Das Sanctuarium in Stuttgart ist ein kreisrunder Zaun, knapp drei Meter hoch, elf Meter Durchmesser mit goldenen Spitzen. Und darin erstmal nichts. Eine Fläche, in der sich die Natur mitten am vielbefahrenen Prager Sattel frei entfalten sollte. Rechts und links Verkehrsadern aus Asphalt. Das war das Konzept vor 25 Jahren, anlässlich der Internationalen Gartenbauausstellung 1993.
Gartenamt verantwortlich für Kahlschlag
Aus der Erde spießte im Laufe der Jahre Unkraut. Aus Unkraut wurden Büsche und aus Büschen Bäume. Weit über den Zaun hinaus. Und jetzt, nach 25 Jahren Wachstum kam die Heckenschere vom Gartenamt. Alles wurde radikal abgeschnitten. Zurück blieb die blanke Erde. Aber von Zerstörung will Gartenamtsleiter Volker Schirner nicht reden.
"Also ich betrachte das nicht als zerstört, sondern da ist auch wilde Natur im Boden und die Pflanzen werden sich explosionsartig im Mai diesen Bereich wieder zurückerobern. Das müsste doch auch ganz im Sinne des Künstlers sein. Dass die Gärtner manchmal eine sehr gründliche Arbeitsweise haben, ist dem Beruf etwas geschuldet." Gartenamtsleiter Volker Schirner
Herman de Vries ist da ganz anderer Meinung. Der 86-Jährige ist weltweit bekannt für seine Arbeiten mit Natur und Pflanzen und versteht die Welt nicht mehr. Denn die Natur dort unberührt zu lassen, das ist das Grundprinzip dieses Kunstwerks. Ähnlich sehen das Passanten aus Stuttgart, die das Sanctuarium schon seit Jahren kennen. Sie haben den im Steigerwald lebenden Künstler erst auf den Kahlschlag aufmerksam gemacht.
"Damit sind 25 Jahre Wachstum verloren gegangen. Man kann also nicht einfach sagen: Das wächst wieder! Da kommt sicher wieder etwas. Das ist klar. Aber die 25 Jahre Wachstum von diesem Sanctuarium die bleiben verloren. Bäume sind weg. Das Konzept ist gestört. Man hat es nicht respektiert. Für mich ist das ein Kultur-Frevel." Künstler Herman de Vries
Der Künstler überlegt nun, rechtliche Schritte gegen den Kahlschlag des Gartenamtes einzuleiten. Er will sich aber erst einmal mit seinem Anwalt beraten. Seine Empörung ist auf jeden Fall groß. Weltweit hat er sechs solcher Sanctuarien eingerichtet. In Deutschland, Australien, Südfrankreich oder Dänemark. Stuttgart war das erste, ist aber auch das erste, das abgeholzt wurde.