion Feuchtwanger der Trilogie, zu der er seine drei großen Romane zur Zeitgeschichte später zusammenfasste: "Erfolg", "Die Geschwister Oppermann" und schließlich "Exil". Er plante einen weiteren Band zu verfassen, der "Rückkehr" heißen sollte. Dieses Buch wurde nie geschrieben.

    Im Nachwort zu seinem Roman "Exil" formulierte Lion Feuchtwanger eine große Hoffnung: Die Vernunft möge über die Dummheit siegen. Auch deshalb wollte er ursprünglich weiterschreiben. In einer Koproduktion von Audio-Verlag und Bayerischem Rundfunk hat der Schauspieler Axel Milberg aus dem Roman "Exil" gelesen. Die siebenteilige Lesung gibt es jetzt als Podcast in der ARD Audiothek.

    Lion Feuchtwangers Roman "Exil" ist im Aubau-Verlag erschienen. Mit freundlicher Genehmigung des Verlages ist die siebenteilige Lesung mit Axel Milberg als eigener Podcast in der ARD Audiothek zu finden. Hier abonnieren!

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