Die bayerische Entscheidung, Johann Wolfgang von Goethes "Faust" vom Schuljahr 2024/25 an aus dem Lehrplan zu streichen, stößt bei der Klassik Stiftung Weimar auf Kritik. Präsidentin Ulrike Lorenz reagierte mit Bedauern und Sorge darauf, dass Goethes "Faust" nicht mehr Pflichtlektüre an Gymnasien in Bayern sein solle. Sie appellierte in einem offenen Brief an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), die Entscheidung zu überdenken, bestätigte eine Sprecherin der Stiftung am Donnerstag in Weimar auf Anfrage.
Kultusminister: Faust wird nicht verbannt
Wie kaum ein anderes Werk der Weltliteratur sei der "Faust" ein "thematisch und sprachlich brisanter Anstoß zur Auseinandersetzung mit Grundlagen, Widersprüchen und dem Wandel in unserer heutigen Welt", schrieb Lorenz an Söder. Dabei gehe es nicht darum, Goethes Werk gegen zeitgenössische Literatur auszuspielen. Die Stiftung im thüringischen Weimar bewahrt das geistige und materielle Erbe der deutschen Klassik.
In Bayern soll mit dem Lehrplan 2024/25 eine 48 Jahre dauernde Phase enden, in der "Faust I" verpflichtende Lektüre war, wenn auch über fast drei Jahrzehnte hinweg nur für Deutsch-Leistungskurse. "Goethes Faust wird dabei definitiv nicht aus dem Unterricht verbannt, sondern viele Schülerinnen und Schüler werden auch weiterhin dieses bedeutende Werk im Deutschunterricht lesen, weil hier grundlegende menschliche Fragen auch aus philosophischer und theologischer Sicht reflektiert werden", hatte Bayerns Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) kürzlich erklärt. Lehrer könnten das Werk auch künftig aufgrund seiner Bedeutung auswählen.
Was bisher im Lehrplan steht
Im aktuell gültigen Gymnasial-Lehrplan für Bayern hat Goethes "Faust" eine Sonderstellung: Während zum Beispiel für die 12. Jahrgangsstufe allgemein und ohne Nennung bestimmter Werke festgelegt ist, es solle "mindestens ein repräsentativer Roman aus dem 20. bzw. dem beginnenden 21. Jahrhundert sowie ein Werk der Literatur nach 1945" gelesen und besprochen werden, heißt es im Plan für die 11. Klasse: Es sind "Goethes Faust I, mindestens ein weiteres repräsentatives Drama sowie ein Roman bzw. eine Novelle oder eine längere Erzählung des 19. Jahrhunderts als Ganzschrift zu lesen und im Unterricht zu behandeln". Diese Sonderstellung des Weimarer Klassikers wird im neuen Lehrplan aufgehoben.
Mit Material von dpa
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